Manta 02 - Orn
gibt, der da nicht hingehört, oder so was.«
Plump, plump, dachte sie. Nach diesem Köder würde er niemals schnappen.
Cal lächelte kläglich. »Mit anderen Worten, du stimmst wieder mit 'Quilon.«
Wollte er überstimmt werden? Was ging in seinem Kopf vor?
Veg bekam den tieferen Sinn nicht mit und zuckte die Achseln. »Dadurch kriegen wir die Zeit rum, und vielleicht lernen wir etwas Neues für deinen Bericht. Besser als hier herumzusitzen und auf den Wind zu warten.« Sie segelten am Tag, kreuzten an der Küste entlang und schafften etwa dreißig Kilometer pro Tag, bevor sie abends einen Hafen anliefen. Es war gut, wieder unterwegs zu sein.
Ein Monat verging wie der Hauch des Windes, und es war gut. Allmählich kamen sie um die Kurve des Kontinents herum und segelten nun nach Süd-Südwest, meistens vor dem wechselnden Wind. Sie hatten vielleicht zwölf- bis dreizehnhundert Kilometer zurückgelegt und lediglich festgestellt, daß die Landschaft des
Paläozäns bemerkenswert einförmig war, obgleich sich Aquilon vor Augen führte, daß dies so sein konnte, weil ihre Fahrt nach Süden mit dem kommenden Herbst Schritt hielt.
Die Mantas blieben die ersten paar Tage auf dem Floß, zogen es dann vor, an Land zu reisen. Sie pflegten am Morgen zu verschwinden und am Abend im neuen Lager wieder aufzutauchen. Manchmal kamen nur einer oder zwei zurück, während die anderen tagelang irgendwo anders herumstreiften. Ja, ihnen gefiel Paläo!
Es war Circe, die die Ruhe brach, indem sie kurz vor der Dämmerung Aquilon eine Neuigkeit überbrachte.
»Berge? Hohe?« erkundigte sich Aquilon, die die Antworten des Mantas so jetzt so schnell deuten konnte, als handele es sich um einen Dialog zwischen Menschen. »Außergewöhnlich? Schneebedeckt? Und.«
Aufgeregt sprach sie zu den anderen: »Es scheint, daß dreihundert Kilometer südlich von uns extrem hohe Berge liegen. Sechstausend Meter hoch oder mehr. Sie bilden eine echte Mauer, und eine Anzahl von ihnen sind aktive Vulkane. Die Mantas kommen wegen der Kälte an Land nicht über sie hinweg und trauen auch der Wasserroute nicht.«
»Wie kann ein aktiver Vulkan Schnee auf dem Gipfel haben?« wollte Veg wissen. »Er ist heiß, nicht wahr? Sonst würde der Schnee ihn löschen.«
»Dummkopf! Vulkane stehen nicht unter Feuer«, wies sie ihn zurecht. »Sie können während eines Schneesturms ausbrechen oder unter Wasser, wie es viele tun.«
Aber sie war erregt. Endlich waren sie auf etwas Untypisches gestoßen, auf etwas, das die Karte oder Cals Kenntnisse von der Geographie des Paläozäns nicht auswies. Mächtige aktive Vulkane, Schulter an Schulter, in Amerika.
Die Mantas waren weit vorausgeeilt und hatten das Territorium erkundet. Aber sie waren von diesen Bergen gestoppt worden, zu Land und zu Wasser. In der Tat eine mächtige Barriere, denn die Mantas hatten eine große Reichweite bei ihren Reisen.
»Wenn das die Region ist, aus der der Tsunami kam«, sagte Cal, »dann sollten wir uns ihr mit äußerster Vorsicht nähern.«
Aquilon nickte ernst, aber innerlich jubilierte sie. Dies versprach ein unvergeßliches Erlebnis zu werden. Und das war, trotz aller Bedenken, genau das, was sie sich sehnlichst wünschte.
IX Orn
Die Berge waren hoch, und eisige Winde peitschten durch den Paß. Die Kette war neu. Orns Erinnerungen an die Landschaft dieses tropischen Teils des Subkontinents zeigten eine flache Ebene an, die gelegentlich von Ausläufern des Ozeans überflutet war. Die Naturkräfte hatten in ungewöhnlicher Weise dafür gesorgt, daß es zu dieser Gebirgsbildung gekommen war. Dennoch war es möglich, daß seine geistige Landkarte nicht stimmte, denn dieses Gebiet lag ganz an ihrem Rand. Keiner seiner Vorfahren war weit über diese Örtlichkeit hinaus gekommen, weil die See sie gestoppt hatte. Die Bergkette und alles, was dahinter liegen mochte, mußte in den letzten paar Millionen Jahren vollständig aus dem Ozean aufgetaucht sein.
Orn wäre umgekehrt und hätte eine andere Route gesucht. Aber es war ein langer, schwieriger Aufstieg gewesen, das Wild war rar, und er hatte Hunger. Beute mochte ganz nahe sein. Mit Sicherheit befand sie sich nicht hinter ihm. Er rannte weiter und erzeugte neue Wärme, um die zu ersetzen, die der Wind ihm raubte. Wenn die Lage dieses Passes typisch war, würde der Abstieg bald beginnen.
So war es. Als Orn den Kamm überschritt, änderte sich das Wetter. Die kalte trockene Luft wurde zu kalter feuchter Luft, die sich stetig
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