Manipulationstechniken. So wehren Sie sich. (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
Sie funktioniert folgendermaßen:
Denken Sie an eine knifflige Situation, in der Sie zum Beispiel jemanden für eine Idee gewinnen wollten oder mit ihm in Streit geraten sind.
Bereiten Sie ein Blatt Papier vor, das folgendermaßen beschriftet ist:
Schreiben Sie einen Dialog mit Ihrem Adressaten zu der Situation auf, die Sie vorher ausgewählt haben. Schreiben Sie diesen Dialog wie in einem Theaterstück in die rechte Spalte. Dabei kann es sich um ein tatsächlich geführtes Gespräch handeln. Sie schreiben es nun so auf, wie Sie sich daran erinnern oder wie Sie sich vorstellen, dass es ablaufen könnte. Im zweiten Fall erfinden Sie also einfach einen Dialog. Wenn Sie das Gefühl haben, genug aufgezeichnet zu haben, dann stoppen Sie und wenden sich der linken Spalte zu.
In die linke Spalte schreiben Sie nun alle Gedanken, die Sie hatten, während Sie sprachen oder während Ihr Adressat sprach. Die linke Spalte wird also Ihre Gedanken enthalten, die parallel zu Ihrem Gespräch aufgetaucht sind.
Wenn Sie diese Aufgabe erledigt haben, dann betrachten Sie bitte einmal die linke Spalte mithilfe der folgenden Auswertungsfragen:
Auswertungsfragen
Welche Annahmen haben Sie stillschweigend über die andere Person gemacht?
Welche Verallgemeinerungen haben Sie ungeprüft über die andere Person aufgestellt?
Warum haben Sie nicht ausgesprochen, was in der linken Spalte steht?
Warum denken und empfinden Sie so?
Welche Dinge hätten Sie mit ein bisschen Mut auch äußern können? Warum haben Sie damit nicht zu mehr Ehrlichkeit beigetragen?
Mit dem Ehrlichkeitsprinzip kommt auch wieder das Gegenseitigkeitsprinzip ins Spiel. Wenn ich authentisch und ehrlich bin, senkt das die Hemmschwelle meines Gesprächspartners, ebenfalls authentisch und ehrlich zu sein. Übrigens lassen sich gerade komplexe Probleme und Auseinandersetzungen eigentlich nur dann umfassend und erfolgreich klären, wenn wirklich alle Gedanken und Gefühle zum Ausdruck gebracht werden, die die Gesprächspartner beschäftigen. Eine Konfliktlösung ohne ein hohes Maß an Ehrlichkeit wird zwangsläufig scheitern.
Das Sinnprinzip
Betrachten Sie einmal die folgenden Bilder. Diese Bilder bekamen Versuchspersonen zu sehen, als sie durch kleine Öffnungen in einer Wand blickten.
Abb. aus Martin Cohen, 101 Philosophy Problems, Routledge Verlag
Die Versuchsteilnehmer berichteten, dass sie auf dem ersten Bild einen Stuhl sahen. Sie wurden dann gebeten, ihren Eindruck zu bestätigen, indem sie durch drei weitere Gucklöcher schauten. Überall erkannten Sie einen Stuhl, der in verschiedenen Perspektiven dargestellt war. Ihre Überzeugung, dass es sich bei dem Bild um die Darstellung eines Stuhls handelte, wurde also verstärkt. Erschrocken und überrascht reagierten sie, als sie durch das fünfte Guckloch einen Blick warfen. Statt des Stuhls war hier ein Chaos aus Strichen und Flächen zu sehen. Im letzten Bild schien dann der Stuhl wieder aufzutauchen. In Wirklichkeit war der Stuhl aber die ganze Zeit über nur das Ergebnis der Einbildungskraft der Versuchsteilnehmer. Gleich das erste Bild interpretierten Sie als einen Stuhl und nicht einfach nur als eine Ansammlung von Strichen und Flächen.
Wir wollen allem einen Sinn geben
Dieses Experiment offenbart ein wichtiges Prinzip in unserem Leben: Wir versuchen, allem, was wir sehen, erleben und wahrnehmen, einen Sinn zu geben. Wir müssen das, was um uns herum geschieht, interpretieren, um es einordnen und in unser Meinungsnetz integrieren und einbetten zu können. Nur wenn wir das, was wir erleben, in unser Meinungsnetz einfügen können, verstehen wir es. Wir nennen dieses fundamentale Prinzip das Sinnprinzip.
Der berühmte Science-Fiction-Autor Stanislaw Lem beschäftigt sich in fast allen seinen Romanen mit diesem Prinzip und den Problemen, die daraus erwachsen können. In den Situationen, die er beschreibt, ist das Problem noch potenziert, weil man es mit außerirdischen Lebensformen zu tun hat. Die Grundfrage lautet immer: Wie ist das zu interpretieren, was wir hier gerade sehen oder erleben? Das Dilemma besteht darin, dass man das Fremde mit menschlichen Kategorien zu verstehen oder zu interpretieren sucht. Die Interpretation erfolgt stets vor dem Hintergrund der eigenen Logik und des eigenen Weltbilds. Davon können wir uns nicht lösen.
Wir versuchen also, unseren Erfahrungen einen Sinn zu geben. Je mehr Sinn wir erkennen können, desto verständlicher werden die Erfahrungen für uns. Wir unterliegen dem Zwang,
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