Mantel, Hilary
nicht ein, dass er nicht bekommen soll, was er will. Der
Reichtum von neunundzwanzig Klöstern ist in diese Stiftungen geflossen - mit
Genehmigung des Papstes, aber eben unter der Bedingung, dass die Einnahmen aus
der Auflösung der Klöster für die Colleges verwendet werden. Wissen Sie denn
nicht, sagt Henry, dass mir der Papst und seine Genehmigungen inzwischen
relativ gleichgültig sind?
Es ist früher Sommer. Die
Abende sind lang, das Gras und die Luft duften. Man würde meinen, dass ein Mann
wie Henry sich in einer Nacht wie dieser in jedes Bett legen könnte, das ihm
behagt. Der Hof ist voller bereitwilliger Frauen. Aber nach diesem Gespräch
wird er mit Lady Anne im Garten spazieren gehen, ihre Hand wird auf seinem Arm
liegen, sie werden sich angeregt unterhalten; und dann wird er in sein leeres
Bett gehen und sie, nimmt man an, in ihres.
Als der König ihn fragt, was
er vom Kardinal hört, sagt er, dass dieser das Licht im Antlitz seiner
Majestät vermisse, dass die Vorbereitungen für seine Inthronisierung in York
im Gang sind. »Und warum geht er dann nicht nach York? Mir scheint, er schiebt
es immer wieder auf.« Henry funkelt ihn an. »Das muss ich Ihnen lassen. Sie
halten zu Ihrem Mann.«
»Ich habe niemals etwas
anderes als Freundlichkeit vom Kardinal erfahren. Warum sollte ich anders
handeln?«
»Und Sie haben keinen anderen
Herrn«, sagt der König. »Mylord Suffolk fragt mich, wo kommt der Mann her? Ich
sage ihm, es gibt Cromwells in Leicestershire, Northamptonshire —
Grundbesitzer, zumindest waren sie es einmal. Ich vermute, Sie entstammen einem
unglücklichen Zweig dieser Familie?«
»Nein.«
»Vielleicht kennen Sie Ihre
eigenen Vorfahren nicht. Ich werde die Herolde bitten, der Sache auf den Grund
zu gehen.«
»Seine Majestät ist
freundlich. Aber sie werden kaum Erfolg haben.«
Der König ist verärgert, weil
er sich weigert, das vorteilhafte Angebot anzunehmen: ein Stammbaum, wie
dürftig auch immer. »Mylord Kardinal hat mir erzählt, Sie seien Waise. Er hat
mir erzählt, Sie seien in einem Kloster aufgezogen worden.«
»Ach. Das war eine seiner
kleinen Geschichten.«
»Er hat mir kleine Geschichten
erzählt?« Verschiedene Empfindungen wechseln sich auf dem Gesicht des Königs
ab: Verärgerung, Belustigung, der Wunsch, vergangene Zeiten zurückzurufen.
»Nun ja, vermutlich. Er hat mir erzählt, dass Sie jene verabscheuen, die ein
religiöses Leben führen. Deshalb haben Sie die Aufgaben, die er Ihnen gegeben
hat, so gewissenhaft erfüllt.«
»Das war nicht der Grund.« Er
sieht auf. »Darf ich sprechen?«
»Oh, um Himmels willen«, ruft
Henry. »Ich wünschte, jemand würde das tun.«
Er ist erschrocken. Dann
versteht er. Henry wünscht ein Gespräch über ein beliebiges Thema. Eines, das
nicht mit Liebe oder Jagd oder Krieg zu tun hat. Jetzt, da Wolsey fort ist,
ergibt sich eine solche Gelegenheit nicht mehr oft, es sei denn, man möchte
mit einem Geistlichen irgendeiner Couleur sprechen. Aber wenn man nach einem
Priester schickt, wohin wendet sich das Gespräch alsbald? Zur Liebe, zu Anne,
zu dem, was man will und nicht haben kann.
»Wenn Sie mich nach den
Mönchen fragen, spreche ich aus Erfahrung, ohne Vorurteile, und obwohl ich
keinen Zweifel habe, dass einige Stiftungen gut geführt werden, habe ich
überwiegend Verschwendung und Verderbnis gesehen. Darf ich etwas vorschlagen?
Wenn Majestät eine Parade der sieben Todsünden sehen möchte, sollten Sie keinen
Maskenball bei Hof veranstalten, sondern unangekündigt ein Kloster besuchen.
Ich habe Mönche wie große Herren leben sehen — von den Spenden armer Leute, die
lieber einen Segen kaufen als Brot, und das ist kein christlicher Lebenswandel.
Ich halte die Klöster auch nicht für Stätten der Gelehrsamkeit, wie andere es
tun. War Grocyn Mönch oder Colet oder Linacre oder irgendein anderer unserer
großen Gelehrten? Sie kamen von der Universität. Die Mönche nehmen Kinder auf
und benutzen sie als Diener, sie lehren sie nicht einmal Küchenlatein. Ich
missgönne ihnen durchaus nicht gewisse leibliche Annehmlichkeiten. Es kann
nicht immer Fastenzeit sein. Was ich nicht ertragen kann, sind Heuchelei,
Betrug, Untätigkeit - ihre verschlissenen Reliquien, ihren abgedroschenen
Gottesdienst und den fehlenden Erfindungsgeist. Wann hat ein Kloster das
letzte Mal etwas Gutes hervorgebracht? Sie erfinden nicht, sie wiederholen nur,
und was sie wiederholen, entstellen sie. Hunderte von Jahren hatten die Mönche
die Feder in
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