Mannerfreie Zone

erträglich.“
    „Stimmt, du kamst mir schon gestern am Telefon etwas bedrückt vor. Tut mir Leid. Hast du deinen Dad getroffen?“
    „Wir haben Heiligabend zusammen verbracht. Er strengt sich furchtbar an, mein Dad, aber trotzdem frage ich mich immerzu, wie zwei Leute ihr Leben so dermaßen in den Sand setzen können. Sie regen sich immer noch ständig über einander auf. Ich weiß auch nicht. Einerseits ist es ganz gut, dass ich nicht mehr so nah dran bin, andererseits habe ich aber Schuldgefühle, dass ich nicht da bin.“ Wir kauen eine Weile schweigend an unserer Pizza. „Das ist ein hübscher Computer. Hast du einen Internet-Zugang?“
    „Klar, wir können uns Tausende Pornos anschauen.“
    „Kann’s kaum erwarten. Komm, wir sollten wirklich eine Silvesterparty feiern.“ Wir sind uns einig. Wir werden es tun! Jeder sucht immer nach der ultimativen Silvesterparty und wartet dann bis auf den letzten Drücker. Dieses Jahr wissen wir wenigstens, was wir tun sollen. Roseanne denkt bereits über die Häppchen nach.
    Die drei Tage im Büro vergehen langsamer, als Sie sich vorstellen können. Jeder scheint im Urlaub zu sein. Ich verbringe meine Zeit damit, im Internet zu surfen und Leute anzurufen, um sie zu unserer Party einzuladen. Irgendwie schafft es meine Schwester, sich mit Chuck auf die Gästeliste zu schleichen, genauso wie Tabithas Freundin Nicole, die nur unter der Bedingung kommen will, dass sie nicht doch noch etwas Besseres zu tun hat. Als ich Pete anrufe, erwähnt er, dass Todd in der Stadt sein wird und sie vermutlich kommen werden. Es ist wirklich nicht einfach, sich mit Pete zu unterhalten, er vermittelt immer den Eindruck, dass er zu Tode gelangweilt ist.
    Monica kommt mich mit Chuck bei der Arbeit besuchen. Er freut sich sehr auf unsere Party. Viel zu sehr. Von Anfang an benimmt er sich so, als ob wir uns seit Jahren kennen würden. Monica grinst glücklich. Er trägt einen Gitarrenkoffer unterm Arm. Weder er noch Monica verstehen den Scherz, als ich frage, ob er in der U-Bahn-Station spielen will.
    „Eve, können wir heute Nacht bei dir schlafen?“ Meiner Schwester fällt es nicht leicht, ihren Stolz zu überwinden und zuzugeben, dass sie meine Hilfe braucht, um unserem römisch-katholischen Elternhaus zu entkommen, aber für Chuck scheint das kein Problem zu sein.
    „Cool, deine Schwester und ich sind Anstandswauwaus nicht gewohnt.“ Iiih! Und natürlich muss er es noch weiter treiben. Während er meine Schwester auf die widerlichste Art streichelt, sagt er: „Oder nicht in einem Bett zu schlafen.“ Igitt! Ich kann nicht glauben, dass meine armen Eltern so etwas ausgesetzt sein müssen!
    „Kein Problem!“ Ich fürchte, das bedeutet, dass ich heute Nacht auf der Couch schlafen werde. Ich hoffe nur, dass ich mir von Roseanne frische Bettwäsche leihen kann, wenn die beiden wieder weg sind. Ich gebe mir Mühe. Wirklich. Ich nenne ihnen fünf vegetarische Restaurants gleich in der Nähe. Das zeigt doch, was für eine gute Schwester ich sein kann.
    Den kompletten Tag vor der Party verbringen wir mit Putzen. Roseanne hat für sich einen Zeitplan aufgestellt, und immer wieder holt sie wunderbar duftende Teilchen aus dem Ofen. Ich schiebe unterdessen kleine Zettel unter den Türen unserer Nachbarn hindurch. Wir haben etwa zwölf Leute eingeladen, die so viele Freunde mitbringen können, wie sie wollen, aber wir möchten keinen Ärger mit den Nachbarn haben.
    Gegen neun kommen bereits Pete und Todd. Wir erstarren vor Schreck, als die Türglocke läutet. Ich bin gerade erst aus der Dusche gekommen und Roseanne muss sich noch fönen. Sie bittet mich, die beiden hereinzulassen und mich mit ihnen zu unterhalten, während sie sich fertig macht (sie scheint immer noch auf Pete zu stehen, sie hofft, mit ihm das neue Jahr einläuten zu können).
    Ich trage zwar immer noch Jogginghosen und ein T-Shirt, aber andererseits gibt es auch niemanden, den ich beeindrucken will. Ich habe Todd seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Ihm scheint mein merkwürdiges Outfit gar nicht aufzufallen. Wenn es etwas gibt, worauf ich mich verlassen kann, dann darauf, dass Todd mich attraktiv findet. Ich mache den Jungs was zu trinken, und dann sitzen wir im Wohnzimmer, während Todd von seinen Reisen durch ganz Asien erzählt. Er kontrolliert Kleiderfabriken und berät die Eigentümer, wie sie effektiver arbeiten können. Ich bin froh, dass er da ist, um Pete zu unterhalten, denn mir will das einfach nicht gelingen. Todd