Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
denn?«
»Nach diesem Treffen werden Sie eine Gesprächsnotiz schreiben und festhalten, worüber wir gesprochen haben und welchen Eindruck Sie hatten.«
»Hm-hm.«
»Fünf Minuten nachdem Sie diese Notiz abgelegt haben, könnte ich Sie mir auf ein Fax meiner Wahl schicken lassen.«
Wenn Blicke töten könnten …
»Wenn ich Ihnen also sage, wo Zella ist«, fuhr ich fort, »weiß ich, dass sie nur so lange leben wird, wie man braucht, um einen Anruf zu erledigen. Ich kenne Sie nicht. Ich kann Ihnen nicht vertrauen. Aber ich sage Ihnen, dass Zella sicher ist und bleiben wird.«
Nachdem er noch ein bisschen mehr von seinem Zorn heruntergeschluckt hatte, sagte er: »Es gibt bloß zwei Gründe, weshalb ich Sie mir nicht jetzt gleich in einer Verhörzelle vorknöpfe. Und der Wink von oben, die Finger von Leonid Trotter McGill zu lassen, ist der unbedeutendere …«
Das war nicht das erste Mal, dass ich davon hörte, dass die Nomenklatura des NYPD ihr schützendes Schild über mich hielt.
»Wichtiger ist«, fuhr er fort, »dass der am meisten respektierte Mann der Truppe, Carson Kitteridge, meint, wenn jemand eine Antwort auf diese Morde findet, dann Sie.«
»Das hat Kit gesagt?«
»Die Frage ist, was Sie zu sagen haben?«
»Ich weiß, dass Sie mich in jeder erdenklichen Hinsicht für schuldig halten, Captain. Sie glauben, ich hätte die Millionen entweder selber gestohlen oder würde jetzt versuchen, an das Geld ranzukommen. Was Ihren Verdacht betrifft, bin ich unschuldig, egal wie sehr Sie das bezweifeln. Aber jetzt sitzen Sie hier und reden von Morden – und letzte Nacht haben zwei Männer versucht, mich und meine Familie umzubringen – echte Profis. So viel dazu, und jetzt höre ich Ihnen zu.«
Ich zog eine Zigarette aus der Tasche und zündete sie an. Der Polizist versuchte nicht, das Rauchverbot durchzusetzen.
»Bingo Haman«, begann er, »Mick Brawn und Simon Willoughby. Zusammen sind sie das Herz der landesweit erfolgreichsten Räuberbande. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie auch den Rutgers-Raub durchgeführt haben.«
»Und warum haben Sie sie dann nicht verhaftet?«
»Irgendjemand hat den Distriktsstaatsanwalt angerufen und gesagt, Zella Grisham habe ihren Plan, Harry Tangelo zu ermorden, in einem Tagebuch festgehalten. Das Tagebuch befände sich angeblich in ihrem Lagerabteil. Irgendein übereifriger Kollege hat das Schloss aufgebrochen. Ein Geständnis fand er nicht, dafür aber fünfzigtausend Dollar in gefälschten Rutgers-Banderolen.Ich wurde von dem Fall abgezogen, und Zella bekam die höchste Strafe, die man ihr aufbrummen konnte.«
»Haman, Brawn und Willoughby«, sagte ich. »Das war die Bande?«
Lethfords langer Kopf wippte wütend auf und ab. Ich erinnerte mich, dass Sweet Lemon vom Tod der Komplizen gesprochen hatte.
»Und der Stratege im Hintergrund?«
Lethfords Gestalt wurde plötzlich ganz still.
Als mich Gordo vor vielen Jahren mit diesem Schwergewichtler namens Biggie in den Ring geschickt hatte, landete ich in der siebten Runde eines auf acht Runden angesetzten Kampfes einen Lucky Punch, einen unorthodoxen Schwinger, der meinen Gegner frontal am Kinn traf. Biggies Miene erstarrte so wie jetzt Lethfords in diesem privaten Speiseraum. Biggie hatte sich gut drei Sekunden lang nicht gerührt. Wenn meine linke Seite nicht so weh getan hätte, hätte ich vielleicht sogar eine Kombination anbringen und eine Wende in dem ungleichen Kampf herbeiführen können. Doch tatsächlich schaffte ich es gerade noch bis zum Gong. Am Ende der achten Runde war ich immer noch auf den Beinen, doch den Punktrichtern hatte Biggie trotzdem besser gefallen.
»Sie wissen, dass Sie nie so tief in diesem Dreck wühlen können wie ich«, sagte ich zu Lethford. Heute Morgen tat meine Seite nicht weh. Als der Bulle weiter schwieg, fragte ich: »Ist der Stratege auch tot?«
Der Stratege, der manchmal auch Informationen für die Bande sammelt, die den Raub durchführt, arbeitete in der Regel nur mit deren Anführer zusammen und bot außer seinen Kenntnissen auch den zweiten Blick eineserfahrenen Profis auf den Plan an. Dieser Meistertaktiker im Lehnsessel nahm selbst nie an einem Job teil. Er gab einfach nur Ratschläge und lieferte die Informationen. Wenn alles gelaufen war, kassierte er als passiver Partner einen bescheidenen Anteil der Beute.
»Nein«, sagte Lethford. »Ich glaube nicht.«
»Sie glauben nicht? Entweder ist er tot oder nicht.«
»Bingo war gut. Wir dachten, wir wüssten, wer sein
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