Manhattan
Ich habe sogar gehört, dass du nicht mehr im Geschäft bist!«
»Was für ein Geschäft ist das, Dieter?«
Dieter lachte und kam mit einem Silbertablett wieder, auf dem eine kleine gläserne Kaffeekanne stand und zwei kleine Tassen.
»Immer noch schwarz?«, fragte er.
»Immer noch.«
Dieter goss zwei Tassen mit starkem Kaffee voll und sagte dann: »Man vermisst dich in Hamburg, Walter. Der Mann, mit dem wir jetzt zu tun haben, ist gut im Geschäft, aber grob.«
»Aber er zahlt trotzdem noch in Dollar.«
Dieter zeigte mit einer ausholenden Bewegung auf die Gemälde und lächelte: »Ja.«
Es war nützlich, Dieter daran zu erinnern, dass er letztlich nur ein Zuhälter war. Ein teurer Zuhälter zwar, aber trotzdem ein Lude. In Walters Zeit als Großer Skandinavischer Lude und Tödlicher Anwerber hatte er für seine Fliegenfänger oft hochpreisige Köder aus Dieters Stall gekauft.
»Wie waren deine Weihnachtseinkäufe?«, fragte Walter.
Dieter zuckte die Schultern. »Mittelmäßig.«
Dieter brachte alljährlich für den amerikanischen Markt ein paar junge Leute aus Deutschland herüber und kehrte mit ein paar frischen jungen amerikanischen Cowboys nach Hamburg zurück.
»Du hast schon immer den besten Kaffee gehabt«, sagte Walter.
»Zabars.« Dieter zuckte die Schultern. »Juden.«
»Ich brauche ein paar Informationen«, sagte Walter.
»Alles, was du willst«, sagte Dieter. Er meinte alles, was bezahlt oder gegen etwas anderes eingetauscht werden konnte.
»Mir fällt gerade ein«, sagte Walter und verfiel wieder ins Deutsche, »wie sehr ich in meinem eigenen Land ein Fremder bin.«
»Ein Problem, das nur Amerikaner kennen«, gab Dieter zurück.
Walter überhörte den Spott und sagte: »In Hamburg weiß ich, wie man an jeden Fleischtopf herankommt, aber in New York bin ich praktisch ein Fremder.«
»Trotzdem hast du den Weg hierher gefunden.«
»Es ist ein vielbegangener Weg.«
»Mehr als du ahnst.« Dieters Augen hellten sich auf.
Walter erkannte die Herausforderung. Dieter hatte irgendeinen mächtigen neuen Beschützer gefunden und wartete auf die Frage, wer es sei, damit er Einwände erheben konnte. Walter ließ die Frage fallen.
»Das Good Night …«, begann er.
»Bedaure«, gab Dieter knapp zurück. »Da kann ich dir nicht helfen. Da bin ich total PNG .«
» PNG ?«
» Persona non grata .«
»Kennst du einen Mann namens Michael Howard?«, fragte Walter.
»Nein.«
»Auch unter dem Namen Howard Benson bekannt?«
»Nein.«
Walter gab eine Personenbeschreibung von Howard, ließ dabei aber jeden Hinweis auf American Electronics aus.
»Ich nehme nicht an, dass er ein Kunde von dir ist«, sagte Walter.
»Für wen arbeitest du neuerdings, Walter?«, fragte Dieter.
»Oder ist er?«
Dieter setzte ein charmantes Lächeln auf.
»Würde ich es dir sagen, wenn er es wäre?«
»Ist dir der Ausdruck ›unerwünschter Ausländer‹ bekannt?«, fragte Walter.
»Ich habe eigene Verbindungen.«
Da haben wir es wieder, dachte Walter. Schon wieder unentschieden.
»Jedenfalls«, sagte Dieter, »ist es kein Thema. Ich kenne diesen Mann nicht.«
»Ich versuche, seinen Liebhaber zu finden.«
»Er gehört nicht zu meinen Jungs.«
»Ah, verstehe.«
»Ich verkaufe meist an die alten Schwuchteln im Regent's Row«, sagte Dieter.
»Du bist selbst eine alte Schwuchtel, Dieter.«
»Deshalb weiß ich, was sie mögen«, gab Dieter zurück. »Wenn dein Freund ein Mitglied des Good Night ist, ist sein Liebhaber höchstwahrscheinlich kein Profi.«
»Wirklich?«
»Du strafst deinen Hintergrund Lügen, Walter. Nicht jeder ist ein Kunde oder eine Hure. Es könnte etwas anderes sein.«
»Und zwar?«
»Liebe«, erwiderte Dieter. »Bist du schon mal im Good Night gewesen?«
»Einmal.«
»Huren haben da keinen Zutritt«, sagte Dieter. Und dann betont: »Lieferanten ebenfalls nicht. Ich bin überrascht, dass sie dich reingelassen haben.«
»Nun, es war Heiligabend.«
»Dann waren sie sentimental.«
Walter sah aus dem Fenster. Ein junges Paar schob schnell einen Kinderwagen auf dem Bürgersteig vor sich her. Das Baby war nicht sichtbar, nur die blaue Decke. Börsenmakler, dachte Walter. Das Kindermädchen hat seinen freien Tag. Am Samstag schieben die stolzen Papas die Kinderwagen.
»Du arbeitest jetzt auf der anderen Seite des Zauns?«, fragte Dieter. »Da du selbst mal Erpresser warst, bist du jetzt über die Möglichkeit besorgt, dein Mann könnte erpresst werden?«
»Vielleicht.«
»Vielleicht«,
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