Manche moegen's reicher
würden wir …
»Molly, was ist denn los?«
Philips Stimme dringt wie aus einem dichten Nebel zu mir durch.
»Wie bitte …?«, frage ich benommen zurück.
»Du hast gerade geseufzt, als hättest du einen ganzen Berg von Sorgen«, behauptet er. »Dabei ist im Moment doch das Gegenteil der Fall, oder nicht?«
Das Gegenteil? Ja klar, abgesehen von der unbedeutenden Kleinigkeit, dass er mit einer fremden Schönheit durch die Landschaft gondelt und einen Reisebus voller Kinder hat, die er mir unterschlagen hat.
Aber abgesehen davon ist alles toll.
Für einen kurzen Moment stehe ich nur einen Millimeter davor, einfach mit der Wahrheit herauszuplatzen.
Jetzt mal ganz ehrlich, worauf soll ich denn noch warten?
Er ist mit dieser Lima Monteiro im Gepäck zurückgekommen, ohne sie auch nur mit einem Pieps zu erwähnen, und man muss kein Genie sein, um zu begreifen, was das bedeutet: Meine Zeit ist abgelaufen, für mich bleibt nur noch ein mitleidiges »Hasta la vista, Baby«, und ganz offensichtlich sucht Philip nur noch nach einer Möglichkeit, um es mir einigermaßen schonend beizubringen.
»Molly, ist alles in Ordnung bei dir?«, hakt er nach, und dabei klingt er auf einmal ernsthaft besorgt.
Am liebsten würde ich in den Hörer schreien, dass gar nichts in Ordnung ist und dass er sich zum Teufel scheren soll mit seiner Tussi. Stattdessen höre ich mich nur erschöpft sagen: »Ja, sicher, Philip, ich bin nur müde. Wahrscheinlich der Jetlag.«
»Daran hatte ich gar nicht gedacht, tut mir leid«, sagt er. Doch schon im nächsten Augenblick nimmt er neuen Anlauf: »Weißt du, worauf ich jetzt Lust hätte, Molly?«
»Nein, keine Ahnung.«
»Wir beide könnten uns doch bei Winners only treffen und uns ein bisschen verwöhnen lassen«, schlägt er vor.
Ich bin augenblicklich alarmiert. Ich wäre auf vieles gekommen etwa dass er zu mir kommen will oder ich zu ihm in sein Penthouse, oder dass wir hinaus zu seinem Haus am See fahren oder irgendwo gut essen gehen – natürlich immer unter dem Vorbehalt, dass es eine Abschiedsvorstellung sein wird –, aber in den zwei Jahren, die wir uns jetzt kennen, ist es noch nie vorgekommen, dass er mit mir zu Winners only fahren wollte. Noch nie. Warum also jetzt plötzlich? Was bezweckt er damit?
»Und woran genau hast du dabei gedacht?«, gehe ich zum Schein auf seinen Vorschlag ein.
»Ich weiß nicht … Wir könnten uns zum Beispiel von diesem Samir eine Entspannungseinheit verpassen lassen«, fällt ihm ein. »Davon hast du doch immer so geschwärmt.«
Alles klar. Das ist der endgültige Beweis, dass hier etwas mächtig faul ist. Philip und eine Entspannungssitzung, das passt ungefähr so gut zusammen wie Hugh Hefner und der Papst. Nicht, dass Philip sich nicht entspannen könnte, aber er ist nun mal ein Mensch, der sich dazu keine Anleitungen geben lässt, und dementsprechend hat er sich auch immer nur lustig darüber gemacht, wenn ich ihm von meinen phänomenalen Sitzungen berichtet habe.
»Eine Entspannungssitzung, wir beide? Bist du sicher, dass du das willst?«
»Aber ja, warum nicht?« Er bemüht sich hörbar um Lockerheit, doch das will ihm nicht ganz gelingen.
»Es ist nur … du hast mich bisher immer ausgelacht, wenn ich mit dem Thema anfing, weißt du nicht mehr?«, bringe ich vor.
»Und wenn schon, Molly, man kann seine Meinung auch mal ändern, nicht wahr?«, sagt er, und jetzt höre ich ihm sogar ganz deutlich an, dass er lügt.
»Also gut, von mir aus, einverstanden.« Ich bemühe mich, möglichst unbefangen zu klingen, während ich innerlich angespannt bin wie ein Flitzebogen. »Und wann würde es dir passen?«
»Wie wäre es in einer Stunde?«, schlägt er vor.
»In einer Stunde? Ja, okay. Ist ein bisschen knapp, aber das schaffe ich. Ich werde da sein.«
Dann tauschen wir noch ein paar verdächtig belanglose Sätze aus, und nachdem ich aufgelegt habe, sitze ich ein paar Sekunden lang da wie versteinert.
Philip will sich mit mir treffen.
Bei Winners only.
Für eine Entspannungssitzung .
Was zum Teufel geht da eigentlich vor sich?
Molly Vandenberg
Es ist ein lupenreines Déjà-vu.
Damals vor zwei Jahren wurden wir alle in die Zentrale beordert, um die neue Unternehmensführung kennenzulernen, und auch da hatte ich dieses extrem unangenehme Gefühl in der Magengegend. Zugegeben, die Begleitumstände waren nicht dieselben, ich war damals noch eine kleine Angestellte unter Clarissas Fuchtel, und ich besaß auch noch keine Firmenanteile,
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