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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
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fort, »ist ein gewisser Adalbert Hoff, den ›Schlächter von Leschwitz‹ nennen sie ihn. Er soll in seinem KZ Leute ohne Betäubungen operiert haben und muss überhaupt ein ziemliches Vieh gewesen sein. Jetzt wollen englische Journalisten vor kurzem herausgefunden haben, dass dieser Hoff schon vor über fünfzehn Jahren in Ägypten eines natürlichen Todes gestorben ist, und zwar unter dem Namen Ahmed Hussein. Das weiß man von seinem Sohn Roger, der irgendwo in München eine Druckerei leitet und seinen Vater mal in den Achtzigern in Ägypten besucht hat, angeblich, um ihn wegen seiner Verbrechen zur Rede zu stellen. Verpfiffen hat er ihn zu Lebzeiten trotzdem nie. Es konnte am Ende aber nicht bewiesen werden, dass Adalbert Hoff wirklich tot ist, weil kein Grab und keine sterblichen Überreste gefunden wurden. Auch der Sohn in München kann den Tod seines Vaters nicht belegen. Er hat anscheinend lediglich einen Brief der ägyptischen Haushälterin erhalten, ist dem aber nicht mehr nachgegangen, nachdem das Gespräch mit seinem Vater damals wohl ziemlich unbefriedigend verlaufen ist. Das haben sie dem Leo im Simon-Wiesenthal-Zentrum erzählt und ihn gefragt, ob er bereit wäre, den Hoff zu treffen, so von Star zu Normalbürger, damit Hoff vielleicht doch noch einen Hinweis zum Verbleib vom Hoff senior preisgibt. Die Geschichte hat Leo sowieso total fasziniert, er hat sofort eingewilligt, Roger Hoff in München einen Besuch abzustatten. Dazu passend wollte er dann für DEMO auch ein Lied schreiben, wie das ist, wenn du Sohn von einem Jahrhundertverbrecher bist. Leo hat Hoff junior dann also in München in dessen Wohnung getroffen und ihn zu seiner Lebensgeschichte und seinem Verhältnis zu seinem Vater befragt. Leo hat sich Notizen gemacht, und Hoff war kooperativ, weil irgendwie war es für ihn auch eine Befreiung, mit jemand reden zu können, der nicht von der Presse oder einer Behörde war. Und natürlich war Leo für ihn eine Berühmtheit, das kommt noch dazu. Hoff junior hat allerdings weiter darauf bestanden, dass sein Vater in Ägypten gestorben ist, und das hat ihm Leo schließlich auch geglaubt, auch wenn er ein bisschen enttäuscht war. Er hätte sicher zu gerne eigenhändig den Schlächter von Leschwitz beim Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles abgeliefert. Er hat wohl trotzdem eine Menge Details und unerhörte Geschichten über Hoff senior erfahren, weil das Gespräch mit Roger so reibungslos und zutraulich verlief. Leo schließt man ja auch schnell ins Herz wegen seiner verbindlichen Art. Hoff junior hat Leo dann sogar seine Druckerei gezeigt, und abends sind die beiden einen trinken gegangen, und Hoff hat im Suff behauptet, dass er noch einen Halbbruder vom selben Vater hat, den er der Öffentlichkeit bisher verschwiegen hat. Der im Osten aufgewachsen ist und mittlerweile da bei den Nationalen in der Politik tätig ist. Der das ideologische Erbe seines Papas auf eine ganz andere Art verarbeitet als er selbst. Und der auch lange in intensivem Kontakt mit seinem Vater in Ägypten stand. Und das ist der Neumann gewesen. Kind einer Affäre von Hoff senior mit einer Kriegswitwe aus Görlitz, in der Nähe von dem Lager. Da ist der Neumann auch aufgewachsen, während sich sein Vater nach dem Krieg schnellstens vom Acker gemacht hatte. Der Neumann hat wohl erst spät von seiner Mutter erfahren, wer sein Vater war, aber dann hat er schleunigst Kontakt nach Ägypten aufgenommen. Dass er dann bei so einer Partei wie den Nationalen Karriere gemacht hat, da kann ja jeder selbst seine Schlüsse ziehen. Da hat sich Leo natürlich gedacht: Skandal, das muss an die Öffentlichkeit! Und zwar durch Leo Tilmann, zeitkritischer Rockstar höchstpersönlich. Da konnte er drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Neumann als Sohn vom Schlächter Hoff verpetzen, sich als Künstler neu definieren und seine Tochter beeindrucken. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum hatte er da schon wieder vergessen.«
    »Welche Tochter?«, fragte ich, aber dann merkte ich, wie der Mandel mich anschaute, und ich schaute zurück, und dann war natürlich alles klar.
    »Na, das hat ja gedauert«, sagte Lana und strahlte kurz zu mir nach hinten auf den Rücksitz. Trotz der Überraschung war ich augenblicklich erleichtert, dass Lana nicht die Bumse vom Tilmann war.
    »Aber zurück zum Thema«, sagte sie, ohne dass wir uns auf diese Neuigkeit richtig hätten einstellen können.
    »Der Leo hat erst mal einen Privatdetektiv damit beauftragt, Neumann auf den
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