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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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»Keine Quittungen, Dokumente, Reisepässe, nicht einmal Narben. Ihre Zigaretten waren europäisch, doch keiner meiner Leute konnte auch nur entziffern, in welcher Sprache die Aufdrucke auf der Packung waren. Diese Typen waren nicht nur Profis, sie waren teuer. Importiert, wahrscheinlich aus Osteuropa, wie stinkender Käse.«
    Verdammt.
    »Und?«, drängte er.
    »Ihnen ist klar, dass ich der Polizei nicht traue«, stellte ich fest.
    »Ich will Sie nicht reinlegen«, erwiderte Kit.
    »Das weiß ich. Aber das meine ich nicht. In Ihrem Sicherheitssystem gibt es Lücken. Was ich Ihnen anvertraue, ist sicher, aber sobald es über Sie hinausgeht, stehen Menschenleben auf dem Spiel.«
    Kit hielt mir seine Marlboro-Schachtel hin. Ich nahm das Angebot an.
    Er gab mir Feuer und wippte mit dem linken Fuß – langsam.
    »Was wollen Sie?«, fragte er nach einem Schwall von Rauch und Schweigen.
    »Captain Clarence hat recht, was Zella Grisham betrifft«, sagte ich. »Sie weiß gar nichts über den Rutgers-Raub. Ich weiß auch nichts darüber.«
    »Okay.«
    »Irgendjemand denkt offensichtlich, ich wüsste was. Keine Ahnung, wer. Wenn, würde ich es Ihnen sagen, sonst hätte ich gar nicht erst geredet.« Was heißen sollte, wenn ich gewusst hätte, wer es war, hätte ich ihn vielleicht selber getötet.
    »Okay.«
    »Ich werde mit Ihnen zusammenarbeiten, soweit ich das kann, aber ich hab kein Material und keine Beweismittel, die Sie nicht ohnehin schon haben.«
    »Aber Sie glauben, dieser brutale Angriff hängt mit Zellas Freilassung zusammen?«, fragte Kit.
    »Sie ist unschuldig und hätte längst freigelassen werden müssen.«
    »Was verschweigen Sie mir, LT ?«
    »Ich weiß nichts, was zu einer Verhaftung führen könnte«, erwiderte ich. »Das ist eine Tatsache.«
    »Außer vielleicht zu Ihrer eigenen.«
    »Jetzt kommen Sie, Mann. Sie wissen, dass ich nicht hier sitzen und mich selbst belasten kann. Ich hatte nichts mit dem Raub zu tun. Ich habe keine Ahnung, wer diese Leute losgeschickt hat, um mich zu töten.«
    »Lethford will mit Ihnen sprechen.«
    »Ich treff mich gern mit ihm … wann immer Sie wollen.«
    Kit musterte mich einen Moment, bevor er sagte: »Das war ziemlich beeindruckend, wie Sie die beiden fertiggemacht haben. Noch dazu nackt.«
    »Ich hoffe, ich habe Officer Palmer nicht in Verlegenheit gebracht.«
    »Sie meinte, nach allem, was sie über Sie gehört hätte, hätte sie gedacht, Ihr Johnson wäre größer.«
    »Sagen Sie ihr, die Klimaanlage war an.«
    Ich verließ die Wache gegen sieben Uhr mit Kits halbvoller Zigarettenschachtel. Vorher hatte ich Formulare ausgefüllt, die erklären sollten, was passiert war, dannhatte Kit meine Aussage auf einem kleinen Digitalrekorder aufgenommen. Er kopierte meinen Waffenschein und meine Privatdetektivlizenz. Die ganze Prozedur dauerte etwa drei Stunden. Das machte mir nichts aus. Während ich sprach und schrieb, ging ich jedes Detail noch einmal für meine eigene Ermittlung durch.
    Um kurz nach acht traf ich in dem kleinen Frühstückslokal am East River mit Blick auf die Brooklyn Bridge ein. Ich wurde von einem unkonventionellen Kellner empfangen. Er hatte olivfarbene Haut und war ein paar Jahre älter als ich. Er war vom Kopf bis zu den Schuhen komplett weiß gekleidet, und er war hässlich. Anders lässt sich seine Erscheinung nicht beschreiben. Sein Volk stammte aus irgendeinem Teil Europas, der im Laufe der Jahrtausende wieder und wieder erobert und geplündert worden war. Er hatte zu große Ohren, und seine Augen hatten die falsche Farbe. Der Zeige- und der Mittelfinger seiner rechten Hand waren riesig, als wären sie von irgendeinem Riesen abgeschnitten und auf seine Gliedmaßen gepfropft worden. Sämtliche seiner Zähne waren mit zerkratztem, rissigem Gold überkront.
    »Wir öffnen erst um neun«, sagte er barsch. Ich hörte einen Akzent, konnte ihn jedoch nicht unterbringen.
    »Ich bin hier mit Clarence Lethford verabredet«, sagte ich.
    Daraufhin machte er kehrt und ging durch den breiten Raum mit etwa einem Dutzend Tischen zu einer Tür, die er aufhielt. Ich hatte mich nicht vom Eingang wegbewegt. Als er das bemerkte, winkte er ungeduldig. Ich kam näher und erkannte einen kleinen privaten Speiseraum mit drei leeren Tischen.
    »Setzen Sie sich«, sagte der hässliche Mann. »Lethford kommt.«
    Ich trat ein, und der Kellner schloss die Tür hinter mir. Wände, Boden und Decke waren aus dem gleichen schmutzigen, unbehandelten, rotbraunen Holz. Der Raum hätte

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