Manchmal muss es eben Mord sein
Moment. Dann bohrte sie unbeirrt weiter. »Was haben Sie dann gemacht?«
»Ich bin in den dritten Stock in den Aufenthaltsraum gegangen, um Mittagspause zu machen. Jenny war auch da und trank ihre Schokolade. Kaum hatte ich mich zu ihr gesetzt, hörten wir auch schon die Sirene des Krankenwagens und sind auf die Terrasse gelaufen. Als wir über die Brüstung geschaut haben …« Elfie schluckte und wollte einfach nicht mehr daran denken.
Endlich hatte die Kommissarin ein Einsehen. »Ist schon gut. Sie brauchen nicht darüber zu reden.« Sie stand auf.»Dann will ich mal wieder. Und Sie passen gut auf sich auf, ja?«
Als sich die Tür hinter der Kommissarin schloss, sank Elfie kraftlos in sich zusammen. Was sollte jetzt nur aus ihr werden? Windisch lebte, und die Polizei hatte sie offenbar unter Verdacht.
Alex ging nachdenklich die Treppe hinunter. Hatte sich Elfie wirklich schlecht gefühlt, weil Jenny sie umhergewirbelt hatte? Oder steckte mehr dahinter? Aber warum um Himmels willen hätte sie Windisch etwas antun sollen? Es gab nicht den geringsten Anhaltspunkt, der auf Elfie als Täterin hinwies. Auch Gudrun hatte beim Durcharbeiten der Akten nichts gefunden.
Und doch hatte Alex ein eigenartiges Gefühl. Pah, Frauen und ihre Bauchgefühle, würde Brause sagen. Wir sind hier bei der Kripo und brauchen Fakten.
Alex war im ersten Stock angelangt und öffnete die Tür zum Büro von Helene Windisch. Die schon etwas ältere Sekretärin schüttelte bedauernd den Kopf, als Alex nach Frau Windisch fragte. »Sie ist zum Krankenhaus gefahren. Man hat sie benachrichtigt, dass ihr Mann aus dem Koma erwacht ist, und sie wollte natürlich sofort nach ihm sehen und hoffte, mit ihm sprechen zu können.«
Alex nickte. Schade. Eine erste Reaktion auf die Nachricht, dass es Stefan Windisch besser ging, würde sie von seiner Frau nun nicht bekommen.
Den Kopf auf die Hände gestützt, saß Alex an ihrem Schreibtisch. Sie war entsetzlich müde. Die halbe Nacht hatte sie sich wieder schlaflos herumgewälzt und sich nach Hubert gesehnt.
Sie nahm noch einmal das Fax in die Hand, das von der Spurensicherung gekommen war. Es war ein Abgleich der auf der Dachterrasse gefundenen Goldpartikel mit Helene Windischs Feuerzeug gemacht worden. Keine Übereinstimmung. Und auch ihr Alibi schien zu stimmen. Die Kassiererin im Drogeriemarkt hatte die Uhrzeit bestätigt.
Was nun? Beweise gab es bei dem Fall keine. Auch beim Motiv kam Alex nicht weiter, sosehr sie die Sache auch drehte und wendete.
Bei Helene Windisch schien Eifersucht keine Rolle zu spielen. Und Jenny Lehmann – so wie sie sich verhalten hatte, glaubte Alex eigentlich nicht mehr daran, dass sie Stefan Windisch etwas angetan hatte.
Vielleicht war es ja doch ein Unfall gewesen, und sie sollte den Fall einfach zu den Akten legen.
Es war völlig ruhig im Büro. Nachdem Brause ungewöhnlich früh gegangen war, hatte Gudrun die Chance genutzt, ebenfalls zu verschwinden und ein paar Überstunden abzufeiern. Sie hatte sich in der Toilette noch ein bisschen aufgebrezelt und sich dann von Alex verabschiedet. Ob sie mal wieder einen neuen Freund hatte? Na, ein wenig Spaß war ihr zu gönnen, so ganz einfach hatte sie es auch nicht mit ihrem pubertären Sohn.
Alex stand auf. Eigentlich zog sie nichts nach Hause, aber vielleicht könnte sie noch eine Runde joggen oder ein wenig im Garten arbeiten. Der war in letzter Zeit viel zu kurz gekommen.
Sie machte sich auf dem Heimweg und nahm sich dabei vor, sich heute auf keinen Fall über Huberts Tante zu ärgern. Gelassen würde sie alle Provokationen an sich abprallen lassen. Vielleicht wären Lydia und Amadeus ja ausnahmsweiseeinmal friedfertig und wollten auch einen ruhigen Abend genießen.
Als Alex zu Hause ankam, hatte Thea schon ihren Mantel an und war im Begriff zu gehen.
»Ich habe alles für das Abendessen vorbereitet, war vor einer halben Stunde mit Amadeus Gassi. Die Gnädigste ist gut aufgelegt – warum auch immer. Sie brauchen sich also nur an den gedeckten Tisch zu setzen und können sich einen schönen Abend machen. Den haben Sie sich bestimmt verdient.« Thea zog ihre Gesundheitsschuhe an und stellte die Hausschuhe in den Garderobenschrank.
»Ich muss mich sputen, sonst fährt der Bus ohne mich. Bis morgen!«
»Bis morgen! Kommen Sie gut nach Hause!«, rief Alex ihr nach, schloss die Haustür und ging ins Wohnzimmer.
Lydia saß im dunkelblauen Abendkleid im Sessel, hatte ihren teuersten Schmuck angelegt und sah
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