Mannerfreie Zone
sitzen da und freuen uns über die Geschenke, während mein Vater Kaffee kocht. Das Telefon klingelt, er nimmt ab, es ist für mich. Normalerweise werden wir am Weihnachtstag nicht so früh morgens angerufen, aber wahrscheinlich ist es Roseanne.
„Frohe Weihnachten“, sagt eine warme, männliche Stimme.
„Rob?“ Ich kann es nicht glauben.
„Wie geht’s, Ms. Vitali? War der Weihnachtsmann nett zu dir?“
„Ja, sehr, ich habe einen Computer bekommen. Oh, und ein kleiner Wichtel hat mir am Freitag Blumen gebracht. Danke.“
„Tut mir Leid, dass ich dich nicht anrufen konnte, Eve, ich hatte es vor.“
„Schon in Ordnung. Mein Gott, bei dir muss es halb acht oder so was sein, warum bist du schon so früh wach?“
„Ich war eine Runde joggen. Ich hatte zum ersten Mal, seit ich hier bin, etwas freie Zeit. Das Wetter ist toll, aber ich hätte jetzt lieber Schnee.“
„Ich auch. Ich liebe weiße Weihnachten. Wann kommst du zurück?“
„Erst am dritten. Sag mal, können wir zusammen Essen gehen, wenn ich zurück bin?“
„Natürlich.“ Meine Mutter kommt in die Küche und ich merke sofort, dass sie lauschen will. Ich ignoriere sie. „Deine Freunde in den oberen Etagen haben sich ziemlich anstrengen müssen, oder?“
„Nein, deine Eltern stehen im Telefonbuch, und du hast mir gesagt, dass sie in Oradell wohnen.“ Oh, stimmt.
„Ich sollte jetzt auflegen, meine Verwandten kommen.“ Meine Mutter hat offenbar beschlossen, dass jetzt die beste Zeit ist, die Zuckerdose aufzufüllen.
„Gut, viel Spaß noch, ich melde mich, wenn ich zurück bin.“
Nachdem ich aufgelegt habe, versuche ich sofort aus der Küche zu flüchten, aber es klappt nicht. Meine Mutter fragt mich, ob ich noch Kaffee möchte, was nichts anderes bedeutet, als dass sie ein Gespräch mit mir führen will. „Was war das für ein Junge?“
„Nur ein Kollege.“ Wenn er eines nicht ist, dann ein
Junge
.
„An Weihnachten.“
Ich küsse sie auf die Wange und danke ihr noch einmal für den Computer. Ich sehe genau, dass sie das Thema nicht wechseln will. Gleich wird sie mir sagen, dass ich mich nicht mit Jungs einlassen sondern viel lieber was für meine Zukunft tun soll.
Als ich zurück in unsere Wohnung komme, ist Roseanne bereits da. Mein Dad hat mich gebracht, damit wir meinen Computer installieren können. Als Roseanne meinen Vater erblickt, entschuldigt sie sich sofort dafür, dass sie nichts zu Essen vorbereitet hat.
Es dauert ungefähr zwei Stunden, bis wir den Computer zum Laufen bringen. Es überrascht mich, dass mein Vater viel besser über Computer Bescheid weiß als ich. Als wir mit einer Flasche Bier auf meinem Bett sitzen, zeigt er mir die Funktionen, die ihm der Verkäufer im Computerladen erklärt hat. Es ist irgendwie schön zu sehen, wie mein Vater sich für Etwas begeistern kann.
„Hey Daddy, vielleicht solltest du dir auch einen Computer zulegen.“
„Im Moment haben wir nicht genügend Geld.“
„Kannst du das nicht von der Steuer absetzen?“ Mein Vater wirft mir diesen Blick zu, den er immer dann draufhat, wenn er glaubt, dass ich über Dinge spreche, die nur Erwachsene verstehen, wie z.B. Mietzahlungen, Rechnungen, Steuern. Er nickt mir zu.
„Vielleicht könnte ich das tun.“
„Hey, sollen wir vielleicht Pizza bestellen?“
„Danke, Kind, aber ich sollte jetzt wieder nach Hause fahren.“ Chuck, Monicas neuer Freund, kommt morgen Abend zu Besuch. „Ich kann dir aber etwas Geld geben, wenn du Hunger hast.“ Er zieht seine Geldbörse heraus und will mir zehn Dollar geben.
„Dad, also wirklich … okay.“ Ich nehme den Schein, nicht weil ich ihn brauche, sondern weil es doch mein Dad ist, und ich glaube ihm gefällt der Gedanke, dass ich immer wieder mal etwas Bargeld von ihm brauchen könnte. Ich bringe ihn nach unten. „Komm gut nach Hause.“
„Ja, du auch. Hör mal, Kind, deine Mom und ich sind sehr stolz auf dich. Du kannst jederzeit kommen, wenn du Hilfe brauchst. Wir wissen, dass du gut auf dich aufpassen kannst, aber wir helfen dir immer gerne.“ Er tätschelt mir den Kopf.
„Danke, Daddy.“
Ich besorge ein Stück Pizza mit Käse und zwei ohne Käse aber mit Pilzen und gehe wieder nach Hause. „Wie war’s bei dir?“ Ich lasse mich neben Roseanne aufs Sofa plumpsen.
„Na ja, ich glaube meine Mom ist ziemlich sauer, dass ich nach New York gezogen bin. Sie hat irgendeinen Vollidioten als Freund und war ziemlich genervt. Weihnachten war aber einigermaßen
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