Mantel, Hilary
dazu; wer sollte die neue
Königin feiern, wenn nicht sie? John Page kommt heraus: Ist etwas zu erledigen,
Sir? William Brabazon mit der Feder in der Hand stammt aus Wolseys alter
Mannschaft: Die Geschäfte des Königs hören niemals auf. Thomas Avery, direkt
aus seiner Buchhaltung: Immer gibt es Geld, das hereinkommt, das hinausfließt.
Als Wolsey zu Fall kam, verließ sein Haushalt ihn, Thomas Cromwells Diener
jedoch blieben, um ihrem Herrn beizustehen.
Im oberen Stockwerk knallt
eine Tür. Rafe kommt herunter, mit polternden Stiefeln, hochstehenden Haaren.
Er sieht gerötet und verwirrt aus. »Sir?«
»Dich brauche ich nicht. Ist
Helen da, weißt du das?«
»Warum?«
In diesem Augenblick erscheint
Helen. Sie ist noch dabei, ihr Haar unter eine saubere Haube zu stecken. »Sie
müssen eine Tasche packen und mit mir kommen.«
»Für wie lange, Sir?«
»Das kann ich nicht sagen.«
»Ist es außerhalb von London?«
Er denkt, ich werde etwas
arrangieren mit den Ehefrauen und Töchtern aus der City, es sind diskrete
Frauen, sie werden Diener für sie finden und eine Hebamme, eine tüchtige Frau,
die Cranmers Kind in seine Hände legt. »Vielleicht für kurze Zeit.«
»Die Kinder ...«
»Wir werden uns um Ihre Kinder
kümmern.«
Sie nickt. Eilt davon. Fast
wünscht er, die Männer in seinem Dienst wären ebenso flink wie sie. Rafe ruft
ihr nach: »Helen ...«Er sieht zornig aus. »Wo geht sie hin, Sir? Sie können
sie doch nicht einfach in die Nacht hinauszerren.«
»Oh doch, das kann ich«, sagt
er leichthin.
»Ich muss es wissen.«
»Glaub mir, das musst du
nicht.« Er gibt nach. »Wenn doch, jetzt ist keine Zeit - Rafe, ich bin müde.
Ich möchte das nicht diskutieren.«
Er könnte es vielleicht
Christophe überlassen, Helen aus der Wärme von Austin Friars in die Kälte des
Abteigeländes zu bringen, auch einigen anderen aus seinem Haushalt, die keine
Fragen stellen, oder er könnte es bis zum Morgen aufschieben. Aber die
Einsamkeit von Cranmers Frau steht ihm deutlich vor Augen, die Fremdartigkeit
der Stadt en
fite, der
verlassene Eindruck der Cannon Row, wo sogar im Schatten der Abtei mit
Sicherheit Räuber lauern. Selbst zu der Zeit König Richards war der Bezirk das
Zuhause von Diebesbanden, die nachts nach Belieben ausschwärmten und
zurückkehrten, wenn der Morgen dämmerte, um das Privileg der Zuflucht in
Anspruch zu nehmen, und zweifellos auch, um die Beute mit der Geistlichkeit zu
teilen. Ich werde mit dieser Bande aufräumen, denkt er. Meine Leute werden
hinter ihnen her sein wie Frettchen, die in einen Bau kriechen.
Mitternacht: Die Steine stoßen
moosigen Atem aus, die gepflasterten Wege sind rutschig von den Ausdünstungen
der Stadt. Helen legt ihre Hand in seine. Ein Diener lässt sie ein, die Augen
niedergeschlagen; er steckt ihm eine Münze zu, damit es dabei bleibt. Keine
Spur vom Erzbischof: gut. Eine Lampe ist entzündet. Eine Tür aufgeschoben.
Cranmers Frau liegt auf einer kleinen Liege. Er sagt zu Helen: »Das ist die
Dame, die Ihr Mitgefühl braucht. Sie sehen, in welcher Lage sie ist. Sie
spricht kein Englisch. Sie brauchen sie also gar nicht erst nach ihrem Namen zu
fragen.«
»Das ist Helen«, sagt er auf
Deutsch. »Sie hat selbst zwei Kinder. Sie wird Ihnen helfen.«
Mistress Cranmer, die Augen
geschlossen, nickt nur und lächelt. Als Helen eine sanfte Hand auf sie legt,
greift sie nach ihr und streichelt sie. »Wo ist Ihr Mann?«
»Er betet.«
»Ich hoffe nur, er betet für
mich.«
Am Tag, an dem Frith verbrannt
wird, jagt er mit dem König auf dem Land nahe Guildford. Vor der
Morgendämmerung regnet es, ein böiger Wind zerrt an den Baumwipfeln: Es regnet
in ganz England und die Ernten auf den Feldern werden durchnässt. Aber Henrys
Stimmung bekommt keine Delle. Er setzt sich, um an Anne zu schreiben, die er in
Windsor zurückgelassen hat. Nachdem er seinen Federkiel zwischen den Fingern
gedreht, sein Papier gewendet und wieder gewendet hat, verlässt ihn der Wille:
Sie machen das für mich, Cromwell. Ich sage Ihnen, was Sie schreiben sollen.
Ein Schneiderlehrling kommt
mit Frith auf den Scheiterhaufen: Andrew Hewitt.
Katherine ließ sich immer
Reliquien bringen, sagt Henry, zum Beistand, wenn sie in den Wehen lag. Einen
Gürtel der Heiligen Jungfrau. Ich habe ihn ausgeliehen.
Ich glaube nicht, dass die
Königin das will.
Und besondere Gebete zur
heiligen Margaret. Frauensachen.
Am besten überlässt man es
ihnen, Sir.
Später wird er hören, dass
Frith
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