Mann meiner Sehnsucht (German Edition)
starrte Vern erst sie, dann den Fremden an.
“Vielen Dank, Mister….” Fragend hob Hope eine Augenbraue und streckte ihm die Hand entgegen. Er ergriff sie. Sein Händedruck war fest, aber angenehm.
“McKinlay. Gabriel McKinlay”, erwiderte er. “Es war mir eine Freude, Miss Hope. Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie wieder einmal meine Hilfe brauchen.” Er tippte kurz an die Krempe seines Hutes, nickte Vern zu und verließ den Laden.
“Man”, murmelte Vern, “was war denn das? Ich bin ja mal gespannt, was Mister Cummings dazu sagt.”
Wütend wandte Hope sich ihm zu und schüttelte ihre kleine Faust unter seiner breiten Nase, der man ansah, dass sie schon in mehr als einem Kampf gebrochen worden war.
“Mister Cummings muss davon nichts erfahren, und das wird er auch nicht, wenn du die Klappe hältst, Vern. Und wenn er etwas mitkriegt, dann weiß ich, dass du gequatscht hast und dann lauf mir besser nicht über den Weg.”
Verns Pfannkuchengesicht zeigte deutlich, dass ihm der Gedanken, Cummings diesen Vorfall zu verheimlichen, noch gar nicht gekommen war. Er mochte Hope, aber gleichzeitig war er Cummings’ rechte Hand, seine Augen und seine Ohren. Er versorgte ihn mit allen Informationen, die Cummings nicht selbst erhielt, und somit erschien es ihn fast wie ein Vertrauensbruch, Cummings diese Begebenheit zu verschweigen. Andererseits war er oft genug Zeuge gewesen, wenn Cummings Hope wegen einer Nichtigkeit verprügelt hatte. Die Tatsache, dass sie von einem Fremden in den Laden getragen worden war, würde Cummings ganz sicher nicht gefallen.
Hope konnte das Wechselbad von Verns Gefühlen deutlich verfolgen. Auch wenn sein Gesicht kein hübsches war, so war es doch ein ehrliches, auf dem sich alles, was er dachte und fühlte, widerspiegelte. Dieser Gewissenskonflikt, in den sie ihn gestürzt hatte, machte Vern zu schaffen, aber Hope konnte erkennen, in welchem Augenblick er zu dem Entschluss gelangte, ihr zu helfen. Ein Stein, nein mehr schon ein Felsbrocken, fiel ihr von der Seele. Vern mochte nicht sonderlich helle sein, aber er würde sie nicht verraten.
“Danke, Vern”, sagte sie leise und legte ihm ihre Hand auf den Arm. Vern wirkte verblüfft, aber dann strahlte er über das ganze Gesicht.
“Na, wenn das kein hübsches Bild ist”, erklang Cummings’ Stimme vom Lager her. “Der Dreckspatz und der Dummkopf, was für ein schönes Paar.” Hope und Vern fuhren auseinander, als hätte Cummings sie bei etwas Verbotenen ertappt. Schuldbewusst sahen beide zu Boden, und Cummings’ Brauen zogen sich unheilvoll zusammen.
“Und was sollte dieses Schauspiel eben bedeuten?”, wollte er wissen.
“Gar nichts”, erwiderte Hope schnell, ehe Vern, in die Enge getrieben, mit der Wahrheit herausplatzen konnte. Zwar würde er von sich aus nichts sagen, aber er war nicht clever genug, um überzeugend zu lügen. Schon gar nicht, wenn er improvisieren sollte. “Ich habe mir den Fuß verstaucht, und Vern hat angeboten, meinen Schuh zu holen, den ich verloren habe.”
Noch immer lag Misstrauen in Cummings’ Blick. Erst als er bemerkte, dass Hope tatsächlich barfuß war und humpelte und zudem nur einen Schuh in der Hand hielt, entspannten sich seine Züge.
“Na gut. Vern, du holst ihren Schuh. Und du”, sein Finger zeigte auf Hope, “kommst mit mir.”
Überrascht sah Hope ihn an. Was hatte er vor? Ein ungutes Gefühl beschlich sie, aber humpelte dennoch hinter Cummings her, der mit langen Schritten im hinteren Teil des Gebäudes verschwand.
KAPITEL VIER
Aufseufzend ließ sich Hope in ihr Bad sinken. Das warme Wasser umschmeichelte ihre Schultern, und dicke Schaumflocken trieben wie duftender Schnee auf der Oberfläche. Spielerisch blies Hope dagegen und lachte, als sie als kleine Flöckchen davon stoben. Was immer sie befürchtet hatte, es hatte sich nicht bewahrheitet. Entgegen seinen Gewohnheiten hatte Cummings zugestimmt, dass sie ihren Fuß ruhig hielt. Andererseits waren auch noch genügend Flaschen für die Spelunke gefüllt, es war keine Lieferung angekommen, und Kunden kamen heute bei dem Wetter auch kaum welche in den Laden. Er vergab sich also nichts damit, wenn er Hope einen Tag lang in Ruhe ließ. Zu ihrer großen Überraschung hatte er sie angewiesen, ab sofort in einem kleinen, spartanisch möblierten Zimmer – ein Bett, eine Kommode, ein Tisch, Stuhl und ein Paravent – über dem Laden zu schlafen. Offensichtlich hatte in der letzten Nacht jemand versucht einzubrechen, und
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