Mantel, Hilary
wissen, dass die
Kapläne unseres Herrn ihm in Scharen hierher gefolgt sind, und alle verdienen
durch seine Großzügigkeit - was? - einhundert, zweihundert Pfund im Jahr? Daher
denke ich ... wir bringen die Kapläne und Priester dazu, die Dienerschaft
auszuzahlen, weil ich glaube, weil ich festgestellt habe, dass seine Diener
Mylord mehr lieben als seine Priester. Nun gut, lassen Sie uns essen, und nach
dem Essen bringe ich die Priester dazu, sich zu schämen, sie müssen bluten. Wir
müssen dem Haushalt mindestens für ein Quartal den Lohn geben und einen
Vorschuss dazu. Zur Vorsorge für den Tag von Mylords Wiedereinsetzung.«
»Nun«, sagt George, »wenn
irgendjemand das schafft, dann Sie.«
Er stellt fest, dass er
lächelt. Es mag ein grimmiges Lächeln sein, aber er hätte nie gedacht, dass er
heute lächeln würde. Er sagt: »Wenn das erledigt ist, werde ich Sie verlassen.
Ich komme zurück, sobald ich mir einen Platz im Parlament gesichert habe.«
»Aber es tritt in zwei Tagen
zusammen ... Wie wollen Sie das noch schaffen?«
»Ich weiß es nicht, aber
jemand muss sich für Mylord einsetzen. Sonst bringen sie ihn um.«
Er sieht Cavendish den Schmerz
an und den Schock; er möchte die Worte zurücknehmen; aber sie sind wahr. Er
sagt: »Ich kann es nur versuchen. Auf Gedeih und Verderb, bis ich Sie
wiedersehe.«
George verbeugt sich fast.
»Auf Gedeih und Verderb«, murmelt er. »Das sagt man immer so.«
Cavendish läuft durch den
Haushalt und erzählt: Thomas Cromwell hat ein Gebetbuch gelesen. Thomas
Cromwell hat geweint. Erst jetzt erkennt George, wie schlimm die Dinge stehen.
In Thessalien lebte ein
Dichter mit Namen Simonides. Er erhielt den Auftrag, zu einem Festmahl zu
erscheinen, das ein Mann namens Skopas gab, und ein Gedicht zu Ehren des
Gastgebers vorzutragen. Dichter haben bisweilen merkwürdige Einfälle, und so
fügte Simonides in sein Gedicht auch Strophen zu Ehren von Kastor und Pollux
ein, dem himmlischen Zwillingspaar. Skopas war beleidigt und sagte, er würde
nur die Hälfte des Honorars zahlen: Den Rest solle er sich bei den Zwillingen
holen.
Wenig später kam ein Diener in
den Saal. Er flüsterte Simonides zu, dass draußen zwei junge Männer warteten,
die nach ihm gefragt hatten.
Er stand auf und verließ den
Festsaal. Er schaute sich nach den beiden jungen Männern um, konnte aber
niemanden entdecken.
Als er sich umdrehte, um
wieder hineinzugehen, hörte er einen furchtbaren Lärm; Steine wurden
zerschmettert und brachen zusammen. Er hörte die Schreie der Sterbenden, als
das Dach des Saales einstürzte. Von allen Gästen war er der Einzige, der
überlebte.
Die Leichen waren völlig
zermalmt und entstellt, sodass die Angehörigen der Toten sie nicht
identifizieren konnten. Aber Simonides war ein bemerkenswerter Mann. Was er auch
sah, prägte er sich ein. Er führte jeden der Verwandten durch den zerstörten
Saal, wies auf die Überreste und sagte: Das ist der, den du suchst. Er benutzte
die Sitzordnung, die er sich eingeprägt hatte, um den Toten ihre Namen zu
geben.
Es ist Cicero, der uns diese
Geschichte erzählt. Er erzählt uns, wie Simonides an diesem Tag die
Gedächtniskunst erfand. Er erinnerte sich an die Namen, die Gesichter, einige
missmutig und aufgedunsen, andere fröhlich, wieder andere gelangweilt. Er
erinnerte sich genau daran, wo jeder in dem Augenblick gesessen hatte, als das
Dach einstürzte.
TEIL
DREI
Drei-Karten-Trick
Winter 1529 - Frühling 1530
Johane: »Du sagst: »Rafe, geh
und beschaff mir einen Sitz im neuen Parlamente Und los geht er - wie ein
Mädchen, dem man befohlen hat, die Wäsche hereinzubringen.«
»Es war ein bisschen schwerer
als das«, sagt Rafe.
Johane sagt: »Woher willst du
das wissen?«
Sitze im Unterhaus werden
überwiegend von den Lords vergeben, von Lords, Bischöfen, dem König selbst.
Eine knappe Handvoll Wähler tut unter Druck von oben normalerweise, was man
ihnen befiehlt.
Rafe hat ihm Taunton
verschafft. Es ist Wolseys Revier; sie hätten ihn nicht zugelassen, hätte der
König nicht ja gesagt, hätte Thomas Howard nicht ja gesagt. Er hatte Rafe nach
London geschickt, um das unsichere Terrain der herzoglichen Absichten zu
erkunden: um herauszufinden, was hinter dem Frettchenlächeln steckt. »Sehr verbunden, Master.«
Jetzt weiß er es. »Der Herzog
von Norfolk glaubt«, sagt Rafe, »dass Mylord Kardinal einen Schatz vergraben
hat, und er denkt, dass Sie wissen, wo er ist.«
Sie sprechen allein. Rafe:
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