Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
Vom Netzwerk:
Charles Brandon: Er sieht aus, als ob es ihm zu heiß in seinen
Kleidern ist. »Fertig?«, sagt er zum König. »Oh, Cromwell.« Er grinst. »Wie
geht es Ihrem fetten Priester?«
    Der König errötet, es missfällt
ihm. Brandon bemerkt es nicht. »Wissen Sie«, kichert er, »man erzählt sich,
der Kardinal ritt einmal mit seinem Diener aus und zügelte sein Pferd oberhalb
eines Tals, in dem er eine sehr hübsche Kirche und die dazugehörigen Ländereien
entdeckt hatte. Er sagte zu seinem Diener: Robin, wem gehört das? Ich wünschte,
das wäre meine Pfründe! Robin sagte: Das ist sie, Mylord, das ist sie.«
    Seine Geschichte findet wenig
Anklang, aber Brandon lacht selbst über sie.
    Er sagt: »Mylord, diese
Geschichte geht in ganz Italien um. Über den einen oder anderen Kardinal.«
    Brandon ist sichtlich enttäuscht. »Was, dieselbe
Geschichte?«
    » Mutatis mutandis. Der Diener heißt nicht Robin.«
Der König fängt seinen Blick auf. Er lächelt.
    Als er geht, schiebt er sich
an den Herren vorbei, und wen trifft er? Den Sekretär des Königs. »Guten
Morgen, guten Morgen!«, sagt er. Er wiederholt nicht oft etwas, aber der
Augenblick scheint danach zu verlangen.
    Gardiner reibt sich die
großen, blaugefrorenen Hände. »Kalt, nicht?«, sagt er. »Und wie war es,
Cromwell? Unangenehm, stelle ich mir vor?«
    »Ganz im Gegenteil«, sagt er.
»Übrigens, er reitet mit Suffolk zur Jagd, Sie werden warten müssen.« Er geht
weiter, dreht sich dann aber um. Er spürt einen Schmerz wie eine dumpfe
Prellung in seiner Brust. »Gardiner, können wir das nicht lassen?«
    »Nein«, sagt Gardiner. Seine
hängenden Augenlider zucken. »Nein, ich sehe nicht, wie wir das könnten.«
    »In Ordnung«, sagt er. Er geht
weiter. Er denkt: Warte ab. Du musst vielleicht ein oder zwei Jahre warten,
aber wart's einfach ab.
     
    Esher, zwei Tage später: Er ist kaum durch die
Toreinfahrt, als Cavendish schon über den Hof geschossen kommt. »Master
Cromwell! Gestern hat der König ...«
    »Ruhig, George«, rät er ihm.
    »... gestern hat er uns vier
Karrenladungen mit Sachen für den Haushalt geschickt - Sie müssen sich das
ansehen! Gobelins, Geschirr, Bettvorhänge — geschah das auf Ihre Bitte hin?«
    Wer weiß? Er hat nicht direkt
um etwas gebeten. Denn dann hätte er genauere Angaben gemacht. Nicht diesen Vorhang, sondern jenen, der wird Mylord gefallen; er
mag lieber Göttinnen als jungfräuliche Märtyrerinnen, also weg mit der
heiligen Agnes und her mit der Venus im Hain. Mylord mag venezianisches Glas;
stellen Sie diese ramponierten Silberkelche weg.
    Mit verächtlichen Blicken
inspiziert er die neuen Sachen. »Nur das Beste für die Jungs aus Putney«, sagt
Wolsey. »Es ist möglich«, fügt er fast entschuldigend hinzu, »dass die Dinge,
die der König mir zugedacht hat, gar nicht geschickt wurden. Dass niedere
Personen sie mit minderwertigen Dingen ausgetauscht haben.«
    »Das ist durchaus möglich«,
sagt er.
    »Aber trotzdem. Wir werden es
bequemer haben.«
    »Die Schwierigkeit ist«, sagt
Cavendish, »dass wir umziehen müssen. Das ganze Haus muss geschrubbt und
gelüftet werden.«
    »Das stimmt«, sagt der
Kardinal. »Der Gestank der Aborte würde sogar die heilige Agnes umhauen, Gott
segne sie.«
    »Werden Sie den Kronrat darum
bitten?«
    Er seufzt. »George, was bringt
das? Hören Sie. Ich spreche nicht mit Thomas Howard, ich spreche nicht mit
Brandon, ich spreche mit ihm.« Der Kardinal lächelt. Ein breites väterliches Lächeln.
    Als  sie eine finanzielle
Regelung für den Kardinal aushandeln, überrascht ihn Henrys Verständnis für
das Detail. Wolsey hat immer gesagt, dass der König einen guten Kopf hat, der
genauso schnell arbeitet wie der seines Vaters, aber umfassender denkt. Der
alte König wurde mit dem Alter engstirniger; er hielt England fest im Griff; es
gab keinen Adligen, den er nicht durch Schulden oder Verbindlichkeiten in der
Hand hatte, und er sagte ganz offen, wenn er schon nicht geliebt werden könne,
wolle er gefürchtet werden. Henry hat ein anderes Naturell, doch von welcher
Art? Wolsey lacht und sagt: Ich sollte Ihnen ein Handbuch schreiben. Aber als
er mit Erlaubnis des Königs in ein kleines Pförtnerhaus in Richmond umgezogen
ist und in den Gärten dort spazieren geht, ist der Verstand des Kardinals etwas
getrübt, er spricht von Prophezeiungen, er spricht über den Untergang der
englischen Priester, der, wie er meint, vorhergesagt wurde und der sich jetzt
ereignen wird.
    Selbst wenn man

Weitere Kostenlose Bücher