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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Brighton hielt eine dicke Karte vor ein kristallgrünes Feld, und eine der Türen ging auf. Eine Stimme fragte: »Hallo, Mr. Brighton, fünfundsechzigster Stock?«
    »Ja«, sagte er.
    Ich war beeindruckt.
    »Mr. Plimpton mag mich offenbar nicht«, sagte ich, um Konversation zu machen.
    »Alton arbeitet schon seit dreiunddreißig Jahren für Rutgers. Er hat in der Poststelle angefangen …«
    »… und erst vor Kurzem begriffen«, sagte ich, »dass es, wenn man ganz unten einsteigt, so gut wie ausgeschlossen ist, an die Spitze zu kommen.«
    Der Vizepräsident wandte das Gesicht zu mir, um mich zu betrachten. Er hatte grüne Augen, und seine Erscheinung lag irgendwo zwischen Fuchs und Wolf – der eine jagt kleinere Tiere, der andere ist es gewohnt, mit seinem Rudel Tiere zur Strecke zu bringen, die viel größer sind als er selbst. Was von beiden ich war, fragte er sich.
    Die Fahrstuhltür glitt auf, und vor uns lag ein breiter, smaragdgrün und golden gefliester Flur. An den Wänden hingen große Stillleben in Öl sowie einige Landschaften. Auf unserem einen halben Straßenblock langen Weg gab es keine Türen, bis wir vor einem Doppelportal aus Walnussholz standen, das sich automatisch zum Vorzimmer von Brightons Büro öffnete.
    Nicht zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich es bis ganz nach oben geschafft. Aus irgendeinem Grund weckte das in mir einen Heißhunger auf einen Hotdog mit Chili und gehackten Zwiebeln unter einer Kruste aus amerikanischem Schmelzkäse.
    Brightons Empfangszimmer war groß und edel ausgestattet. Aus einem Fenster blickte man auf die Freiheitsstatue. Der nierenförmige Schreibtisch war leer und aufgeräumt, und die Frau dahinter – die Frau, die als Claudia Burns bekannt war – blickte auf, bereit, sich um jeden Wunsch ihres charmanten Chefs zu kümmern.
    Sie sah mich und war unbeeindruckt und unbesorgt. Ich sah sie und dachte an ein Foto, das ich vor Jahren gesehen hatte. Das Haar war kürzer und hatte eine andere Farbe, außerdem trug sie jetzt eine Brille, doch ich war mir sicher, dass die vor mir sitzende Frau Harry Tangelos Geliebte war – Minnie Lesser.
    »Stellen Sie keine Anrufe durch, C«, sagte der perfekt gewandete Wirtschaftskapitän zu der Frau mit dem falschen Namen.
    »Ja, Sir.«
    Brightons Büro sah genauso aus wie das vieler reicher und mächtiger Geschäftsmänner und -frauen, die ich in Manhattan kennen gelernt hatte. Eine lange Fensterfront mit Blick über das eigene Herrschaftsgebiet, edle Teppiche und ein imposanter schwarzer Schreibtisch, der nicht ganz rechteckig war. In einer Ecke standen einLoveseat und ein geräumiger Polstersessel, beide waren schwarz und versprachen mehr Komfort, als ein Durchschnittsarbeiter je erlebt hat.
    »Setzen Sie sich, Mr. McGill.« Johann wies auf den Sessel.
    Ich wählte das Sofa.
    Ohne mit der Wimper zu zucken, nahm er auf dem Sessel Platz und lehnte sich entspannt zurück. Ich legte den linken Unterarm auf mein linkes Knie, den Ballen der rechten Hand auf mein rechtes. Brighton lächelte und nickte knapp.
    »Wie kann ich Ihnen helfen, Mr. McGill?«
    Ich setzte mich gerader hin, schlug die Beine übereinander und runzelte die Stirn.
    »Wie teuer war Ihr Anzug?«, fragte ich.
    »Er wurde vom Privatschneider eines saudischen Prinzen für mich angefertigt. Man könnte also sagen, dass er entweder umsonst war oder unbezahlbar.«
    »Hm. Das Einzige, was ich je umsonst bekommen habe, war Kummer … und am teuersten bezahlt habe ich mit meinem Blut.«
    »Das klingt sehr dramatisch«, sagte der Vizepräsident.
    »Finden Sie? Wie wär’s dann damit: Gestern Nacht sind zwei Killer in meine Wohnung eingedrungen. Sie wollten mich töten, während ich mit meiner Frau im Bett lag, in derselben Wohnung, in der meine Kinder schlafen.« Mein Kopf zuckte und setzte einen Bruchteil der tief in meinem Körper und meiner Seele sitzenden Spannung frei.
    »Sie, sie sind tatsächlich in Ihre Wohnung eingedrungen?«
    »Sie waren schon halb durch den Flur, bevor ich sie an Ort und Stelle getötet habe.«
    »Oh.« Nun war es an Brighton, sich vorzubeugen. »Sie haben sie erschossen?«
    »Den einen«, sagte ich. »Dem anderen habe ich mit der Hand die Luftröhre eingedrückt.«
    Ich war mir sicher, dass Johann Brighton den Namen des saudischen Schneiders nicht mehr wusste, doch ich sah in seinem Gesicht, dass er meinen nie vergessen würde.
    »Und was hatte die Polizei dazu zu sagen?«, fragte er.
    »Was sie immer sagt – füllen Sie Formular zweiundzwanzig

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