Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle
glaube, du bist eher âne SüÃe«, schiebt Fahdi hinterher. Zu spät. Für heute ist es gut.
Zwei Tage später. Marc hat geschrieben. Ob ich mich seiner Lauftruppe mal anschlieÃen möchte. Und ob der Abend nach seiner Ladeneröffnung denn noch nett gewesen sei. Ich denke kurz an Szene-Fahdi â und antworte, dass ich unheimlich gern mal mitkommen würde. Natur, Sport, nette Leute, ganz viel Normalität â herrlich. Dumm nur, dass ich zu den Zeiten, wo er laufen geht, nie nicht nie können werde. Oder sollte ich sagen »Gott sei Dank«? Marc schlägt vor, dass wir dann doch einfach mal gut essen gehen sollten.
Wir treffen uns vier Wochen später, früher konnten wir beide nicht, vor den Hackeschen Höfen, nach der Arbeit, 21 Uhr. Bis Marc erscheint, bin ich drei Mal zu Starbucks reingelaufen, um auf der Toilette mein Oberteil zurechtzuzuppeln und im Spiegel zu gucken, ob die Haare ungewollt gekonnt genug aussehen.
Als ich nach dem dritten Mal wieder nach drauÃen laufe, kommt Marc gerade an und fragt, ob ich schon lange warte, es täte ihm leid. »Ach Quatsch, nein, alles gut, ich bin auch gerade erst gekommen«, lüge ich. Ich kann es nicht beschreiben, aber wenn er mich anstrahlt, kann ich einfach nur zurückstrahlen. Seine Augen sind so wach, sein Lachen so nett. Ich fühle mich einfach sofort erschreckend wohl, wenn er da ist.
Wir gehen zu einem kleinen Italiener in der Nähe, von dem ich nicht mal mehr weiÃ, wie er heiÃt. Sehr versteckt liegt der, obwohl direkt hinter dem Hackeschen Markt. Im Innenbereich stehen höchstens zehn Tische rum. Marc begrüÃt den Wirt und führt mich durch das Restaurant nach hinten in den Hof. Drei Tische sind dort, keiner besetzt, eingegrenzt durch einen Holzzaun mit Lichterkette und Gartenstühle aus Plastik auf Kies. Es hat ein bisschen was von »hier isst sonst nur das Personal« und ist doch so charmant. Marc bestellt für uns beide. Kurz überlege ich, ob ich protestieren soll, da ist der Kellner schon wieder weg. Und obwohl ich streng nach der Maxime »Joey teilt sein Essen nicht« lebe, habe ich schon bei der Vorspeise kein Problem damit, diese einfach zu brechen. Viel gieriger stürze ich mich auf Marc. Also, fragetechnisch.
Und Marc erzählt. Von seinen Berliner Ursprüngen, seinem Architekturstudium, seinem Job als Chefdesigner eines groÃen Unternehmens in London und Hongkong und seiner Rückkehr ins gute Berlin. Weil er hier was Eigenes schaffen, zur Ruhe kommen wollte. »Nach Hause«, wie er es nennt. Ich muss ziemlich dämlich aussehen, so begeistert starre ich ihn an. »Mehr, mehr, mehr«, denke ich, als er mir von den Anfängen seines Unternehmens erzählt, wie er auf die Idee, den Namen, den Ort, das Design, die Toppings, ach, einfach alles gekommen ist. Zwischendurch fragt Marc zurück, will von mir wissen, warum ich meinen Job so mag, meine Familie, meinen Hund so liebe. Gäbe es Gesprächsverkehr, hätten wir gerade ziemlich guten. Gegenseitig peitschen wir uns mit Wort und Ironie, erzählen erregt von unseren Leidenschaften, nehmen begeistert die des anderen auf. Oh Gott, und wie er mich dabei ansieht. So echt, so ehrlich, so wach.
Darf man mit Mitte 20 und Mitte 30 eigentlich noch kichern wie Kinder? Egal, machen wir. Der Kellner muss denken, wir hätten ordentlich was genommen vorher. Er sagt natürlich nichts, grinst nur, wenn er zu uns rauskommt. Und nachdem er den Hauptgang abgeräumt hat, sagt er: »So, also wir machen da vorne jetzt mal zu â aber macht euch keinen Stress, bleibt einfach hier sitzen, ich bringe euch noch Nachtisch und âne Flasche Wein, ziehe die Tür hier zu und ihr geht hinten durch den Hof gegenüber raus, was meint ihr?« Was wir meinen? Was meint denn die Uhr? Ach, halb zwei meint die. Der Wahnsinn. Wie lange kann man denn an einer Vorspeise â und es hat wirklich geschmeckt â rumessen? Scheinbar genauso lange wie an einer Nachspeise. Als Marc und ich das nächste Mal auf die Uhr gucken und im Hof um uns rum längst die Lichter in den Fenstern erloschen sind, ist es halb vier. »Ich weià nicht, wann ich das letzte Mal so über mich und über Berlin nachgedacht habe«, sagt Marc. Ich möchte ewig mit ihm hier sitzen und über ihn nachdenken, denke ich. »Aber, sag mal, noch ân Nachtisch geht, oder?«, fragt Marc. »Bin ich dabei«, sage
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