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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
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Zahn zu fühlen, damit er sich sicher sein konnte, nicht einem Schwindel aufgesessen zu sein, denn beweisen konnte Hoff junior eigentlich gar nichts. Er berief sich ja nur auf das Gespräch mit seinem Vater in Kairo, denn da hatte ihm Hoff senior von seinem Halbbruder das erste Mal erzählt. Er selbst hat Neumann nie kontaktiert und umgekehrt auch nicht. Der Privatdetektiv war aber anscheinend nicht das Gelbe vom Ei, und so schickte Leo für ein horrendes Honorar Mallecks Anwalt – ich vergesse immer seinen Namen, er hat was mit Schmuck zu tun – auf Spurensuche, weil der ja mal in so einem Skandalprozess als Verteidiger einen Freispruch für einen Rechten erwirkt hat und deshalb bei dem Verein vom Neumann einen Stein im Brett hat. Der Anwalt konnte sich tatsächlich ein bisschen in die Szene hineinkuscheln und bestätigte Leo anhand von heimlich mit dem Handy gemachten Aufnahmen den Kult, den die Kulturfreunde des Nordens um ihren Chef, den Hoff-Sprössling, veranstalteten. Natürlich hätte Leo gerne noch mehr Beweise gehabt, aber grundsätzlich war das sein Ansatz: ein Konzeptalbum, auf dem er gegen Intoleranz und Faschismus sang, aber das Kernstück sollte ein Lied über den Werdegang Neumann sein, dem Sohn vom Schlächter von Leschwitz. Und das Ganze so in spartanischem Folk wie beispielsweise von Gisbert zu Knyphausen, falls ihr den kennt. Mir ist ja selbst der zu deutsch, zu dramatisch, aber das mögen ja die Leute. Leo rechnete sich aus, dass sein Protestfolk-Album wie eine Bombe in den Medien einschlagen würde, wenn er die geheimen Aufnahmen von den Treffen der Kulturfreunde als Samples in die Platte einfügte. Er wusste schon, dass ihm das Ärger einbringen würde, aber die Konfrontation mit Neumann suchte er ja förmlich, und letztlich auch die mit der Plattenfirma, die ihm für seinen Geschmack schon immer zu sehr in seine Angelegenheiten reingeredet hatte. Und das war seine Chance, sich zu emanzipieren. Das war seine späte Rebellion, die Neuerfindung der Kunstfigur Leo Tilmann. Hätte er gewusst, dass man ihn gleich umbringt, hätte er sich das sicher alles anders überlegt mit dem Konzeptalbum. Auch wenn es manchmal so wirkt, aber Leo war eigentlich nie der Draufgänger. Er hat immer aus einer sicheren Position heraus operieren können. Wenn der Scheiße gebaut hat, dann wusste er auch, dass er damit durchkommt.«
    »Puh«, machte ich.
    »Und wie kannst du gleichzeitig die Tochter vom Schredder und vom Tilmann sein?«, fragte der Mandel, und es klang fast verzweifelt. Er hatte die Neuigkeit noch nicht verdaut.
    »Offiziell bin ich die Tochter von Martin Schröder. Meine Mama und Leo haben nichts mehr miteinander zu tun, und meine Mutter wollte nie, dass Martin weiß, dass ich nicht seine Tochter bin.«
    »Deine Mama ist die Anna Münster, die Ex-Frau vom Schredder«, sagte ich.
    »Genau. Aber nicht unbedingt das, was man eine fürsorgliche Mutter nennt. Es hat schon seinen Grund, warum ich freiwillig bei Martin und Irina wohne.«
    »Ich verstehe die Konstellation immer noch nicht«, sagte der Mandel.
    »Pass auf, Herr Mandel. Als meine Mutter damals mit Martin zusammengekommen ist, hat sie auch Leo kennengelernt. Das ließ sich ja nie vermeiden bei dem Geklüngel mit der Band, und davor hatten auch immer alle Bandmitglieder Angst, wenn sie neue Freundinnen hatten. Dass die dann den Leo besser finden. Weil alle wussten, wie Leo auf die Frauen wirkte mit seiner Sorglosigkeit. Und obwohl meine Mutter sich mit Martin zunächst gut verstanden hat, fing sie natürlich eine Affäre mit Leo an, und das muss wohl eine ganz leidenschaftliche Angelegenheit gewesen sein, was es nicht weniger schäbig macht.«
    Ist schon merkwürdig, wie stolz dann das Kind zwischen den Zeilen auf den Vater ist, weil er ein Womanizer war. Das ist ja nun wirklich nichts, worauf man als Tochter stolz sein sollte.
    »Aber irgendwann war sie eben schwanger, und ihr war klar, dass das Kind von Leo ist, dem sie das nicht sagte, weil Leo nicht zu ihr stehen würde, denn es ging ja immerhin um seinen besten Freund und um den Fortbestand seiner Band. Selbst, als Leo die Affäre gegen den Willen meiner Mutter beendete, behielt sie ihr Geheimnis für sich, um nicht als billige Affäre vom Leo dazustehen.«
    »Und du? Was war mir dir?«, fragte ich.
    »Ach, ich hab keine große Rolle gespielt. Bis zur Scheidung wohnte ich eben als das Kind von Martin mit meiner Mutter in dessen Haus in Hamburg. Danach zog ich mit meiner Mutter in eine
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