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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
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das?«, fragte der Mandel.
    »Wir können uns das auch gerne anhören«, sagte Lana.
    »Nein, wir müssen hier eigentlich sofort weg. Der Neumann kennt die Villa.«
    »Neumann kennt das Haus?«, fragte Lana entsetzt.
    »Einer von den Rechten.«
    »Ja, ja, ich weiß«, sagte Lana und sah blässlicher aus als noch eben. »Also gut, dann Kurzversion: Auf dem Album gibt es verschiedene Songs gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit, aber der zentrale Song, der zwölf Minuten dauert, deckt auf, dass … «
    In dem Moment gab es einen Knall, und ein Pflasterstein flog am Mandel in seinem Ohrensessel vorbei, vorbei an der Lana in dem anderen Sessel und landete auf dem Glastisch vor der Couch, wo ich lag. Der Tisch blieb ganz.
    Erst war es totenstill, dann sagte ich: »Stabiler Tisch.«
    »Gibt es einen Hinterausgang?«, fragte der Mandel.
    »Klar«, sagte Lana.
    »Dann gehen wir vorne raus«, sagte der Mandel.
    Ich war mir ja nicht so sicher, ob der Plan vom Mandel aufging. Diese umgekehrte Psychologie, dass wir vorne rausgehen, weil der Feind vielleicht denkt, wir gehen hinten raus, überzeugte mich nicht. Weil der Feind konnte ja erstens auch zu blöd sein, um an den Hinterausgang zu denken, oder zu clever, um auf die Taschenspielertricks vom Mandel reinzufallen, und an beiden Eingängen warten.
    »Moment«, sagte ich.
    »Was?«, fragte der Mandel.
    »Lana, kannst du die Aufnahmen vom Leo mitnehmen? Und alle Datenträger, wo sie drauf sein könnten. Hier ist ja nichts sicher.«
    »Hat er Recht«, sagte der Mandel, und Lana holte eine unbeschriftete CD aus einem Buch, das in einem Designerregal stand.
    »Fertig«, sagte sie.
    Wir löschten das Licht, denn das Licht von der Promenade draußen genügte, um den Weg vorbei an der ehemaligen Rezeption zur Haustür zu finden.
    »Vorne an der Straße, der weiße Kombi gleich links«, sagte Lana.
    Lana machte vorsichtig die Tür auf und lief los. Ich hinterher und dann der Mandel. Vorne an der Promenade stand der schwarze Jeep und hatte sein Licht angemacht. Von hinten kam der Pickelige angelaufen, der Mandel hatte Recht gehabt mit seinen Tricks. Der wulstige Mittelscheitel stieg aus dem Jeep, als er uns kommen sah. Auf den ersten Blick keine Pistolen. Die Überraschung war uns dennoch geglückt, denn als der Wulstige kapierte, dass wir schneller in das weiße Auto am Eck steigen würden, als er uns einfangen konnte, musste er erstmal wieder in den Jeep zurück und außerdem den Pickeligen einsammeln. Bis der Scheitel uns also mit seinem Wagen den Weg hätte abschneiden können, waren wir schon losgefahren.
    »Ich kann fahren«, hatte der Mandel kurz vor dem weißen Kombi gesagt, aber Lana hatte ihn ignoriert. Jetzt saß sie hinter dem Lenkrad und prügelte den alten Ford durch Binz, dass ich dachte, ich bin auf einer Rallye.
    »Wie werden wir die Fatzkes jetzt los?«, fragte Lana eher sich selbst.
    »Ich hab eine Idee«, sagte ich von der Rückbank aus.
    »Du?«, fragte der Mandel. Lana peitschte links in die Hauptstraße rein und dann ein einziges Gehupe wegen den Leuten auf der Straße. Wir als Humanisten verloren natürlich wertvolle Zeit, indem wir auf Passanten Rücksicht nahmen. Derartige ideologische Beschränkungen in der Fahrweise kannte der Mittelscheitel vermutlich nicht, und außerdem hatten wir ja schon alle, die sich nach Anbruch der Dunkelheit noch in Binz herumtrieben, zur Seite gehupt. Der Jeep war also nicht abzuschütteln. Es war meine erste Autoverfolgungsjagd. Ich kann nicht sagen, dass ich mich gut unterhielt.
    »Was für eine Idee?«, fragte Lana.
    »Gib mir mal dein Telefon.«
    Lana zog ein Telefon aus der Brusttasche ihrer Jeansjacke und warf es ohne zu schauen auf die Rückbank, wo ich es auffing und wählte.
    Eine ganze Weile später waren wir runter von Rügen und auf der Autobahn.
    »Das war eine klasse Idee«, sagte Lana.
    »Nicht schlecht«, sagte der Mandel.
    »Danke. Wohin fahren wir jetzt?«, fragte ich.
    »Hamburg«, sagte der Mandel.
    »Warum Hamburg?«
    »Weil wir mit der Band reden müssen. Die sollen entscheiden, was mit den Aufnahmen passiert.«
    »Und wieso fahren wir dann nach Hamburg?«, fragte ich.
    »Weil die Band morgen Abend in Hamburg ihr Abschiedskonzert spielt. Und weil Martin und ich da wohnen«, sagte Lana.
    »Wer ist denn der Martin?«, fragte ich.
    »Der Schredder«, antwortete der Mandel.
    »Ach so«, sagte ich, weil ich hatte kurz vergessen, wie der Schredder mit Vornamen hieß. Martin Schröder, genau, so war’s.
    »Ach,
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