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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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Wyatt demnächst aus Calais
zurückkommt.« Ja, und? »Ich frage mich, ob ich es ihm sagen sollte. Henry,
meine ich. Der arme Teufel.«
    »Mylord, das würde ich
lassen«, sagt er. Der Herzog verfällt in etwas, das man bei einem anderen Mann
stummes Nachdenken nennen würde.
     
    Sommer: Der König jagt. Wenn
er, Cromwell, ihn braucht, muss er ihm hinterherjagen, und wenn man nach ihm
schickt, eilt er. In diesem Sommer reist Henry mit seinem Hofstaat zu seinen
Freunden in Wiltshire, in Sussex und in Kent, wohnt in seinen eigenen Häusern
oder in denen, die er dem Kardinal weggenommen hat. Auch jetzt noch reitet die
Königin in stämmiger kleiner Person manchmal mit einem Bogen aus, wenn der
König in einem seiner großen Parks jagt oder in den Parks irgendwelcher Lords,
wo die Hirsche auf die Bogenschützen zugetrieben werden. Lady Anne reitet auch
- zu anderen Gelegenheiten - und genießt die Verfolgung. Aber zu bestimmten
Zeiten lässt man die Damen auch zu Hause und reitet mit den Fährtenhunden und
den Bracken in den Wald; wenn man vor Tagesanbruch aufsteht und das Licht trüb
ist wie eine Perle, wenn man sich mit den Rüdemännern berät und dann den
ausgewählten Hirsch aus der Deckung drückt. Man weiß nicht, wo die Jagd enden
wird oder wann.
    Harry Norris sagt lachend zu
ihm: Bald sind Sie an der Reihe, Master Cromwell, sollte er Sie weiterhin so
bevorzugen wie jetzt. Ein guter Rat: Gleich zu Beginn des Tages, wenn Sie
ausreiten, suchen Sie sich einen Graben aus. Stellen Sie sich diesen Graben
bildlich vor. Wenn er drei gute Pferde ausgelaugt hat, wenn das Horn zu einer
weiteren Jagd bläst, werden Sie von diesem Graben träumen, Sie werden sich vorstellen,
darin zu liegen: Sie werden nach nichts anderem verlangen als nach verwelkten
Blättern und kühlem Grabenwasser.
    Er sieht Norris an: diese
charmante Selbstironie. Er denkt: Du warst in Putney dabei, als mein Kardinal
im Dreck auf die Knie fiel, du trägst die Bilder im Kopf; hast du sie dem Hof
zur Verfügung gestellt, der Welt, den Studenten von Gray's Inn? Wenn nicht du,
wer dann?
    Im Wald kannst du dich
verlaufen, so ganz ohne Gefährten. Du kannst an einen Fluss kommen, der nicht
auf einer Karte verzeichnet ist. Du kannst deine Beute aus dem Blick verlieren
und vergessen, warum du hier bist. Du kannst einen Zwerg treffen oder den
lebendigen Christus oder einen deiner alten Feinde; oder einen neuen Feind, einen,
den du nicht kennst, bis du sein Gesicht zwischen den raschelnden Blättern
auftauchen und seinen Dolch aufblitzen siehst. Du kannst eine schlafende Frau
an einem schattigen Ort zwischen den Blättern finden. Einen Augenblick lang,
wenn du noch nicht richtig hingeschaut hast, wirst du denken, sie ist eine
Frau, die du kennst.
     
    In Austin Friars gibt es wenig
Möglichkeiten, allein oder mit einer zweiten Person allein zu sein. Jeder
Buchstabe des Alphabets beobachtet dich. Im Kontor der junge Thomas Avery, den
du ausbildest, damit er deine privaten Finanzen in den Griff bekommt. In der
Mitte des Alphabets kommt Marlinspike, der mit seinen aufmerksamen goldenen
Augen durch den Garten streift. Gegen Ende kommt Thomas Wriothesley, den man
»Risley« ausspricht. Ein intelligenter junger Mann um die fünfundzwanzig mit
guten Beziehungen zu den Wappenherolden, denn er ist der Sohn des York Herald, der Neffe des Garter King-at-Arms. In Wolseys Haushalt hat er
unter deiner Leitung gearbeitet, dann wurde Gardiner königlicher Sekretär und
nahm ihn mit. Jetzt ist er manchmal bei Hofe, manchmal in Austin Friars. Er ist
Stephens Spion, sagen die Kinder - Richard und Rafe.
    Master Wriothesley ist groß
und hat rotblonde Haare, neigt aber nicht dazu, wie andere dieses Typs - sagen
wir mal der König - rosa anzulaufen, wenn sie zufrieden sind, und Flecken zu
bekommen, wenn sie sich ärgern; er ist immer blass und kühl, sieht immer gut
aus, ist immer beherrscht. In Trinity Hall hat er sich als Schauspieler in den
Stücken der Studenten hervorgetan, und er ist auf gewisse Weise affektiert,
ist sich seiner eigenen Person und ihrer Wirkung bewusst; sie äffen ihn hinter
seinem Rücken nach, Richard und Rafe, und sagen: »Mein Name ist Wri-oth-es-ley,
aber da ich Ihnen die Mühe ersparen möchte, können Sie mich Risley nennen.« Sie
meinen, er kompliziert seinen Namen nur deshalb auf diese Weise, damit er
herkommen, Dinge unterschreiben und unsere Tinte aufbrauchen kann. Sie meinen,
Gardiner ist viel zu ungeduldig, um lange Namen auszusprechen, Gardiner

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