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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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auf. Er ging um seinen maßlos großen Schreibtisch herum und türmte sich vorm Mandel auf. Der blieb ruhig sitzen.
    »Erstens wissen wir noch nicht genug, zweitens darf jetzt nichts passieren, was diese Person verschrecken könnte. Das ist ein Tanz auf dünnem Eis«, sagte der Mandel und schaute dabei eindringlich hinauf zu der drohenden Urbaniak-Lawine, bis der sich wieder hinter seinen Schreibtisch zurückzog.
    »Na schön, aber sobald du weißt, wer es ist, sagst du Bescheid«, sagte der Urbaniak, und es klang leicht beleidigt.
    »Logisch. Aber da ist noch etwas anderes.«
    »Shoot«, sagte der Urbaniak, und der Mandel verstand ihn erst nach einer semantischen Schrecksekunde.
    »Man hat erst den Leo umgebracht, dann hat jemand mein Auto angezündet, und jetzt ist der Edelstein tot. Das kann doch nichts mit den Songs zu tun haben, oder? Das ist doch nicht so eine große Sache, wenn jemand ein Soloalbum veröffentlicht, oder? Selbst wenn er ein politisches Album geschrieben hätte. Das löst doch nicht solche Brutalitäten aus, oder ist mir da etwas entgangen?«
    »Nein, nein. Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin doch selbst im Schockzustand. Ich weiß nicht, warum der Leo tot ist und wer dein Auto angezündet hat. Dass der Holger etwas mit Rechten zu tun hatte, ist mir auch neu. Aber das hat alles nichts mit dem Soloalbum zu tun. Ich mach doch hier lediglich meinen Job und will, dass die Leute die letzte Platte vom Leo noch hören können. Das haben die Fans doch verdient, dass sie nochmal Abschied nehmen. Kommst du eigentlich auf das große Abschiedskonzert von DEMO in Hamburg? Da spielen die Jungs noch mal die großen Songs mit ein paar Special Guests, wie zum Beispiel … «
    Der Mandel war nicht jemand, der andere Leute oft beim Reden unterbrach, aber mit dem Marketinggeschwafel brauchte ihm der Urbaniak jetzt nicht kommen.
    »Ja, ja. Also du denkst nicht, dass die Morde mit den Aufnahmen zu tun haben? Weil das macht ja auch unseren Job ein bisschen gefährlicher als ursprünglich angenommen.«
    »Jetzt versteh ich dich, Max. Klar kann ich euch da noch was extra zahlen. Und das mit dem Auto tut mir leid, aber das hat doch nichts mit dem Leo zu tun. Das ist einfach nur ein komischer Zufall.«
    »Hmm«, machte der Mandel. »Wenn wir jetzt die Demos finden, und es ist tatsächlich ein Protestfolk-Album, bringt ihr es dann genau so raus?«, fragte der Mandel.
    »Das releasen wir genau so, wie es der Leo wollte.«
    Der Urbaniak rollte den Kugelschreiber mit der Handfläche, quälend langsam.
    »Ich muss jetzt dann los«, sagte der Mandel und stand auf. Erst als er an der Tür war, schaute ihn der Urbaniak an und sagte: »Adios, Max. Halt mich auf dem Laufenden.«
    Der Mandel schloss die Tür hinter sich, aber dann fiel ihm noch was ein. Er öffnete sie wieder und fragte den Urbaniak, der ihn anstarrte wie ein Pferd:
    »Du, weil’s mir gerade einfällt, Karsten, wie verkauft sich eigentlich das neue DEMO -Album?«
    »Wie geschnitten Brot«, sagte der Urbaniak.
    Als der Mandel wieder da war, fand ich etwas Unangenehmes heraus.
    »Hast du Gras?«, fragte ich den Mandel.
    »Nein«, sagte der Mandel.
    »Ich würde mich jetzt gerne ins Nirgendwo rauchen.«
    »Hab nichts.«
    »Hast du noch Lust auf ein Bier im Deichgraf?«
    »Nein, ich muss leider weg.«
    »Wo musst du denn hin?«
    »Ich treff mich noch mit der Malleck«, sagte der Mandel.
    »Mit der Malleck?«, wiederholte ich.
    »Warum?«
    »Wir sprechen nochmals alles durch.«
    »Alles durch? Was ist denn alles ?«, fragte ich.
    »Ach komm, Sigi«, sagte der Mandel und klaubte den Autoschlüssel vom Dieter vom Schreibtisch auf.
    »Du hast wirklich kein Gras?«
    »Nein, tut mir leid«, sagte der Mandel und war weg.
    Ich wartete kurz, dann rannte ich ihm nach. Er war schon am Wegfahren, aber ließ das Fenster herunter. Es regnete und ich wurde nass.
    »Wo geht ihr denn hin?«
    »Nur kurz ins Poschardt«, sagte der Mandel und ließ das Fenster hoch. Ich blieb im Regen stehen, während der Mandel wegfuhr.
    Danach duellierten sich bei mir zwei Bedürfnisse: dem Mandel sofort ins Poschardt folgen und einen Joint rauchen und ihm dann ins Poschardt zu folgen. Ich hatte nur keinen Joint. Ich schloss das Büro ab und wollte in Richtung U-Bahn gehen, da fiel mir auf, dass im Nachbarfenster zu unserem Büro, also praktisch im selben Haus, das Licht brannte. Das war die Wohnung vom Hausmeister. Ich ging zurück in den Vorgarten und stolperte über ein Blumenbeet, bis ich vor

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