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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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zur Seite des Hauses, wo wir einen Eisentisch und vier Eisenstühle vorfanden, allesamt rosa lackiert.
    »Das Personal hat es nicht gern, wenn wir uns öffentlich zeigen«, sagte sie, als wir uns beide setzten. »Dann fühlen sie sich verpflichtet, rauszukommen und sich zu vergewissern, dass wir nicht entführt oder überfallen werden.«
    Ich mochte diese Dame wirklich sehr.
    »Sie sagten etwas über Bingo?«, fragte sie.
    »Sie kannten ihn?«
    »Ich kannte einen Mann namens Aaron Sadler«, sagte sie.
    Aaron Sadler. Die Polizei suchte ihn wegen einer Reihe von Erpressungen, bei denen die Drohungen immer vorgetäuscht waren, eine Art Softporno-Gangster. Er suchte reiche Kids, die nichts dagegen hatten, für fünfundzwanzig Prozent des Gewinns ihre Eltern reinzulegen. Aaron trat unter seinem eigenen Namen auf, doch für den Kontakt mit seinen jugendlichen Komplizen hatte er einen Mittelsmann, Poland Jarvis. Alles lief bestens, bis Jarvis wegen Alkohol am Steuer verhaftet wurde, und Sadler persönlich Kontakt zu einem der Kids aufnehmen musste. Aarons Pech wurde noch größer, als die Bullen zufällig auf seine Masche stießen und den jungen Erben eines Molkereiimperiums aus dem Mittleren Westen, Robert Fleiner, unter Druck setzten.
    Mir fiel es zu, Beweise dafür zu sammeln, dass der junge Mr. Fleiner in den einige Jahre zurückliegenden Tod einer Prostituierten verwickelt war. Vor die Wahl gestellt zwischen lebenslänglich und der Möglichkeit, den Anteil eines fetten Erbes zu kassieren, entschied Bob sich zu vergessen, wie der echte Aaron Sadler ausgesehen hatte.
    »Bingo ist tot«, sagte ich, »wie Sie gehört haben.«
    Novas Augen waren blaugrau und strahlten eine matronenhafte Freundlichkeit aus. Ihr Ausdruck blieb unverändert.
    »Das dachte ich mir.«
    »Genau wie Mick Brawn und Simon Willoughby.«
    »Tatsächlich?« Ein Hauch von Sorge sammelte sich um ihre lichtfarbenen Augäpfel.
    Ich überreichte ihr die recht drastischen Fotos der toten Männer. Sie blätterte durch den Stapel wie eine Großmutter, die Interesse für das Familienalbum einer anderen alten Frau heuchelt.
    Sie gab mir die Bilder zurück und sagte: »Schrecklich.«
    »Ein Captain der New Yorker Polizei namens Lethford hat mir erzählt, diese Todesfälle hätten etwas mit dem Rutgers-Raub zu tun.«
    »Wie geht es Clarence?«
    »Er ist wütend auf die Welt und stolz darauf.«
    Sie lachte angenehm.
    »Er ist ein paar Mal hierhergekommen, weil er dachte, dass eine alte Frau wie ich irgendwas mit Schlägern und Dieben zu tun haben könnte. Aber er hat mir immer Pralinen mitgebracht. Warum sind Sie hier, Mr. McGill?«
    »Zwei Männer sind in meine Wohnung eingedrungen und haben versucht, mich umzubringen.«
    »Versucht?«
    »Ich habe sie getötet.«
    »Ich habe meinen Stiefvater Charles Clement getötet, als ich elf Jahre alt war«, sagte sie, ohne mit der Wimper zu zucken. »Die Männer, die hinter Ihnen her waren, haben Sie zweifelsohne genauso unterschätzt wie Mr. Clement mich.«
    Wir begegneten uns auf Augenhöhe. Ich fragte mich, ob sie irgendwo an ihrem Körper eine Derringer versteckt hatte; höchstwahrscheinlich ja.
    »Wenn die Leute, die diese Männer auf mich angesetzt haben, auf Sie aufmerksam werden, könnten sie auch einen Besucher nach Windsong schicken.«
    Novas Lächeln war blass und unbesorgt.
    »Ich möchte wissen, wer es ist«, sagte ich, »aus naheliegenden Gründen.«
    »Ja, das kann ich verstehen.«
    »Können Sie mir helfen?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Ich muss darüber nachdenken.«
    »Wie gesagt – Ihr Leben könnte ebenfalls in Gefahr sein.«
    »Mein Tod steht ohnehin fest, Mr. McGill. VielenDank für Ihre Besorgnis, doch ich habe mich, was meinen Schutz angeht, nie auf die Gunst anderer verlassen.«
    »Sie müssen also darüber nachdenken?«
    »Ja.«
    »Wann werden Sie es wissen?«
    »Wenn ich es weiß.« Sie stand auf und ging zurück zur Vorderseite des Gebäudes.
    Ich folgte ihr bis zur Fliegengittertür und hielt sie ihr sogar auf.
    »Vielen Dank, Mr. McGill. Ich brauche keine Hilfe, aber ich weiß gute Manieren zu schätzen.«

39
    Der Verkehr lief ziemlich flüssig, sodass ich zwischen halb drei und drei wieder in Lower Manhattan war. An diesem Nachmittag erklärte ich der ersten Abwehrlinie an der Sicherheitsschranke von Rutgers Assurance, dass ich Johann Brighton sprechen wollte. Diese Bitte verschaffte mir einen völlig neuen Zugang. Ich wurde zu einem Fahrstuhl auf der Vorderseite des Gebäudes geführt, der

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