Manöver im Herbst
ihm.
»Ich höre gerade, daß Sie der Lieferant unserer Socken sind«, sagte er. »Sie sind gut, nur die Naht ist etwas stark und drückt bei langen Märschen. Man müßte eine weniger auftragende Naht haben …«
»Das läßt sich machen«, antwortete Heinrich Emanuel Schütze müde. Der Sturz von der Höhe des Feldherrn zum Sockenlieferer mußte erst überwunden werden. »Ich werde die neuen Socken bei einer anderen Fabrik in Auftrag geben, Herr General …«
Er sah hinab ins Tal. Die Panzer fuhren, Nebelwerfer zogen dichte Wolken über sie. Die Wipfel der Bäume wogten dazwischen wie tausend winkende Hände.
»Wie gefällt Ihnen das Manöver?« fragte der General freundlich. »Es ist schwer, sich ein Bild zu machen, nicht wahr? Waren Sie auch Soldat …?«
Schütze nickte. »Ja …«, stotterte er. »Ich war Soldat … kurz nur …«
Zweiunddreißig Jahre lang – was war davon geblieben? Einige tausend marschierende Socken mit zu harten Nähten.
Schütze sah den General fast bettelnd an.
»Darf ich noch einmal durch das Scherenfernrohr sehen?«
»Aber ja. Bitte.«
Ganz still stand dann Heinrich Emanuel Schütze wieder hinter dem Rohr. Ganz still und versunken. Stumm vor Glück und Ergriffenheit.
Er genoß die Seligkeit, ein Feldherr zu sein –
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