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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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und der Junge leiden mussten, weil der Wind die Flammen wiederholt von
ihnen wegblies. Der Tod ist ein Spaßvogel — ruf ihn herbei, und er kommt nicht.
Er ist ein Witzbold - er lauert dir im Dunkeln auf, ein schwarzes Tuch über dem
Gesicht.
    In London gibt es Fälle von
Schweißfieber. Der König, der sein ganzes Volk verkörpert, hat jeden Tag alle
Symptome.
    Jetzt starrt Henry auf den
fallenden Regen. Um sich aufzumuntern, sagt er: Er lässt vielleicht nach,
Jupiter ist am Aszendenten. Nun, sagen Sie ihr, sagen Sie der Königin ...
    Er wartet, die Feder in
Bereitschaft.
    Nein, das reicht. Geben Sie es
mir, Thomas, ich werde es unterschreiben.
    Er wartet darauf, dass der
König ein Herz zeichnet. Aber die Tändeleien des Werbens sind vorbei. Die Ehe
ist eine ernsthafte Angelegenheit. Henricus Rex.
    Ich glaube, ich habe einen
Magenkrampf, sagt der König. Ich glaube, ich habe Kopfweh. Mir ist schlecht,
und ich habe schwarze Punkte vor den Augen, das ist ein Zeichen, habe ich
recht?
    Wenn sich Majestät ein wenig
ausruhen, sagt er. Und Mut fassen.
    Sie wissen, was man über das
Schweißfieber sagt. Heiter beim Frühstück, mittags schon tot. Aber wussten
Sie, dass es Sie innerhalb von zwei Stunden töten kann?
    Er sagt: Ich habe gehört, dass
einige Leute aus Angst sterben.
    Am Nachmittag kämpft sich die
Sonne durch. Lachend gibt Henry seinem Reitpferd unter den tropfenden Bäumen
die Sporen. In Smithfield wird Frith zusammengeschaufelt, seine Jugend, seine
Anmut, seine Gelehrsamkeit und seine Schönheit: eine Zusammenballung von
Schlamm, Fett, verkohlten Knochen.
    Der König hat zwei Körper. Der
erste existiert innerhalb der Grenzen seines physischen Seins; man kann ihn
messen, und das tut Henry oft, seine Taille, seine Wade, die anderen
Körperteile. Der zweite ist sein fürstlicher Doppelgänger: losgelöst,
ungebunden, gewichtslos, kann er gleichzeitig an mehreren Orten sein. Henry mag
im Wald jagen, während sein fürstlicher Doppelgänger Gesetze macht. Der eine
kämpft, der andere betet um Frieden. Einer ist eingehüllt in das Geheimnis seines
Königtums: einer isst eine junge Ente mit grünen Erbsen.
    Der Papst sagt jetzt, dass
seine Ehe mit Anne nichtig ist. Er wird ihn exkommunizieren, wenn er nicht zu
Katherine zurückkehrt. Die Christenheit wird ihn abstreifen, Körper und Seele,
und seine Untertanen werden sich gegen ihn auflehnen und ihn verstoßen, in die
Schmach, ins Exil; kein christliches Heim wird ihm Unterschlupf gewähren, und
wenn er stirbt, wird sein Körper zusammen mit Tierknochen in einer Leichengrube
vergraben.
    Er hat Henry gelehrt, den
Papst »Bischof von Rom« zu nennen. Zu lachen, wenn sein Name erwähnt wird. Auch
wenn es ein unsicheres Gelächter ist, ist es doch besser als sein früherer
Kniefall.
    Cranmer hat die Prophetin,
Elizabeth Barton, zu einem Gespräch in sein Haus in Kent eingeladen. Sie hat
eine Vision von Mary, der früheren Prinzessin, als Königin gehabt? Ja. Von
Gertrude, Lady Exeter, als Königin? Ja. Er sagt sanft: Beides zusammen geht
nicht. Die Magd sagt: Ich berichte nur, was ich sehe. Er schreibt, dass sie
lebhaft und selbstsicher ist; sie ist an den Umgang mit Erzbischöfen gewohnt,
und sie hält ihn für einen weiteren Warham, der an ihren Lippen hängen wird.
    Sie ist eine Maus unter der
Pfote der Katze.
    Königin Katherine zieht um.
Mit ihrem stark verkleinerten Haushalt zieht sie in den Palast des Bischofs
von Lincoln in Buckden, ein altes Haus aus rotem Backstein mit einer großen
Halle und Gärten, die in Wäldchen und Felder übergehen und damit in das
Marschland der Fens. Der September wird ihr die ersten Früchte des Herbstes
bringen, während der Oktober den Nebel bringt.
    Der König verlangt, dass
Katherine für das Kind, auf das er wartet, die Gewänder hergibt, in denen das
Kind Mary getauft wurde. Als  er Katherines Antwort hört, muss er, Thomas
Cromwell, lachen. Die Natur hat Katherine Unrecht getan, sagt er, weil sie
keinen Mann aus ihr gemacht hat; sie hätte alle Helden der Antike übertroffen.
Ein Dokument wird ihr vorgelegt, in dem sie als »Prinzessinnenwitwe« angesprochen
wird; schockiert zeigt man ihm, wo ihre Feder das Papier beim Durchstreichen
ihres neuen Titels zerfetzt hat.
    Gerüchte gedeihen in den
kurzen Sommernächten. In der Dämmerung finden sie sich wie Pilze im feuchten
Gras. Mitglieder von Thomas Cromwells Haushalt haben nach Mitternacht eine
Hebamme gesucht. Er versteckt eine Frau in einem seiner Landhäuser, eine

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