Mann meiner Sehnsucht (German Edition)
hingemurmelt, die Gabriel nicht verstanden hatte, dann wieder hatte sie im Fieberwahn aufgeschrien, sich aufgebäumt und versucht, sich vor seinen Berührungen, mit denen er sie hatte beruhigen wollen, in Sicherheit zu bringen.
Wovon träumte sie? Was war es, das ihr solche Qualen bereitete und ihr derart unsägliche Angst einflößte? Gabriel ahnte, dass es Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit waren, und manchmal wünschte er sich, er könnte Cummings dafür zur Rechenschaft ziehen, was er Hope angetan hatte.
Aber Nigel Cummings war tot. Die beiden Kugeln, die die Deputies auf ihn abgefeuert hatten, hatten ihm das Lebenslicht ausgeblasen. Zu schnell und zu schmerzlos für Gabriels Geschmack, aber er konnte daran nichts mehr ändern.
John Rollins, so hatte Blanchett ihm bei einem kurzen Besuch berichtet, hatte ein umfassendes Geständnis abgelegt und wartete im Gefängnis auf seine Verhandlung. Alle Anklagen gegen Hope und ihn selbst waren fallengelassen worden. Aber das war nur ein geringer Trost für Gabriel, angesichts des Preises, den sie für den Beweis ihrer Unschuld bezahlt hatten – und vielleicht noch zahlen würden, denn es machte den Eindruck, als würde Hope ständig schwächer werden.
Wenn sie nicht bald erwachte… Gabriel traute sich nicht, den Gedanken zu Ende zu bringen.
Als er auch nach mehreren Sekunden kein Klappern hinter sich vernahm, sah Gabriel auf. Die Sorge um Hope hatte tiefe Furchen in sein Gesicht gegraben, und die Augen, aus denen er den unbekannten Besucher anblickte, waren vom Schlafmangel rot umrandet.
“Verschwinden Sie”, sagte er anstelle einer Begrüßung zu dem weißhaarigen Unbekannten, der hinter ihm stand und wandte sich wieder Hope zu. Ihre schmale Hand, die sonst so viel kräftiger war, als es den Anschein hatte, ruhte wie ein verwundeter kleiner Vogel in seinen Händen, reglos, und Gabriel rieb sie behutsam, um ihr zu zeigen, dass er bei ihr war.
“McKinlay?”
Gabriel ignorierte den Eindringling und presste Hopes heiße Finger gegen seine Lippen.
“McKinlay, mein Name ist William Davis.” Er machte eine Pause, so, als würde er irgendeine Reaktion auf die Erwähnung seines Namens erwarten. Als Gabriel weiterhin schwieg, trat er einige Schritt näher.
“Ich bin Hopes Urgroßvater.”
Noch immer ließ Gabriel nicht erkennen, ob er ihn überhaupt gehört hatte.
“Mc-”
“Und was wollen Sie?”, fragte Gabriel mit rauer Stimme.
“Was ich will?”, empörte sich Davis. “Nun, ich will zu meiner Enkelin.”
Gabriel lachte spöttisch. “Das fällt Ihnen ja reichlich früh ein.”
“Was erlauben Sie sich eigentlich?” Fassungslos starrte Davis auf Gabriels Rücken. In Chicago erzitterte jeder in der Geschäftswelt, wenn er nur seinen Namen hörte, sei es vor Achtung oder vor Furcht, aber dieser… dieser… Herumtreiber, dieses Halbblut, strafte ihn mit Verachtung.
“Verschwinden Sie”, sagte Gabriel noch einmal, ohne sich umzudrehen.
“Hören Sie...”
“Zwingen Sie mich nicht aufzustehen und Sie eigenhändig hinauszuwerfen.” Die Worte waren ruhig, beinahe emotionslos hervorgebracht, aber Davis erkannte unschwer die Drohung, die darin mitschwang. Er dachte an die rohe Gewalt, mit der dieser Mann seine Fäuste im Gerichtssaal zum Einsatz gebracht hatte, daran, dass er trotz gefesselter Hände seinen Gegner überwältigt hatte.
Wütend ballte Davis die Hände an seinen Seiten.
“Sie ist zu gut für jemanden wie Sie”, stieß er dann wütend hervor. “In Ihren Adern fließt das Blut einer Davis, aber Sie, Mister McKinlay, sind nichts als ein Herumtreiber, ein dreckiges Halbblut. Ich habe Erkundigungen über Sie einziehen lassen, und ich kann Ihnen sagen, dass Hope Ihnen nicht einmal die Uhrzeit nennen würde, wäre sie so aufgewachsen, wie es ihr zustände.” Er machte eine bedeutungsvolle Pause, sprach aber weiter, als Gabriel nichts erwiderte. “Aber ich werde dafür sorgen, dass meine Urenkelin in die Kreise zurückkehrt, in die sie geboren wurde. Sie verdient etwas besseres, als, als das hier.” Seine Geste umfasste das Hinterzimmer von Hodges’ Praxis. Noch immer schwieg Gabriel, und nach kurzem Zögern wandte Davis sich um und ging zur Tür. Der Kampf war noch nicht vorüber, aber für den Augenblick konnte er nichts weiter ausrichten. Aber es würde sich zeigen, wer am längeren Hebel saß.
“Sie hören noch von mir”, waren seine letzten Worte, ehe die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.
KAPITEL ACHTUNDVIERZIG
“Und?”,
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