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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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Moment
des Aufpralls sind die Augen des Königs geöffnet, sein Körper ist gewappnet für
den atteint; mustergültig
nimmt er den Schlag entgegen, dessen Wucht von einem stark gerüsteten Körper
aufgefangen wird, er bewegt sich in die richtige Richtung, er bewegt sich mit
der richtigen Geschwindigkeit. Seine Gesichtsfarbe ändert sich nicht. Seine
Stimme zittert nicht.
    »Gesund?«, sagt er. »Dann
danke ich Gott für das Wohlwollen, das er uns erweist. Wie ich Ihnen danke,
Mylords, für diese angenehme Nachricht.«
    Er denkt: Der König hat es
geprobt. Ich vermute, das haben wir alle.
    Der König geht davon in seine
eigenen Gemächer. Sagt über die Schulter: »Nennen Sie sie Elizabeth. Streichen
Sie die Turnierzweikämpfe.«
    Einer der Boleyns blökt: »Die anderen
Feierlichkeiten wie geplant?«
    Keine Antwort. Cranmer sagt:
Alles wie geplant, bis wir etwas anderes hören. Ich soll Taufpate für die ...
die Prinzessin sein. Er stockt. Er kann es kaum glauben. Für sich selbst hat er
eine Tochter bestellt und eine Tochter bekommen. Seine Augen folgen Henrys
Rücken, der sich entfernt. »Er hat sich nicht nach der Königin erkundigt. Er
hat nicht gefragt, wie es ihr geht.«
    »Das ist doch wohl nicht
wichtig.« Edward Seymour, der brutal ausspricht, was alle denken.
    Dann bleibt Henry auf seinem
langen einsamen Gang stehen, dreht sich um. »Mylord Erzbischof. Cromwell. Aber
nur Sie.«
    In Henrys Gemach: »Hätten Sie
sich das vorstellen können?«
    Einige würden lächeln. Er
nicht. Der König lässt sich in einen Sessel fallen. Der Drang überkommt ihn,
eine Hand auf seine Schulter zu legen, wie man das bei jedem untröstlichen
Lebewesen tut. Er widersteht ihm; er biegt einfach seine Finger schützend zur
Faust, die das Herz des Königs hält. »Eines Tages werden wir eine glänzende Ehe
für sie arrangieren.«
    »Armes Ding. Ihre eigene
Mutter wird sie fortwünschen.«
    »Eure Majestät ist jung
genug«, sagt Cranmer. »Die Königin ist stark und ihre Familie ist fruchtbar.
Sie können bald wieder ein Kind bekommen. Und vielleicht beabsichtigt Gott einen
besonderen Segen mit dieser Prinzessin.«
    »Mein lieber Freund, ich bin
sicher, dass Sie recht haben.« Henry klingt unschlüssig, aber er sieht sich um,
um Stärke aus seiner Umgebung zu ziehen, als hätte Gott vielleicht eine
freundliche Botschaft an der Wand hinterlassen: obwohl nur solche der
feindseligen Art überliefert sind. Er holt tief Atem, steht auf und schüttelt
die Ärmel aus. Er lächelt: Und man kann ihn im Fluge ergreifen, als wäre er
ein Vogel mit einem stark schlagenden Herzen - den Willensakt, der einen
trostlosen armen Teufel in den Leitstern seiner Nation verwandelt.
    Später flüstert er Cranmer zu:
»Es war, als sähe man Lazarus aufstehen.«
    Bald schreitet Henry im Palast
von Greenwich umher und setzt die Feierlichkeiten in Gang. Wir sind jung genug,
sagt er, und das nächste Mal wird es ein Junge. Eines Tages werden wir eine
glänzende Ehe für sie arrangieren. Glaubt mir, Gott beabsichtigt einen
besonderen Segen mit dieser Prinzessin.
    Die Gesichter der Boleyns
hellen sich auf. Es ist Sonntag, vier Uhr nachmittags. Er geht und lacht ein
bisschen über die Schreiber, die »Prinz« auf ihre Proklamationen geschrieben
haben und nun einige Extrabuchstaben hineinquetschen müssen, dann geht er
zurück, um die Ausgaben für den Haushalt der neuen Prinzessin zu errechnen. Er
hat empfohlen, dass Gertrude, Lady Exeter, zu den Taufpaten des Kindes gehört.
Warum soll nur die Magd eine Vision von Ihr haben? Es wird ihr gut tun, vom
ganzen Hof gesehen zu werden, wie sie gezwungen lächelt und Annes Baby am
Taufbecken hält.
     
    Besagte Magd ist nach London
gebracht und in einem privaten Haus untergebracht worden; dort sind die Betten
weich und die Stimmen in ihrer Umgebung, die Stimmen der Cromwell-Frauen,
stören ihre Gebete kaum; dort wird der Schlüssel in dem geölten Schloss mit
einem Klicken umgedreht, das nicht lauter als das Brechen eines Vogelknochens
ist. »Isst sie?«, fragt er Mercy, und sie sagt: Sie isst genauso herzhaft wie
du: ach nein, Thomas, vielleicht nicht ganz so herzhaft.
    »Und was ist aus ihrem Projekt
geworden, sich von der Kommunionshostie ernähren zu wollen?«
    »Sie können ihr doch nicht
mehr beim Essen zusehen, diese Priester und Mönche, die sie dazu verleitet
haben.«
    Ihrem prüfenden Blick
entzogen, hat die Nonne begonnen, sich wie eine normale Frau zu benehmen und
den simplen Forderungen ihres Körpers

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