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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
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der Cheferzähler sein, ich würde mich nicht mehr verunsichern lassen von den ganzen Possenreißern und Egomanen, die angeblich schon so viel erlebt hatten.
    Der Mandel und der Harry Wagner hatten in der Zwischenzeit gefrühstückt und holten mich aus dem Klinikum ab. Der Harry Wagner hatte aus seiner Firma zwei Telefone mitgebracht, die er uns leihen konnte. Normalerweise dienten sie dem Test von neuer Software. Der Mandel hatte zwei Prepaid- SIM -Karten gekauft und die wichtigsten Nummern, die ihm der Dieter am Telefon gegeben hatte, in sein neues Telefon übertragen. Ich hatte keine Ahnung, woher ich meine ganzen Nummern wiederbekommen sollte. Ich hatte nur die von Lana, die sie mir gegeben hat, bevor sie uns beim Harry Wagner abgesetzt hatte.
    »Was sagt der Arzt?«, fragte der Mandel, als er mich auf den warmen Stufen vor der Klinik sitzen sah.
    »Strikte Bettruhe.«
    »Ah, das geht doch«, sagte der Mandel.
    Später rief ich Lana an, wie ausgemacht. Sie hatte uns über den Schredder zwei VIP -Tickets für die Hamburg-Arena beschafft. Außerdem sollten wir uns um fünf mit ihr und der Band im Backstage-Bereich treffen. Als wir mit dem Taxi ankamen, wartete Lana schon vor dem Liefereingang der Halle auf uns.
    »Na, alles wieder gut mit dem Bauch?«, fragte sie mich und lächelte.
    »Strenge Bettruhe«, sagte ich.
    »Ah, dann ist ja gut«, sagte Lana.
    Man konnte nicht auf Anhieb sagen, ob die Band sich darüber freute, uns zu sehen. Als wir ankamen, waren alle beschäftigt. Der Kretschmann spielte lautlos irgendein Zeug auf seiner honiggelben Les Paul, der Bartels schrieb mit einem schwarzen Filzschreiber Songtitel auf einen Zettel, und der Schredder las eine Zeitung. Die Band saß in einem Aufenthaltsraum, der dreimal so groß wie mein Wohnzimmer war und in dem es drei Sofas gab, was dreimal so viele Sofas wie in meinem Wohnzimmer waren. Alle aus Leder. Als der Schredder von seiner Zeitung aufschaute und Lana sah, leuchtete sein an sich schon rotes Gesicht noch roter auf.
    »Hallo Papa«, sagte Lana, und ich konnte dem Mandel ansehen, dass ihm auch nicht wohl in seiner Haut war.
    »Ah, Max«, sagte der Kai Bartels und streckte dem Mandel die Hand hin, in der er nicht den Filzschreiber hielt.
    »Und auch dir hallo«, sagte er zu mir.
    »Sigi Singer, wir haben uns schon mal getroffen«, sagte ich, und dann fiel mir ein, dass das kurz nach der Zerlegung vom Tilmann in zwei Teile gewesen war. Quasi noch am Tatort.
    Der Kretschmann schaute kurz von seiner Gitarre auf, ohne seine Fingerübung zu unterbrechen. Der Schredder hingegen stand auf und nahm uns beide gleichzeitig in den Arm. Drückte uns wie ein Bär.
    »Ich nehme an, du willst deine Reportage zu Ende bringen«, sagte der Kai Bartels, und man konnte seinem Gesichtsausdruck nicht entnehmen, ob er es ernst meinte.
    »Auch«, sagte der Mandel.
    »Wir haben die Aufnahmen von Leo«, sagte Lana, und jetzt hörte der Kretschmann augenblicklich mit dem lautlosen Gedudel auf.
    »Ah ja? Und woher? Wer hatte sie denn?«, fragte der Kai Bartels.
    »Ich«, sagte Lana.
    »Du?«, fragte der Kai Bartels, und das Gesicht vom Schredder war ein lebendig gewordenes Fragezeichen.
    »Leo hat sie mir gegeben«, sagte Lana und versuchte, ihrem Gesicht keinen Ausdruck zu geben, um dem argwöhnischen Blick vom Kai Bartels standzuhalten. Es war jetzt ziemlich andächtig in dem Aufenthaltsraum, weil natürlich jeder dasselbe dachte wie ich und der Mandel bis zu der Autofahrt nach Hamburg. Kann nicht sein, der Tilmann hat die Tochter vom Schredder gebumst.
    »Es ist nicht so«, sagte die Lana in die Andacht hinein, als antwortete sie direkt auf die Gedanken der anderen. »Leo ist mein Papa.«
    Bis auf den Mandel und ich schauten jetzt alle auf den Schredder, dessen Blick auf die Titelseite seiner Zeitung fiel, so als hätte er die Atombombe nicht gehört, die gerade über der Arena niedergegangen war. Die Schlagzeile lautete: ich war nie nackt, das war photoshop ! Casting-Kandidatin streitet Nacktfotos ab. Selbst ich war in dem Moment kurz irritiert, weil ich jetzt nicht gedacht hätte, dass Lana ihren neuen Vater vor der ganzen Band enthüllt. Eine Art »Pre-Listening« hätte doch mindestens dem Schredder zugestanden. Aber so waren sie vermutlich, die Tilmanns, immer auf den Spezialeffekt aus.
    Es klopfte, und weil ich der Tür am nächsten stand, öffnete ich.
    »Noch mehr Besuch«, sagte der Sicherheitsmensch in dem dunkelblauen Hemd und hielt die Tür auf. Der Danny rollte in
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