Manipulationstechniken. So wehren Sie sich. (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
das Gefühl, dass es dem Verkäufer wirklich darauf ankam, mir ein Gerät anzubieten, das genau meinen Bedürfnissen entsprach. Im Gespräch stellte er immer wieder die einzelnen Nachteile von Geräten heraus. Am meisten überrascht war ich aber, als ich für die Kamera, für die ich mich schließlich entschieden hatte, nach einer größeren Speicherkarte verlangte. Denn der Verkäufer sagte zu mir: „Am besten kaufen Sie dazu die Karte Z01 der Firma X. Die reicht völlig aus.“ Ich wusste, dass ein anderes Kaufhaus diese Speicherkarte gerade im Angebot hatte. Der Verkäufer sagte: „Dann holen Sie sich die Karte am besten dort.“ Er hat mir also ein ganz anderes Geschäft empfohlen, wo ich ein günstigeres Angebot bekommen konnte. Diese Erfahrung hat dazu geführt, dass ich gleich noch eine zweite Kamera für meinen Geschäftspartner kaufte, was wiederum den Verkäufer positiv überraschte.”
Viele Menschen wünschen sich dieses ehrliche Verhalten von anderen, glauben aber nicht, es selbst umsetzen zu können. Schnell sind Argumente zu hören, warum das nicht gehen kann: „Das würde mein Chef sicher nicht honorieren!“ „Das würden meine Kunden ja nur ausnutzen.“ Oder: „Dann wäre ich ein gefundenes Fressen für meine Kollegen!“
Eine Erklärung für diese Befürchtungen sind mit Sicherheit schlechte bzw. ernüchternde Erfahrungen bei der Anwendung des Ehrlichkeitsprinzips. Viele haben auch Angst, Ehrlichkeit könne als Schwäche ausgelegt werden: Wer nicht ständig nach vorne powert, sondern auch seine Emotionen und persönlichen Gedanken zum Ausdruck bringt, gelte schnell als Versager oder Weichei.
Wir glauben, das Gegenteil ist der Fall. Ehrlichkeit ist ein Ausdruck von Stärke und Selbstbewusstsein. Nur wer selbstbewusst ist, wird auch das Risiko eingehen, das Ehrlichkeit immer mit sich bringt. In unseren Beratungsprojekten machen wir immer wieder die Erfahrung,dass Authentizität und Ehrlichkeit wichtige Überzeugungsfaktoren sind. Als Überzeuger machen Sie von Anfang an klar, was Sie tun können und wo Ihre Grenzen liegen. Sie versprechen keine Dinge, die Sie nicht halten können. So gewinnen Sie das Vertrauen der Menschen. Das Ehrlichkeitsprinzip hat viel mit dem Glaubwürdigkeitsprinzip zu tun, das wir Ihnen weiter unten noch vorstellen werden. Und anstelle eines Plädoyers für Ehrlichkeit begnügen wir uns mit einer schlichten Frage: Was spricht eigentlich wirklich dagegen, ehrlich zu sein?
Senden Sie Ich-Botschaften
Überlegen Sie sich, was Ihnen persönlich wirklich wichtig ist und wie Sie diese Themen ins Gespräch einbauen können. Welche Emotionen, die Sie bewegen, möchten Sie ausdrücken? Welche Dinge liegen Ihnen am Herzen? Ein gutes Mittel, seine Gefühlswelt zum Ausdruck zu bringen, sind sogenannte Ich-Botschaften.
Beispiel
„Ich finde es irritierend, dass …“
„Es hat mich geärgert, dass …“
„Es war für mich total überraschend, dass …“
Ich-Botschaften sind subjektive Formulierungen. Bei bewertenden Äußerungen entfalten sie eine entschärfende Wirkung. Das lässt sich am besten an einem Beispiel verdeutlichen: Wenn Max sagt: „Dieses Bild ist total langweilig“ und Moritz über dasselbe Bild sagt, es sei total interessant, dann sieht es so aus, als konkurrierten zwei „objektiv existierende Tatsachen“ miteinander, von denen nur eine die Welt korrekt darstellen kann. Durch eine subjektive Ausdrucksweise kann dies bei gleichzeitigem Gewinn an Authentizität vermieden werden. Etwa durch diese Äußerungen: „Auf mich wirkt dieses Bild sehr interessant“, „Auf mich wirkt es ziemlich langweilig.“
Der zweite Vorteil subjektiver Formulierungen besteht darin, dass der Adressat diese Ich-Botschaft nicht in Abrede stellen kann. Wenn Max sagt: „Es hat mich gestern überrascht, dass du unseren Kunden sofort ein Angebot gemacht hast“, dann kann Moritz das nicht abstreiten und hinzufügen: „Das glaube ich nicht.“ Es sei denn, Moritz würde Streit suchen. Hätte Max die Botschaft folgendermaßen formuliert: „Das war gar nicht gut, dass du gestern unseren Kunden sofort ein Angebot gemacht hast“, so wäre Moritz vermutlich gleich in die Defensive gegangen: „Natürlich war das gut …“
Übung: Argumentation nach dem Ehrlichkeitsprinzip
Die Argumentation nach dem Ehrlichkeitsprinzip können Sie trainieren. Wir haben eine Übung aus dem Buch: „Die fünfte Disziplin“ von Peter Senge entlehnt und sie die „Linke-Spalte-Übung“ genannt.
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