Manipulationen abwehren(TaschenGuide)
Electric wird überlegt, welche Preisstrategie zukünftig gewählt werden sollte. Ein Vorschlag ist, die Preise zu senken, um auf diese Weise mehr Käufer zu gewinnen und dadurch den Umsatz zu steigern. Katharina, Mitglied der Geschäftsleitung, ist gegen diesen Vorschlag: „Wenn wir jetzt die Preise senken, wird unser größter Konkurrent Alphamind mit Sicherheit nachziehen. Das wird dann nur der Auftakt dafür sein, dass auch andere Unternehmen unserer Branche Preissenkungen durchführen. Das Ergebnis ist ein ruinöser Preiskampf.“
Die Rutschbahntaktik wird in der Regel dazu eingesetzt, um vor bestimmten Handlungen zu warnen oder gar den Opponenten einzuschüchtern.
Wer sich mit der Rutschbahntaktik konfrontiert sieht, sollte zunächst prüfen, ob der Manipulator tatsächlich den vom Gesprächspartner geäußerten Vorschlag benutzt hat, um daraus die unliebsamen Konsequenzen abzuleiten. Häufig werden nämlich die ursprünglichen Positionen etwas verzerrt (siehe Abschnitt „Die Strohmanntaktik“), um die negativen Folgen daraus herzuleiten.
Die zweite Sollbruchstelle einer Rutschbahntaktik liegt in der konstruierten Kausalkette. Ein Lawinenargument ist nur so stark, wie die behaupteten kausalen Verknüpfungen. Und gerade hier stellt der Manipulator oft kausale Beziehungen her, die sehr fragwürdig oder sogar unhaltbar sind.
Beispiel
Zwei Abteilungsleiter der Promex Constructa AG, Max und Franz, diskutieren, inwieweit Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse einbezogen werden sollen. Max steht auf dem Standpunkt,dass manals Führungskraft in erster Linie allein die Verantwortung trägt und somit auch allein die Entscheidungen zu treffen hat. Er argumentiert weiter: „Stell Dir vor, ich würde tatsächlich anfangen, die Mitarbeiter das eine oder andere Mal bei Entscheidungen mitreden zu lassen. Ich würde dadurch nur die Erwartungen wecken, auch bei anderen Entscheidungen mitreden zu lassen. Das würde dazu führen, dass alle bei allen Entscheidungen dabei sein wollen. Kannst Du Dir das Chaos vorstellen? Wenn alle überall mitreden möchten, werden Entscheidungen immer zäher und zeitaufwendiger und am Ende wird vielleicht gar nichts mehr entschieden. Und dann leidet unsere Leistungsfähigkeit dramatisch.“
Max verwendet die Rutschbahntaktik. Aus einem scheinbar harmlosen Schritt, der Einbeziehung der Mitarbeiter in einige wenige Entscheidungen, werden Chaos und Misserfolg.
Abwehr
Der Schlüssel einer angemessenen Reaktion auf die Rutschbahntaktik liegt in der behaupteten Kausalkette. In den meisten Fällen sind die einzelnen Glieder nur sehr schwach verzahnt. Hier sollte man mit kritischen Fragen oder dem Aufbau einer Gegenposition ansetzen. Will man gegen eine Rutschbahntaktik kontern, empfiehlt es sich, das schwächste Glied in der Kette herauszugreifen.
So ist bei der Argumentation von Max aus unserem letzten Beispiel der Übergang von Bei einigen Entscheidungen mitreden lassen zu Bei allen Entscheidungen mitreden wollen sehr gewagt und angreifbar. An diesem Punkt setzt Franz in seiner Replik auf Max auch an:
Beispiel
Franz: „Ich glaube, du malst ein viel zu düsteres Bild. Ein Schritt ergibt sich aus dem anderen fast wie ein Naturgesetz. Aber das muss doch gar nicht so sein. Dass Mitarbeiter bei Entscheidungen mitreden wollen, führt nicht zwangsläufig dazu, dass sie bei allen Entscheidungen mitreden wollen. Außerdem ist noch gar nicht geklärt, was Mitreden-wollen überhaupt heißt. Es ist doch durchaus möglich, dass die Mitarbeiter nur um ihre Meinung gefragt werden möchten, ohne selbst entscheiden zu wollen.“
Franz konzentriert sich in seiner Erwiderung auf die schwache Kausalkette, die Max aufgebaut hat. Außerdem verfolgt er noch eine andere Strategie: Er macht darauf aufmerksam, dass die Kausalbeziehungen, die Max beschreibt, nur sehr ungenau sind. Auch das ist ein möglicher Angriffspunkt bei der Rutschbahntaktik. Die benutzten Ausdrücke selbst sind viel zu vage, um eine klare Kausalbeziehung herzustellen. Dadurch entsteht ein breiter Interpretationsspielraum.
Die Präzisionsfalle
Ein beliebtes Manöver, um sich mit einer Argumentation durchzusetzen, ist, die Argumente mit statistischen Aussagen zu unterlegen. Auch hier lauert eine Falle – die Präzisionsfalle.
Bei der Präzisionsfalle werden vom Manipulator Zahlenangaben, zum Beispiel Prozentangaben, eingesetzt, deren Herkunft äußerst zweifelhaft ist. Die Zahlen suggerieren aber Exaktheit und wissenschaftliche Fundiertheit,
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