Manta 02 - Orn
Erde sowieso nicht genau überein, aber die Zahl der Bäume, von denen die Blätter abfielen, sagte einiges über die Jahreszeit aus. Es mochte im Winter überhaupt keinen Schnee, vielleicht aber auch mehr als einen Meter davon geben, aber es konnte kalt genug werden, die Laubbäume zu entblättern. Sie würden sich auf das Schlimmste vorbereiten müssen oder.
»Laßt uns nach Süden gehen«, rief sie. »In die Tropen, wo es das ganze Jahr warm ist. Erforschen. Reisen. Kartographieren.«
»Du klingst, als ob wir hier ewig bleiben«, stellte Cal fest.
Die Art und Weise, in der er das sagte, hatte etwas Komisches an sich. Er hat vor etwas Angst, dachte sie, und das machte sie unruhig. War es, daß ein langfristiger Aufenthalt sie dazu zwingen würde, sich dem Naturzustand anzunähern - Kinder kriegen und Häuser bauen? Oder daß solches Tun das Gleichgewicht der Natur stören und auf Grund des Paradoxon-Effekts den Status quo auf der Erde gefährden würde? Sie neigte dazu, dies zu ignorieren. Irgendwie bezweifelte sie, daß das, was sie hier taten, Einfluß auf die Erde dort haben würde, was auch immer die Theorie sagte. Und wenn es geschah - nun, auch gut.
»Tatsächlich haben wir schon mehr als genug Daten zur Hand, um einen Bericht über Paläo zu verfassen«, fuhr Cal fort.
Sie spürte, wie sich die Haut an ihren Unterarmen zusammenzog - eine nervöse Reaktion, zu der es früher öfter gekommen war als jetzt. Sie hatte die ihnen übertragene Mission vergessen oder versuchte, sie zu vergessen. Die Wahrheit war, daß sie die Aussicht auf eine Rückkehr zur Erde oder zu irgendeiner anderen Mission, die auf sie warten mochte, mit einem Unbehagen betrachtete, das an Alarmstimmung grenzte. Sie liebte Paläo, obwohl sie sich davon vor einem Augenblick noch gelangweilt gefühlt hatte. Sie liebte seine Wildheit »In der Wildheit liegt die Rettung der Welt«, erinnerte sie sich von irgendwo -, und sie würde sich lieber mit ihren Problemen auseinandersetzen als mit denen der Gesellschaft auf der Erde.
Aber sie hatten keinen Vorwand, noch länger zu zögern. Der Beginn des Winters brauchte sie nicht ZH kümmern, wenn sie zur Station zurückkehrten und ihren Bericht abgeben wollten. Ihre Radioausrüstung befand sich in gutem Zustand.
Sie war sich jetzt jedoch sicher, daß Cal gar nicht zurückgehen wollte, obwohl sie gleichfalls wußte, daß es sinnlos sein würde, in ihn zu dringen. Er begriff etwas, das sie nicht begriff, etwas, das ihn mit tiefer Sorge erfüllte, das er aber für sich behalten wollte. Er würde sich wohl überreden lassen, nach Süden zu gehen - irgendwohin, nur nicht zurück -, wenn sie ihm einen überzeugenden Vorwand an die Hand gab.
Dennoch wollte sie ihre wahren Gefühle noch nicht offenbaren. Wie sah Veg die Dinge?
»Wir könnten nicht gegen den Wind segeln«, sagte Veg. »Vermutlich würden wir sinken, wenn wir den ganzen Weg kreuzen, und das dauert bei klarem Wetter einen ganzen Monat. Außerdem würden wir unterwegs Hunger kriegen.« Er lebe hoch! Sie spürte eine Anwandlung von besonderer Zuneigung zu dem großen, einfachen Mann, der in seiner Art so naiv, in seinen Handlungen aber so praktisch war. Ohne gewaltige Vorbereitungen konnten sie nicht zurückkehren.
»Ich dachte natürlich an einen Bericht per Funk«, sagte Cal unbeirrt. »Wir können nicht umkehren, bis sich die Winde mit dem Jahreszeitenwechsel drehen, obgleich das jetzt jeden Tag passieren kann.«
Das beruhigte sie nicht sonderlich, obgleich sie nicht sicher war, warum nicht. Cal schien auf Zeit zu spielen, und ein Funkbericht würde offiziell nach Pflichterfüllung aussehen.
»Ich dachte, dein Bericht kommt ganz am Schluß«, sagte Veg.
»Nicht unbedingt. Wir sollten den Zustand dieser Welt bestimmen und einen Bericht für die nächste Pha- sen-Verbindung zur Erde vorbereiten. Es war davon ausgegangen worden, daß der Bericht durch die verschiedensten Verzögerungen einen Monat oder zwei warten müßte, vielleicht sogar noch länger. Aber wir haben diese Aufgabe erfüllt. Dies ist definitiv das Paläo- zän. Die gesamte Fauna und Flora paßt. Es gibt Millionen Beweise dafür, daß eine zufällige Übereinstimmung ausgeschlossen ist. Dies kann kein fremder Planet sein.«
»Was ist mit der Geographie?«
»Das habe ich schon erklärt. Ihre Karte scheint akkurat zu sein, und sie ist.«
»Wir könnten vielleicht an der Küste entlangsegeln und es herausfinden«, sagte Veg. »Uns vergewissern, daß es keinen Kontinent
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