Mantel, Hilary
der Hand, und was sie geschrieben haben, halten wir für unsere
Geschichte, aber ich glaube nicht, dass sie es wirklich ist. Ich glaube, sie
haben die Geschichte unterdrückt, die sie nicht mögen, und eine geschrieben,
die Rom in einem günstigen Licht erscheinen lässt.«
Henry scheint direkt durch ihn
hindurch auf die Wand hinter ihm zu sehen. Er wartet. Henry sagt: »Soll heißen,
es sind Hundelöcher?« Er lächelt.
Henry sagt: »Unsere Geschichte
... Wie Sie wissen, sammle ich Zeugnisse. Manuskripte. Meinungen. Stelle
Vergleiche an, wie die Dinge in anderen Ländern geordnet sind. Vielleicht
möchten Sie sich mit unseren Gelehrten beraten. Geben Sie ihren Bemühungen eine
Richtung. Sprechen Sie mit Dr Cranmer - er wird Ihnen sagen, was benötigt
wird. Ich könnte das Geld gut gebrauchen, das jährlich nach Rom fließt. König
Francois ist bei weitem reicher, als ich es bin. Ich habe nicht einmal ein
Zehntel seiner Untertanen. Er besteuert sie, wie es ihm gefällt. Ich dagegen
muss das Parlament zusammenrufen. Wenn ich es nicht tue, gibt es Aufstände.« Er
fügt bitter hinzu: »Und wenn ich es tue, gibt es auch Aufstände.«
»Nehmen Sie sich kein Beispiel
an König Francois«, sagt er. »Er mag den Krieg zu sehr und den Handel zu
wenig.«
Henry lächelt schwach. »Sie
sind anderer Meinung, aber für mich ist genau das die Aufgabe eines Königs.«
»Man kann mehr Steuern
erheben, wenn der Handel läuft. Und wenn Steuern abgelehnt werden, gibt es
vielleicht andere Wege.«
Henry nickt. »Nun gut.
Beginnen Sie mit den Colleges. Setzen Sie sich mit meinen Anwälten zusammen.«
Harry Norris kommt, um ihn aus
den Privatgemächern des Königs zu führen. Ausnahmsweise lächelt er nicht,
sondern sagt recht ernst: »Ich würde nicht sein Steuereintreiber werden.«
Er dagegen denkt: Muss ich die
wichtigsten Momente meines Lebens unter Harry Norris' prüfendem Blick erleben?
»Er hat die besten Männer
seines Vaters getötet. Empson, Dudley. Hat der Kardinal nicht eines ihrer
Häuser bekommen?«
Eine Spinne krabbelt unter
einem Stuhl hervor und liefert ihm die Fakten. »Empsons Haus in der Fleet
Street. Übereignet am neunten Oktober, im ersten Jahr dieser Herrschaft.«
»Dieser ruhmreichen
Herrschaft«, sagt Norris: als würde er etwas richtigstellen.
Gregory ist fünfzehn zu Beginn
des Sommers. Er sitzt hervorragend im Sattel, und er erhält gute Noten für
seine Schwertkunst. Sein Griechisch ... nun, sein Griechisch ist auf dem
Stand, auf dem es immer war.
Aber er hat ein Problem. »Die
Leute in Cambridge lachen über meine Windhunde.«
»Warum?« Die schwarzen Hunde
sehen sich sehr ähnlich. Sie haben gebogene muskulöse Hälse und anmutige Beine;
sie blicken sanft und demütig nach unten, bis sie Beute sichten.
»Sie sagen, warum hast du
Hunde, die man nachts nicht sehen kann? Nur Verbrecher haben solche Hunde. Sie
sagen, dass ich nachts unerlaubt in den Wäldern jage. Sie sagen, ich jage
Dachse wie ein gemeiner Rüpel.«
»Was willst du?«, fragt er. »Weiße oder welche, die
gefleckt sind?«
»Beides wäre in Ordnung.«
»Ich nehme deine schwarzen
Hunde.« Nicht dass er Zeit hätte, mit ihnen rauszugehen, aber Richard oder Rafe
können das tun. »Und was ist, wenn die Leute lachen?«
»Als o wirklich, Gregory«,
sagt Johane. »Das ist dein Vater. Ich versichere dir, dass keiner wagen wird
zu lachen.«
Wenn es draußen zu nass zum
Jagen ist, brütet Gregory über der Goldenen Legende; er mag das Leben der Heiligen.
»Einige dieser Dinge sind wahr«, sagt er, »einige nicht.« Er liest Le Morte d'Arthur, und da es die neue Ausgabe
ist, scharen sie sich um ihn und blicken über seine Schulter auf die
Titelseite. »Allhier beginnt das erste Buch von dem sehr edlen und würdigen
Fürsten König Arthur, einstmals König von Großbritannien ...« Im Vordergrund
des Bildes umarmen sich zwei Paare. Auf einem hoch trabenden Pferd sitzt ein
Mann mit einem verrückten Hut, der aus gewundenen Schläuchen gemacht ist, die
wie dicke Schlangen aussehen. Alice fragt ihn: Haben Sie einen solchen Hut
getragen, als Sie jung waren, Sir? Und er sagt: Ich hatte für jeden Wochentag
eine andere Farbe, aber meine Hüte waren größer.
Hinter dem Mann sitzt eine
Frau im Sattel. »Meinst du, das soll Lady Anne darstellen?«, fragt Gregory.
»Alle sagen, dass der König nicht ohne sie sein kann, und deshalb lässt er sie
hinter sich hocken wie eine Bauersfrau.« Die Frau hat große Augen und wirkt,
als wäre ihr übel
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