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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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einem Fliegenfänger klebte.«
    »Ein Grund mehr«, sagte der Alte lachend.
    »Und Sie haben mich mit Keneally zusammenrasseln lassen, nicht wahr?«
fragte Walter. »Sie wußten Bescheid.«
    »Ich wußte Bescheid«, bestätigte der Alte. »Ich wußte, daß Sie gute
Arbeit leisten würden, selbst wenn Sie nicht wußten, daß Sie darauf angesetzt
waren.«
    »Warum haben Sie sie nicht einfach in Stockholm geschnappt?«
    »Dort wäre es zu riskant gewesen«, erwiderte der Alte. »Sie wären
vielleicht geflüchtet. Und dann hätte ich Keneally nicht. Und ich wollte
Keneally, damit Hoover ihn nicht als erster erwischt.«
    »Also darum ist es gegangen.«
    »Darum geht es noch immer.«
    »Sind Sie sicher, daß Sie jetzt in Pension gehen wollen, junger
Freund?« fragte der Alte. »Europa kommt für Sie nicht mehr in Frage, aber in
Indochina könnten wir einen guten Mann gebrauchen.«
    »Ich bin sicher.«
    »Der Krieg ist noch nicht vorbei«, fügte der Alte hinzu. »Für mich ist
er es aber«, entgegnete Walter.
    »Wenn das so ist«, sagte der Alte und schüttelte traurig den Kopf,
»ist es erledigt. Ein Deal ist ein Deal.«
    Er griff neben sich und reichte Walter die dicke Akte der Firma über
Anne Blanchard.
    »Ist dies alles? Keine Kopien irgendwo?« fragte Walter.
    »Nicht bei uns. Die Vergangenheit Ihrer Geliebten ist makellos,
soweit es die Firma betrifft.« Die Augen des Alten weiteten sich in gespielter
verletzter Unschuld, doch dann fügte er hinzu: »Natürlich kann ich nicht für
das FBI sprechen ...«
    »Nein.«
    Der Alte schnaufte: »Wenn Sie zu uns zurückkämen, könnten wir
natürlich etwas arrangieren.«
    »Ich werde mit dem FBI allein fertig«, entgegnete Walter. »Ach,
tatsächlich, junger Freund?«
    »O ja«, erwiderte Walter. Er sah Dieters Geschenk vor sich -
grobkörnige Fotos des berühmten bulldoggenhaften Direktors in einem umwerfenden
schwarzen Kleid, mit Strümpfen und einer geschmackvollen Perlenkette. Dann noch
Fotos von ihm im selben Outfit, wenn auch etwas, sollen wir sagen, deshabille? Verschmierter roter Lippenstift ... Nun ja, jedenfalls Fotos, die so
brisant waren, daß sie Walter und Anne für lange, lange Zeit vor dem FBI schützten.
    »Ja, ich glaube, daß Sie es schaffen werden«, sagte der Alte, als er
Walters Gesicht musterte. Dann wurde sein Ton schärfer, als er zu wissen
verlangte: »Worüber lachen Sie, junger Freund?«
    »Über nichts, Sir.«
    Der Alte beugte sich zu Walter. Sein Atem roch uralt und muffig.
    »Sie sind ein cleverer junger Mann«, zischte er. »Sie sollten aber
aufpassen, daß Sie nicht zu clever
werden.«
    »Darauf werde ich aufpassen, Sir«, sagte Walter, als er die Tür
aufmachte und auf den Bürgersteig trat.
    Kurze Zeit später stand Walter auf dem Treppenabsatz des Rainbow Room
und blickte hinunter, wo Anne Blanchard auf dem Podium stand und sang. Das
silbrige Licht verwandelte ihr blondes Haar in leuchtendes Platin und ihre
weißen Schultern in weiches warmes Gold. Ihr Gesicht sah er nur in seiner
Vorstellung vor sich, doch er wußte genau, welchen Ausdruck es hatte, als sie
sang:
     
    »I’ll take Manhattan
    The Bronx and Staten Island, too.«
     
    Als er die Treppenstufen hinunterging, sah er die beiden Beschatter
der Firma, die 16 C auf Anne angesetzt hatte. Sie sahen ihn auch und baten ihre
Kellnerin mit einem Handzeichen um die Rechnung.
    Jetzt war ihr Auftrag erledigt. Anne Blanchard befand sich in den
Händen des legendären Walter Withers in Sicherheit.
    Der Oberkellner führte ihn an einen kleinen Tisch im hinteren Teil
des überfüllten Saals. Die anderen Verehrer sahen in ihrer Abendgarderobe und
ihren komischen spitzen Silvesterhüten rührend albern aus. In hohen Eiskübeln
neben den Tischen standen Champagnerflaschen. Einige Paare bewegten sich
langsam auf der Tanzfläche, während andere still an ihren Tischen saßen und den
sanften Baß-Akkorden den behutsam gerührten Besen und Annes zarter, trällernder
Stimme lauschten.
     
    »It's such fun going through The
zoo.«
     
    Jetzt konnte Walter ihr Gesicht sehen. Ihre durchsichtige Haut, ihr
starkes Kinn, die grauen, traurigen und liebevollen Augen, die ihn noch nicht
entdeckt hatten. Diese kleine Frau, so mutig.
     
    »It's very fancy
    On old
Delancey Street, you know.«
     
    Der Kellner brachte ihm seinen Martini. Walter nippte daran, zündete
sich eine Zigarette an und lehnte sich zurück, um ihr zuzusehen und ihr zu
lauschen. Und, wie er leicht amüsiert bemerkte, fühlte er sich mit

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