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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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es wie »Ihr Hundeloch«
klingen.
    Mary sagt: »Diese Gesetze sind
gegen die Kirche. Ich wundere mich, dass unsere Lords das erlauben.«
    »Bekanntlich wurde der
Kardinal von York«, sagt die Königin, »nach den Gesetzen des Praemunire
angeklagt, weil er die Gerichtsbarkeit an sich gerissen hat, die deinem
Lordvater als Herrscher von England zusteht. Jetzt stellen Master Cromwell und
seine Freunde fest, dass die gesamte Geistlichkeit an dem Verbrechen beteiligt
war, und fordern sie auf, eine Geldstrafe von mehr als einhunderttausend Pfund
zu zahlen.«
    »Keine Geldstrafe. Wir nennen
es Spende.«
    »Ich nenne es Erpressung.« Sie
wendet sich an ihre Tochter. »Wenn du mich fragst, warum die Kirche nicht
verteidigt wird, kann ich dir nur sagen, dass es Edelmänner in diesem Land
gibt« — Suffolk, meint sie, Norfolk - »die vor Zeugen gesagt haben, sie wollen
die Macht der Kirche niederreißen, damit sie nie wieder darunter leiden müssen
- das Wort benutzen sie -, dass ein Kirchenmann so groß wird wie unser verstorbener
Legat. Dass wir keinen neuen Wolsey brauchen, darin stimme ich überein. Mit
den Angriffen auf die Bischöfe stimme ich nicht überein. Wolsey war für mich
ein Feind. Das ändert meine Gefühle für unsere Heilige Mutter Kirche aber
nicht.«
    Er denkt: Wolsey war für mich
ein Vater und ein Freund. Das ändert meine Gefühle für unsere Heilige Mutter
Kirche aber nicht.
    »Sie und der Sprecher des
Unterhauses, Audley, Sie stecken bei Kerzenlicht die Köpfe zusammen.« Die
Königin erwähnt den Namen des Sprechers, als würde sie sagen »Ihr Küchenjunge«.
»Und am Morgen bringen Sie den König dazu, sich als Oberhaupt der Kirche in
England zu bezeichnen.«
    »Wohingegen«, sagt das Kind,
»der Papst überall Oberhaupt der Kirche ist. Dem Thron des Heiligen Petrus
entspringt die Rechtmäßigkeit jeglicher Regierung. Keiner anderen Quelle.«
    »Lady Mary«, sagt er, »wollen
Sie sich nicht setzen?« Er fängt sie im selben Augenblick auf, als ihre Knie
einknicken, und setzt sie vorsichtig auf den Hocker. »Es ist nur die Hitze«,
sagt er, damit sie sich nicht schämt. Sie hebt ihre faden grauen Augen und
blickt ihn überaus dankbar an; sobald sie sitzt, verändert sich der Blick und
wird so hart wie die Mauer einer belagerten Stadt.
    »Sie sagen >dazu bringen<«,
sagt er zu Katherine. »Aber Eure Hoheit weiß besser als alle anderen, dass der
König nicht gelenkt werden kann.«
    »Aber er kann verleitet
werden.« Sie wendet sich an Mary, deren Arme auf ihren Bauch gerutscht sind.
»Jetzt also wird dein Vater, der König, als Oberhaupt der Kirche bezeichnet,
und um das Gewissen der Bischöfe zu beschwichtigen, hat man folgende Formel
eingesetzt: soweit es das Gesetz Christi erlaubte«
    »Was soll das bedeuten?«, sagt
Mary. »Es bedeutet nichts.«
    »Hoheit, es bedeutet alles.«
    »Ja. Es ist sehr klug.«
    »Ich bitte Sie«, sagt er, »es
so aufzufassen, dass der König damit lediglich einen früher wahrgenommenen
Anspruch definiert hat, der durch sehr alte Präzedenzfälle ...«
    «... in den letzten paar
Monaten erfunden ...«
    »... als sein Recht
ausgewiesen ist.«
    Unter ihrer plumpen
Giebelhaube glänzt Marys Stirn schweißnass. Sie sagt: »Was definiert ist, kann
neu definiert werden, ja?«
    »In der Tat«, sagt ihre
Mutter. »Und neu definiert zugunsten der Kirche - wenn ich mich nur ihren
Wünschen beuge und mich selbst aus dem Status der Königin und Ehefrau
entlasse.«
    Die Prinzessin hat recht,
denkt er. Da ist Spielraum für Verhandlungen. »Nichts davon ist
unwiderruflich.«
    »Nein, Sie warten darauf, was
ich an den Tisch bringe, an dem der Vertrag abgeschlossen wird.« Katherine
streckt die Hände aus - kleine, pummelige, geschwollene Hände —, um zu zeigen,
dass sie leer sind. »Nur Bischof Fisher verteidigt mich. Nur er ist standhaft
geblieben. Nur er kann die Wahrheit sagen, und die ist, dass das Unterhaus
voller Heiden ist.« Sie seufzt, ihre Hände fallen zur Seite. »Und jetzt, unter
welchem Einfluss ist mein Mann ohne Abschied fortgeritten? Das hat er noch nie
gemacht. Niemals.«
    »Er beabsichtigt, ein paar
Tage bei Chertsey zu jagen.«
    »Mit dieser Frau«, sagt Mary.
»Dieser Person.«
    »Dann reitet er über
Guildford, um Lord Sandys zu besuchen - er möchte sich seine schöne neue
Galerie in The
Vyne ansehen.«
Sein Ton ist gefällig und beruhigend wie der des Kardinals. Vielleicht zu sehr?
»Abhängig vom Wetter und vom Wild will er sich von dort aus zu William

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