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Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Schachtel und schützte sie mit den Händen vor dem Wind, als er sie anzündete.
    Ängstlich? Warum?
    Die Koinzidenz der Ereignisse.
    Zu vieler Ereignisse.
    Er ging zum 24-Stunden-Imbiss Ecke Second Avenue und 6. Straße, um der Kälte zu entfliehen. Er setzte sich an den Tresen, bestellte eine Tasse Kaffee und ließ die unglückliche Szene mit Anne noch einmal vor sich ablaufen.
    Was ist mit Alicia? Schläfst du auch mit ihr?
    Vielleicht.
    Vielleicht auch nicht, dachte Walter. Sie sind ins Kino gegangen und haben sich gleich danach getrennt. Kein Kaffee, kein Drink, keine Liebe, obwohl Alicias Wohnung gleich um die Ecke war. Und dann lügt mich Anne an. Hat nicht wegen eines heimlichen Tête-à-Têtes gelogen, sondern wegen eines gemeinsamen Kinobesuchs.
    Und Alicia hatte es ziemlich eilig, als sie aus dem Kino kam. Hatte irgendwas Heißes in der Hand und wollte es eilig nach Hause bringen.
    Schläfst du auch mit ihr?
    Vielleicht.
    Aber mit Marta hast du geschlafen, Anne. Und die schläft mit Senator Joe Keneally.
    Wir sind alle in diesem schnittigen skandinavischen Fjord an Land gespült worden, der Marta Marlund heißt.
    Und wer ist sie?
    Walter legte einen Dollar auf den Tresen und ging wieder in die Kälte hinaus.
     
    Er hielt ein Taxi an und fuhr zur Ecke 76. Straße und Fifth Avenue. Er betrat die elegante Halle, deren Wände mit kostbaren chinesischen Tapeten geschmückt waren, und näherte sich dem Portier, der hinter einem kleinen Schreibtisch saß.
    »Ist Mr. König da?«, fragte Walter.
    »Hier wohnt Herr König«, säuselte der Portier, wobei er das »Herr« kaum hörbar betonte.
    »Würden Sie ihn bitte anrufen?«
    »Und wen darf ich bitte melden?«
    » Herrn Withers.«
    »Erwartet er Sie?«
    »Nein.«
    »Einen Augenblick, bitte.«
    Der Portier sprach leise in sein Telefon und verkündete dann: »Herr König sagt, ich soll Sie gleich raufschicken.«
    Dieter König kam in seinem samtenen Morgenmantel an die Tür. Er warf einen vorsichtigen Blick über die Kette und sagte mit vollkommener Unaufrichtigkeit: »Walter, wie schön, dich zu sehen.«
    »Willst du mich nicht reinbitten, Dieter?«
    »Würde ich liebend gern, Walter, aber es ist ein bisschen früh, Besucher zu empfangen.«
    »Schick ihn weg«, sagte Walter. »Schick ihn in die Met, schick ihn frühstücken, schick ihn zu Saks, damit er sich ein Geschenk kaufen kann.«
    Dieter runzelte die Stirn.
    »Also bitte«, sagte Walter. Er sagte es jedoch auf Deutsch, was die erwünschte Wirkung zu haben schien.
    Dieter öffnete die Türkette und bat Walter in den Flur. Dieters blondes Haar war zerzaust. Er zog sich seinen Morgenmantel enger um den kurzen, schlanken Körper und sagte:
»Würde es dir etwas ausmachen, ein paar Augenblicke im Wohnzimmer zu warten?«
    »Macht es dir was aus, wenn ich rauche?«, fragte Walter.
    »Es macht mir nichts aus, wenn du verbrennst«, antwortete Dieter und beendete damit ihren rituellen Scherz.
    Walter setzte sich am Fenster auf einen Stuhl aus dem Zweiten Kaiserreich und blickte auf den Central Park.
    Mein Gott, aber ich liebe diese Stadt wirklich, dachte Walter.
    Er nahm eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie mit einem schweren emaillierten Feuerzeug vom Beistelltisch an und hörte zu, wie Dieter seinen neuesten jungen Liebhaber aus dem Schlafzimmer scheuchte.
    Seit Walter zum letzten Mal hier gewesen war, vor, wann war es gewesen, vor vielleicht drei Jahren, hatte Dieter die Wohnung umdekoriert. Damals war sie mit teuren Kunstgegenständen und überteuertem Schnickschnack überladen gewesen. Jetzt hatte er sich auf wenige gute Möbelstücke und ein paar wirklich gute Gemälde konzentriert. Die Wände, damals in einer abstoßenden Pfirsichfarbe gehalten, waren jetzt blendend weiß.
    »Du kannst einem wirklich auf den Wecker gehen«, sagte Dieter, als er hereinkam.
    »Hör auf zu jammern und hol mir einen Kaffee«, gab Walter zurück.
    Tatsächlich brauchte er jetzt einen Kaffee, doch dass er Dieter herumkommandierte, sollte diesen vor allem in Dienstbereitschaft versetzen.
    Dieter begriff das sofort und erwiderte: »Ja, ich würde gern selbst einen trinken. Ich hatte gerade die Kaffeemaschine angestellt.«
    Um mir zu zeigen, dass er zwar bereit ist, mir gefällig zu sein, dass ich aber keine Servilität erwarten darf, dachte Wal
ter. Wir schlagen unsere Schlachten auf einem merkwürdigen Feld, dachte Walter.
    Dieter rief ihm aus der Küche in Erinnerung: »Ich habe lange nichts mehr von dir gehört, Walter!

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