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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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vermute ich; sie lacht und sagt: Was, meine
Jungfräulichkeit für einen Lebensmittelhändler?
    Er spricht mit dem König,
sobald er kann, aber der König sieht ihn mit leerem Blick an und sagt: »Der
Lordkanzler weiß, was er tut.« Anne sagt: »Ich habe es versucht; wie Sie
wissen, habe ich ihm Tyndales Bücher gegeben, in seine königliche Hand.« Er
fragt: »Kann Tyndale eventuell in dieses Königreich zurückkehren, was glauben
Sie?« Im Winter hat er mit Tyndale verhandelt, Briefe haben den Kanal
überquert. Im Frühling hat Stephen Vaughan, sein Mann in Antwerpen, ein Treffen
arrangiert: Abend, die Verschwiegenheit der Dämmerung, ein Feld außerhalb der
Stadtmauern. Als ihm Cromwells Brief ausgehändigt wurde, weinte Tyndale: Ich
möchte nach Hause kommen, sagte er, ich habe es satt, von Stadt zu Stadt und
von Haus zu Haus gehetzt zu werden. Ich möchte nach Hause kommen, und wenn der
König ja sagt, wenn er ja sagt zur Heiligen Schrift in unserer Muttersprache,
dann kann er seinen Übersetzer wählen und ich werde nie wieder etwas
schreiben. Er kann mit mir machen, was er will, mich foltern oder töten, er
soll nur erlauben, dass das englische Volk das Evangelium hört.
    Henry hat nicht nein gesagt.
Er hat nicht gesagt: niemals. Obwohl Tyndales Übersetzung und jede andere
verboten ist, ist es möglich, dass er eines Tages die Übersetzung eines
Gelehrten erlaubt, den er schätzt. Was soll er auch sonst sagen? Er möchte Anne
gefallen.
    Aber der Sommer kommt, und er,
Cromwell, weiß, dass er bis an die Grenze gegangen ist und seinen Weg zurück
ertasten muss. Henry ist zu zaghaft, Tyndale zu unnachgiebig. Seine Briefe an
Stephen schlagen einen panischen Ton an: Wir verlassen das Schiff. Er hat
nicht die Absicht, sich selbst für Tyndales Aufsässigkeit zu opfern; lieber
Gott, sagt er, More, Tyndale, die beiden verdienen einander, diese störrischen
Esel, die als Männer durchgehen. Tyndale wird sich nicht für Henrys Scheidung
aussprechen, ebenso wenig wie der Mönch Luther.
    Man sollte denken, sie würden einen winzigen Teil
ihrer Prinzipien opfern, um sich den König von England zum Freund zu machen -
aber nein.
    Und als Henry wissen will:
»Wieso maßt Tyndale sich an, mich zu beurteilen?«, schickt Tyndale pfeilschnell
eine Antwort: Ein Christenmensch darf einen anderen beurteilen.
    »Eine Katze darf einen König
ansehen«, sagt er. Er hält Marlinspike in den Armen und spricht zu Thomas
Avery, dem Jungen, den er ausbildet. Avery ist eigentlich bei Stephen Vaughan,
damit er die Gepflogenheiten der dortigen Kaufleute lernt, aber jedes Schiff
kann ihn nach Austin Friars bringen, ihn und seine kleine Tasche, in der ein
Wams aus Wolle und ein paar Hemden liegen. Wenn er hereingepoltert kommt, ruft
er nach Mercy, nach Johane, nach den kleinen Mädchen, für die er Konfekt und
modischen Schnickschnack von den Straßenhändlern mitbringt. Ein paar Knüffe
treffen Richard, Rafe, Gregory, wenn er zu Hause ist; ich bin wieder da, sollen
sie sagen, aber immer hält er seine Tasche fest unter den Arm geklemmt.
    Der Junge folgt ihm in sein
Büro. »Haben Sie nie Heimweh gehabt, Master, als Sie auf Ihren Reisen waren?«
    Er zuckt mit den Schultern:
Vielleicht, wenn ich ein Zuhause gehabt hätte. Er setzt die Katze ab, öffnet
die Tasche. Mit dem Finger fischt er einen Rosenkranz heraus; zur Schau, sagt
Avery, und er sagt: Guter Junge. Marlinspike springt auf seinen Schreibtisch,
er späht in die Tasche, betupft den Inhalt mit der Pfote. »Die einzigen Mäuse
darin sind aus Zucker.« Der Junge zieht die Katze an den Ohren, balgt mit ihr.
»In Master Vaughans Haus gibt es keine kleinen Tiere.«
    »Er ist durch und durch
Geschäftsmann, unser Stephen. Und sehr streng dieser Tage.«
    »Er sagt: Thomas Avery, wann
bist du letzte Nacht nach Hause gekommen? Hast du an deinen Herrn geschrieben?
Warst du in der Messe? Als ob er sich etwas aus der Messe macht! Fehlt nur
noch, dass er fragt: Wie war dein Stuhlgang?«
    »Im nächsten Frühjahr kannst
du nach Hause kommen.«
    Während sie sprechen, rollt er
das Wams auseinander. Er schüttelt es, wendet es auf links, und mit einer
kleinen Schere beginnt er, eine Naht aufzutrennen. »Ordentliche Stiche ... Wer
hat das genäht?«
    Der Junge zögert; er wird rot.
»Jenneke.«
    Aus dem Futter zieht er das
dünne zusammengefaltete Papier heraus. Faltet es auseinander. »Sie muss gute
Augen haben.«
    »Das hat sie.«
    »Und sind es auch schöne
Augen?« Er sieht hoch und lächelt. Der

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