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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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Mobiltelefon klingelte. Es war der Urbaniak.
    »Max, Karsten hier. Na?«
    »Gut. Und selbst?«
    »Auch gut. Was machst du grade, Max?«
    »Feierabend. Und du?«
    »Ich sitz hier gerade mit Leo, und wir sprechen über deine große Reportage. The Life And Times Of Leo Tilmann . Finden wir geil, oder, Leo?«
    Aus dem Hintergrund hörte der Mandel ein »Yeah« und nahm einen tiefen Schluck von dem Beefeater-Tonic.
    »Schön«, sagte der Mandel.
    »Hast du Bock, gleich mal vorbeizukommen? Der Leo und ich, wir sitzen im Poschardt. Komm doch rum.«
    Der Urbaniak lallte schon leicht. Und lispelte.
    »Sehr schön«, sagte der Mandel. »Ich komm vorbei.«
    »Freun uns«, sagte der Urbaniak.
    Poschardt, dachte der Mandel. Poschardt. Poschardt. Der Mandel war bisher nur zum Mittagstisch im Poschardt gewesen. Und mittags ist auch für Otto Normalverbraucher Betrieb. Später abends dann eher Schauspieler, Regisseure, Politiker, selten Musikjournalisten. Und wohl ganz selten private Ermittler. Der Mandel hatte einen Heidenrespekt vor der High Society, selbst wenn er sich beruflich schon oft in ihren Außenbezirken bewegt hatte. Ich weiß, dass der Mandel aufgeregt war, weil er abends ins Poschardt durfte. Das war ein Durchbruch, den er mit seinem vorherigen Beruf bisher nicht geschafft hatte.
    Der Mandel trank den Beefeater-Tonic aus und ging in sein Schlafzimmer. Ein großes Bett, weil der Mandel nie richtig schlafen konnte, wenn er Damenbesuch hatte und man sich so an ihn heranschlang. Eigene Seite, eigener Platz, eigene Bettdecke war da seine Devise. Außer dem Bett war da noch ein Plasma-Fernseher. Ein Untier von einem Fernseher, nicht weil der Mandel so ein Cineast ist, sondern weil er Fußball schaut, und neuerdings alles auf High Definition, oder wie man sagt. Dann ein ewig langes Schallplattenregal. Und der Holzschrank, das alte, schwere Ungetüm vom Mandel seiner Oma.
    Dem Ungetüm entnahm der Mandel einen grauen Anzug. Er zog sich um und ging ins Bad, kämmte sich die Haare. Eigentlich sah er an diesem Abend sogar ein bisschen nach Cary Grant in Der unsichtbare Dritte aus, weil graue Haare zum grauen Anzug. Der Mandel ist in Wirklichkeit – von der Haarfarbe mal abgesehen – natürlich kein Cary Grant. Dafür ist er zu klein, und Cary Grant war ja eins siebenundachtzig, soweit ich weiß. Und das Wohlstandsbäuchlein würde mich als Juror bei einem Cary-Grant-Lookalike-Wettbewerb auch stören. Vergessen wir einfach den Cary Grant. Aber sonst tadelloser Mann, der Mandel. Ausstrahlung ist ja auch so ein Wort, aber stimmt schon irgendwie. Der Mandel gewinnt enorm durch seine Besonnenheit, die manchmal wie Gleichgültigkeit wirkt. Da versuchen die Frauen oft hindurchzubrechen. Und sogar die Künstler, die der Mandel interviewt hat, das ist das Erstaunliche.
    Kurz darauf also saß der Mandel wieder in seinem Audi A4 auf dem Weg zum Gendarmenmarkt. Er fand einen Parkplatz in der Nähe einer Parkuhr, schmiss aber kein Kleingeld ein, weil er keins bei sich hatte. Der Mandel hasste Kleingeld. Was er aber noch mehr hasste, war das Gefühl, jemand etwas schuldig zu bleiben, wie zum Beispiel der Parkuhr. Wie ich ihn kenne, würde ihn das noch den ganzen Abend lang beschäftigen, vor allem wegen dem etwaigen Bußgeld. Ein bisschen geizig ist der Mandel schon auch.
    Der Mandel ging an dem langen Tresen zu seiner Linken vorbei, nach hinten durch. Dann bog er rechts ab, und ganz im Eck saßen der Tilmann, der Urbaniak und zwei junge Frauen. Mit ihnen am Tisch eine äußerst ausgelassene Stimmung. Den Mandel fröstelte es kurz, bevor er den Tisch erreichte, warum, wusste er auch nicht genau. Der Tilmann trug eine Jeansjacke mit Aufnähern, ähnlich wie der Mandel mit vierzehn. Aufnäher von den UK Subs, Cockney Rejects und den Buzzcocks. Nicht besonders kleidsam und ab Mitte fünfundzwanzig vollkommen inhaltsleer, meine Meinung. Unter der Jeansjacke vom Tilmann: schwarzes Hemd, oberste drei Knöpfe offen. Brusthaar rasiert, sagt der Mandel, der seins ja selbst rasiert. Er muss es wissen. Dann der Urbaniak, genauso schmierig wie am Nachmittag, und die beiden jungen Frauen. Die eine dunkle Haare, hochgesteckt wie Audrey Hepburn, ziemlich dunkle Augen, elegante Strickjacke. Die andere blond, Fransen im Gesicht, T-Shirt auf Punk gemacht. Beide hübsch laut Mandel. Ich hätte mir die Weiber sicher noch genauer angeschaut, aber der Mandel kann so was völlig ausblenden, wenn er sich mit etwas anderem beschäftigt. Da beneide ich ihn.
    Großes

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