Manchmal muss es eben Mord sein
Gnädigsten sind fertig«, sagte sie mit grimmiger Miene. »Sogar den goldenen Wassernapf und das alberne Hundesofa habe ich aufgestellt, damit Frauchens Liebling auch stilvoll ruhen kann.«
»Thea, was täte ich nur ohne Sie?«
»Sie machen Ihren Job – ich meinen«, winkte Thea ab. »Aber wenn Sie sich noch frisch machen wollen, sollten Sie sich beeilen. Ich hab hier alles im Griff.«
Thea schnappte sich das Kuchenpaket und verschwand in Richtung Küche.
Alex lief die Treppen hinauf. Am liebsten hätte sie geduscht, doch dazu war keine Zeit mehr. Sie zog ihre zerknitterte weiße Bluse aus, nahm eine frische aus dem Schrank und bürstete noch schnell ihre Haare, mit mäßigem Erfolg, ihre Locken waren einfach nicht zu bändigen. Zuletzt verrieb sie ein paar Tropfen Roma an ihren Handgelenken. Den alten Flakon mit Cool Water hatte sie bereits entsorgt. Es kam ihr inzwischen viel zu herb vor.
Da ertönte auch schon die Türklingel. Rasch ging sie nach unten.
Während Thea Taschen und Koffer hereinschleppte, standLydia unbeweglich wie eine Statue im Flur und starrte Alex entgegen.
»Lydia, herzlich willkommen.« Das war zwar glatt gelogen, aber was sollte sie sonst sagen? Sie gab Lydia die Hand und strich Amadeus kurz über den Kopf. Doch der würdigte sie keines Blickes.
Gemeinsam gingen sie ins Wohnzimmer, wo Thea schon einen kleinen Tisch mit Teegeschirr eingedeckt hatte.
»Meine Liebe, ich hätte es sehr zu schätzen gewusst, wenn du mich bereits in der Diele empfangen hättest, statt von sonstwo herbeizueilen und die Treppe herunterzustürmen.« Lydia kniff die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. »Aber die jungen Frauen heutzutage wissen anscheinend nicht mehr, wo ihr Platz ist und was sie ihrer Stellung schuldig sind.«
»Ihrer Stellung schuldig?«, fragte Alex irritiert. »Die jungen Frauen von heute haben einen Beruf und verdienen ihr eigenes Geld.«
»Das mag ja in den unteren Klassen durchaus so sein, aber in unseren Kreisen … Und du bist doch immerhin eine Von! «
»Wollen wir uns nicht setzen und eine Tasse Tee trinken? Natürlich Darjeeling«, schlug Alex vor, dankbar, dass Thea in diesem Moment mit der Torte hereinkam. Auf keinen Fall wollte sie sich von Lydia provozieren lassen. Eine halbe Stunde Smalltalk und dann würde Tantchen in ihren Zimmern verschwinden. Hoffentlich.
12 »Meine Damen und Herren!« Elfie blickte auf. Stefan Windisch hatte den Raum betreten und trug wie immer sein George-Clooney-Lächeln auf den Lippen.
»Seit ich diese Abteilung von Frau Schicketantz zusätzlich zu meiner eigenen übernommen habe, gewinne ich mehr und mehr den Eindruck, dass auf dieser Etage viel zu viele Leute mit viel zu wenig Arbeit beschäftigt sind. Als Erstes brauche ich einen genauen Überblick über das Gesamtvolumen der Aufgaben, die hier anfallen. Denn in Relation zur Zahl der Schadensfälle müsste die Abteilung deutlich kleiner sein. Deshalb bitte ich Sie, nacheinander zu mir in mein Büro zu kommen. Ich möchte mir anhand Ihrer Personalakte und im Einzelgespräch einen Eindruck von Ihren Qualifikationen, Ihren Tätigkeiten und der jeweiligen Arbeitsleistung verschaffen. Die Reihenfolge dürfen Sie gern untereinander ausmachen. Zählen Sie es an den Fingern ab, oder würfeln Sie es aus. Es wäre mir aber lieb, wenn sich der erste Mitarbeiter in etwa einer Viertelstunde bei mir einfinden würde.«
Sein Lächeln wirkte wie festgeklebt in seinem Gesicht, als er das Büro verließ.
Trotz des liebenswürdigen Tonfalls hingen seine Worte unheilverkündend im Raum. Es war still. Elfie wusste nicht,wie sie seine Anweisung einordnen sollte. War Stefan Windisch unzufrieden mit dem Arbeitspensum, das hier geleistet wurde? Hatte er ein Problem mit dem einen oder anderen Mitarbeiter? Würde es am Ende gar zu Entlassungen kommen?
Die Stille wurde von einem lauten Krachen beendet, das Elfie zusammenzucken ließ. Weber hatte vor lauter Nervosität seinen kompletten Aktenturm vom Schreibtisch gestoßen.
»Am besten gehen wir in alphabetischer Reihenfolge«, schlug Ilse Behring schließlich vor, »somit bin ich die Erste.«
Sie sah auf ihre Armbanduhr. Als fünfzehn Minuten verstrichen waren, stand sie auf, strich ihren Rock glatt, straffte die Schultern und verließ das Büro.
Nach ihr ging ein Mitarbeiter nach dem anderen in Windischs Abteilung hinüber. Die meisten kehrten mit gesenkten Köpfen zurück. Niemand verriet etwas über den Inhalt seiner Unterredung mit Windisch.
Was war da
Weitere Kostenlose Bücher