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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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mehr übrig. Dann glaubt dir im Zweifelsfall nur noch deine eigene Mutter, dass du du bist. Gottseidank hatte ich irgendwo zu Hause noch einen Reisepass, der abgelaufen war. Mit dem ging ich zur Bank und hob etwas Geld ab. Auf dem Bürgeramt gab es auch keine Probleme, außer dass ich bei der Beantragung eines neuen Ausweises und Führerscheins schon wieder bezahlen musste. Ich fragte den Dr. Fritsch am Telefon, wann ich vorbeikommen konnte wegen dem Schwindel. Denn ein plötzlicher und unerklärlicher Schwindel, da habe ich einen Heidenrespekt, weil man nie weiß, wo das hinführt. Der Hausarzt Dr. Fritsch hat dann später diagnostiziert: Kreislauf. Definitiv nur der Kreislauf. Maximal ein otogener Schwindel, weil Gleichgewichtsorgane beschädigt. Das ist aber eine HNO -Sache, wegen den Cortischen Organen. Ob es auch Hörstörungen gäbe, ob ich viel Lärm ausgesetzt sei, zum Beispiel beruflich. Neurogen würde er jetzt mal nicht tippen. Wenn ich allerdings einen Tumor ausschließen wolle, dann müsste ich zur Radiologie. Aber da macht er keine Überweisung, weil das wäre ja pure Spekulation, außer ich wolle das. Nein, nein, es war hundertprozentig nur der Kreislauf. Einfach mal beobachten. Und wenn, dann höchstens der otogene Schwindel. Ich sag das jetzt, damit keiner beunruhigt ist.

Siebzehn

    Jemand hatte den Edelstein-Anwalt in den Scharmützelsee geworfen. Jetzt war er tot. Die Malleck saß mit roter Nase, aber immer noch evabraunen Haaren bei uns im Büro und erzählte uns das in einer Art und Weise, dass man selbst noch beinahe um den Edelstein getrauert hätte. Aufgelöst war das richtige Wort. Sie saß auf demselben Stuhl, auf dem sie vor knapp vier Wochen gesessen hatte, aber ihre Beine waren nicht übereinandergeschlagen, sondern standen nebeneinander, so dass man ihr aus einer günstigen Perspektive unter den schwarzen Rock hätte schauen können. Der Mandel saß auf dem Schreibtisch, genau der Malleck gegenüber, und hielt ihre Hand, was ich merkwürdig fand. Draußen an der Ladenfront sah ich den Hausmeister entgeistert ins Büro stieren. Vielleicht hatte er die Malleck kommen sehen und hatte schon ein Handyfoto für die Bildzeitung gemacht und fünfzig Euro Leserpaparazzi-Prämie kassiert.
    »Heute Morgen haben sie ihn aus dem See gezogen. Seine Frau hat mich angerufen«, sagte die Malleck, und ich gab dem Hausmeister per Handzeichen zu verstehen, gefälligst woanders Stasi zu spielen. Mein Handzeichen war der Mittelfinger.
    »Wir waren da auch schon mal segeln«, schluchzte die Malleck.
    »Der Edelstein war verheiratet?«, fragte ich entsetzt, und der Mandel warf mir einen bitterbösen Blick zu.
    »Der hat übrigens für den Neumann gearbeitet«, setzte ich hinzu, und im Nachhinein sehe ich ein, dass ich mich respektlos gegenüber dem Todesfall vom Edelstein verhalten habe. Aber im Nachhinein ist es auch egal.
    » Mit dem Neumann«, korrigierte mich der Mandel.
    Die Malleck setzte ihre Ahnungslosigkeit mimisch gut um.
    »Wer ist der Neumann?«, fragte die Malleck.
    »So ein rechter Politiker«, sagte ich.
    »Eigentlich hat er für den Leo gearbeitet. Quasi undercover«, klärte der Mandel auf.
    »Wie bitte? Undercover?«, fragte die Malleck.
    »Wegen dem Protestfolk-Album vom Leo. Als Doppelagent«, sagte ich.
    »O nein«, sagte die Malleck und strich sich die braunen Haare aus dem Gesicht.
    »Das ist ja alles viel schlimmer, als ich gedacht habe. Dann haben die Rechten den Holger umgebracht?«, sagte die Malleck.
    »So sieht’s aus«, sagte ich von der anderen Seite des Schreibtisches.
    »Als ob die Dinge nicht schon schlimm genug wären.«
    »Wird sicher bald alles wieder besser«, sagte ich und kam mir schon zwei Sekunden nach dem Satz blöd vor.
    »Max«, sagte die Malleck zum Mandel, der mittlerweile nicht mehr ihre Hand hielt.
    »Ich hab mit dem Sigi geschlafen.«
    »Ich weiß«, sagte der Mandel und schaute verständnisvoll.
    »Nur, dass du es weißt. Ich will nicht, dass es zwischen euch steht.«
    »Ach Quatsch, ich weiß doch, wie einsam du grade bist.«
    Was für ein Arsch, der Mandel.
    »Ich will ja auch nicht wie ein Flittchen dastehen«, sagte die Malleck.
    War man ein Flittchen, wenn man mit mir ins Bett ging?
    »Warst du mit dem Holger zusammen?«, fragte der Mandel.
    Die Malleck weinte jetzt. Schwer zu sagen, ob diese Staatstrauer echt war. Ich war nach wie vor verliebt, aber traute ihr nicht über den Weg. Wollte sie aber gleichzeitig dringend gegen die Wand drücken und

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