Manipulationstechniken. So wehren Sie sich. (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
gewählt, die den Gesprächspartner oder den Adressaten in eine bestimmte Richtung drängen soll.
Dabei steht dem Manipulator die gesamte Bandbreite emotionaler Empfindungen zur Verfügung: Mitleid, Furcht, Solidarität, Neid,Hass, Stolz, Gleichmaß usw. Der Manipulator zielt mit seinen emotionalen Appellen auf die Instinkte seines Gesprächspartners. Es geht ihm darum, kritisches Denken außer Kraft zu setzen, um seine Ziele durchzusetzen.
Wir werden uns einige typische Beispiele für emotionale Appelle ansehen: populäre Gefühle, Solidaritätsgefühle, Furcht, moderate Gefühle, Appelle an die Fairness und Mitleid.
Bevor wir damit starten, möchten wir noch hervorheben, dass Emotionen auch das zentrale Geschäft der Werbung sind. In der Werbung geht es darum, eine emotionale Bindung zu Produkten und Marken aufzubauen. Denn emotionale Bindungen scheinen stabiler und mächtiger zu sein als rein – wenn man davon überhaupt sprechen kann – rationale Bindungen. Wer also genauer beobachten möchte, wie mit Emotionen gearbeitet werden kann, der sollte einen intensiven Blick in die Welt der Werbung werfen.
Appell an populäre Gefühle
Der Appell an populäre Gefühle ist eine Methode, bei der der Manipulator Emotionen und Meinungen weckt, die in der Bevölkerung weite Zustimmung finden. Man appelliert an Gefühle, die den Bedürfnissen und Interessen der meisten Menschen entsprechen. Und da niemand gern außen vor steht und jeder sich lieber als Teil der Gemeinschaft sieht, sind diese Appelle sehr wirkungsvoll.
Tipp
Appelle an populäre Gefühle haben in der Argumentationstheorie einen Fachbegriff. Sie werden Argumentum ad populum genannt. Wenn jemand einen solchen Appell startet, warum ihn nicht mal beim Namen nennen? Das wird beim Manipulator vielleicht etwas Verwirrung hervorrufen. Es ist häufig eine gute Gegentaktik, das Manipulationsmanöver mit Namen zu identifizieren. Wenn man etwas einen Namen geben kann, ist es gleichzeitig durchschaut und die Wirkung reduziert.
Beim Appell an populäre Gefühle spricht der Manipulator also gezielt eine Emotion oder eine Stimmungslage an, von der er weiß, dass sie bei seinem Gegenüber offen oder latent vorhanden ist. Das sehen wir im nächsten Beispiel:
Beispiel
Bei einer Besprechung versucht Max Stimmung gegen das Management zu machen und die Teilnehmer auf seine Seite zu ziehen.
„Wie müssen auf jeden Fall auf der Hut sein. Wir wissen doch, dass wieder eine Fusion anstehen wird. Und da könnt Ihr euch doch denken, worum es unserem Top-Management gehen wird: um den eigenen Geldbeutel. Ihrdürft wetten, wenn der Preis stimmt, wird niemand von denen ‚Nein’ zur Fusion sagen.“
Mit diesem Argumentum ad populum trifft Max wahrscheinlich eine recht weit verbreitete Stimmungslage. Das Management kümmert sich nicht um die Menschen an der Basis, sondern nur um seine eigenen egoistisch motivierten Interessen. Max nutzt also diese Stimmungslage, um seine eigene Position besser ins Licht zu rücken. Das folgende Beispiel stammt aus einer Talkrunde im Fernsehen:
Beispiel
In der Talkshow geht es um die Frage, welche Reformen für Deutschland sinnvoll sind und was die Unternehmen und Politiker dafür tun müssten. Eine Vertreterin der Gewerkschaften formuliert: „Wissen Sie, ich frage mich die ganze Zeit – und ich glaube das ist eine wirklich spannende Frage – ob diese hohen Managergehälter wirklich gerechtfertigt sind. Welche Art von Leistung steht denn diesen Gehältern gegenüber?“
Auch dieses Argumentum ad populum wird auf fruchtbaren Boden treffen. Vielen Menschen wird die Gewerkschaftsfunktionärin aus dem Herzen sprechen.
In Nigeria hat ein Argumentum ad populum zu verhängnisvollen Konsequenzen geführt. Das wird berichtet im Spektrum der Wissenschaften (Ausgabe April, 2005; „Rückschlag im Kampf gegen Polio“). Die Polioschutzimpfung hat in Nigeria für einige Zeit einen starken Rückschlag erlitten, als im Bundesstaat Kano Politiker und Geistliche die Polioimpfung als westliche Hinterlist bezeichneten. „Das Serum sei mit HIV verunreinigt und enthalte Hormone, die moslemische Frauen unfruchtbar machen.“ Diese These schien auf fruchtbaren Boden zu fallen (weit verbreitete Vorurteile gegen die westliche Welt) mit der Konsequenz, dass das Immunisierungsprogramm sich um elf Monate verzögerte und sich die Krankheit in einigen umgebenden Regionen, die schon poliofrei waren, wieder ausbreitete.
Appell an das Wir-Gefühl
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