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Mannerfreie Zone

Mannerfreie Zone

Titel: Mannerfreie Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Papa Ariella
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mich so komisch ansehen. Monica wartet am Bahnhof auf mich. An ihrem Gesichtsausdruck kann ich bereits ablesen, dass es zu Hause nicht sonderlich gut läuft. Doch ich bleibe fröhlich.
    „Was sind das für Blumen?“ Sie deutet mit dem Kinn auf den Strauß. Ich beschließe, die Geschichte schon einmal zu üben.
    „Einer unserer Werbekunden hat die ins Büro geschickt, und ich war die Einzige, die sie mit nach Hause nehmen wollte. Ich dachte, Ma würde sie gerne auf den Tisch stellen.“
    „Kannst du dir vorstellen, dass sie schon wieder mit der Kirche angefangen haben?“
    Ich weiß, dass das eine Lüge ist. Jedes Jahr dasselbe. Meine Schwester kommt nach Hause und verkündet, nur um meine Eltern aufzuregen, dass sie niemals im Leben zur Christmette gehen wird. Sie streiten, sie heult, sie beklagt sich bei ihren Freunden, doch jedes Mal geht sie dann trotzdem mit, und am nächsten Tag, an Weihnachten, liegt eine unangenehme Spannung in der Luft.
    „Monica, ich weiß, dass du jedes Mal davon anfängst. Ich würde wirklich gerne die Tage zu Hause genießen. Könntest du zur Abwechslung mal erwachsen sein, die Klappe halten und einfach in die Kirche gehen, was du ja sowieso tun wirst? Wir sind doch keine kleinen Kinder mehr.“
    Für den Rest des Tages spricht sie kein Wort mehr mit mir, sie hängt nur trübselig in ihrem Zimmer herum. Ich helfe meiner Mom beim Kochen (Roseanne färbt ganz schön auf mich ab). Ich verbringe viel Zeit damit, Weihnachtssendungen anzusehen und einfach rumzuhängen. An Heiligabend hört Monica schließlich auf zu schmollen, als ich mich über die Kirchenbank beuge und ihr meine Hand reiche. Das klassische „Friede sei mit dir“.
    „Mit dir auch“, sagt sie, aber ich bin mir nicht sicher, dass sie es auch so meint. Weihnachtsmorgen. Obwohl wir vier inzwischen erwachsen sind, tun wir noch immer gerne so, als seien wir überrascht, dass der Weihnachtmann tatsächlich vorbeigekommen ist. Wir hatten sogar Plätzchen für ihn vor die Tür gelegt Wir sitzen alle im Pyjama im Wohnzimmer und rufen „oooh“ und „aaah“ bei jedem Geschenk. Dieses Jahr werde ich, weil ich im Wohnzimmer schlafe, vom Kreischen meiner Mutter geweckt. Ich setze mich auf, sie schaut mich an und sagt völlig ernsthaft: „Eve, ich kann nicht glauben, dass der Weihnachtsmann dich nicht aufgeweckt hat.“
    Mein Dad kocht Kaffee, und wir essen die Reste von gestern Abend (ja, es ist erst halb elf), und dann kann das Weihnachtsritual beginnen. Selbst die Schilder an den Geschenken sind beschriftet – manche sind vom Weihnachtsmann, manche von meinen Eltern. (Obwohl es mir so vorkommt, als ob mich dieses Jahr alle vergessen hätten.) Alles ist für Monica. Meine Eltern finden die Geschenke toll, die wir für sie gekauft haben, aber immer wieder wird ein blöder Pulli für Monica ausgepackt, eine Bettdecke für Monica, und obwohl ich versuche, selbstlos zu sein, kann ich nicht anders als zu denken: Es ist Weihnachten, Himmel noch mal, wo sind meine Geschenke?
    „Ich glaube, das war’s“, sagt meine kaltherzige Mutter.
    „Möchte noch jemand Kaffee?“ fragt mein gemeiner, liebloser Vater.
    „Ich hätte gerne welchen.“ Dann bekomme ich wenigstens Kaffee. Mein Vater kommt mit einer großen Schachtel zurück. Alle drei sind ganz begeistert, dass sie mich so zum Narren gehalten haben. Ich reiße das Papier herunter (oh mein Gott!) – es ist ein Computer.
    „Wow! Das kann ich gar nicht glauben! Das ist absolut klasse!“
    „Ich bin froh, dass es dir gefällt, das ist von uns allen und vom Weihnachtsmann.“ Mein Vater steht ebenfalls auf dieses Weihnachtsmanngerede. Ich glaube, das kommt daher, dass er dann die Plätzchen vom Teller für den Weihnachtsmann auch noch essen darf.
    „Das wird dir beim Schreiben helfen.“ Ich bin gerührt, dass meine Eltern mich so gut kennen, genau wissen, was ich will und brauche, und dass sie mich so unterstützen. „Ich hoffe nur, dass der Computer nicht aus deiner Wohnung geklaut wird.“
    Aber selbst darüber kann ich mich jetzt nicht ärgern. Ich umarme einfach alle und sage: „Das ist das schönste Weihnachtsfest aller Zeiten.“ Meine Schwester gibt mir noch ein Geschenk. „Damit du kein Sklave des Computerzeitalters wirst. Vergiss nicht, dass es auch noch Stifte gibt.“ Darin befindet sich ein wunderschönes Heft und zwei wirklich schöne Kugelschreiber. Auf einer Karte steht: „Damit du all deine Gedanken festhalten kannst.“
    „Danke, Monica.“ Wir Frauen

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