Mantel, Hilary
Kampf für Ihren Herrn, den Kardinal«, sagt Bonvisi, »die
Gefährten des König daran zu hindern, allzu vertraulich mit ihm umzugehen.«
»Er wollte als Einziger
vertraulich mit ihm umgehen«, behauptet More.
»Aber der König kann natürlich
aufsteigen lassen, wen er will.«
»Bis zu einem gewissen Punkt,
Thomas«, sagt Bonvisi; verhaltenes Gelächter kommt auf.
»Und der König schätzt seine
Freundschaften. Das ist doch eine gute Sache, oder nicht?«
»Ein nachsichtiges Wort, und
das von Ihnen, Master Cromwell.«
»Keineswegs«, sagt Monmouth.
»Master Cromwell ist bekannt dafür, dass er alles für seine Freunde tut.«
»Ich denke ...« More hält
inne; er sieht nach unten, auf den Tisch. »Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht
sicher, ob man einen Fürsten als Freund betrachten kann.«
»Aber Sie kennen Henry seit
seiner Kindheit«, sagt Bonvisi.
»Ja, aber eine Freundschaft
sollte nicht so anstrengend sein ... sie sollte Kraft spenden. Nicht wie ...«
More wendet sich zum ersten Mal an ihn, als fordere er ihn zu einem Kommentar
auf. »Ich habe manchmal das Gefühl, dass es ist wie bei... wie bei Jakob, der
mit dem Engel ringt.«
»Und wer weiß«, sagt er,
»worum es dabei ging?«
»Ja, die Schrift schweigt
darüber. Wie bei Kain und Abel. Wer weiß?«
Er vernimmt eine leichte
Unruhe in der Tischrunde, unter den Frömmeren, den weniger Leichtfertigen oder
vielleicht nur denen, die auf den nächsten Gang warten. Was wird es geben?
Fisch!
»Wenn Sie mit Henry sprechen«,
sagt More, »bitte ich Sie, sein gutes Herz anzusprechen. Nicht den starken
Willen.«
Er würde das aufgreifen, aber
der alte Tuchhändler winkt nach mehr Wein und fragt ihn: »Wie geht es Ihrem
Freund Stephen Vaughan? Was gibt es Neues in Antwerpen?« Von jetzt an dreht
sich das Gespräch um den Handel; es dreht sich um den Versand, um Zinssätze,
aber das ist lediglich das Summen im Hintergrund für aufrührerische Spekulationen.
Wenn man einen Raum betritt und sagt: Das ist das Thema, über das wir nicht
sprechen werden, dann ist klar, dass über nichts anderes gesprochen wird. Wäre
der Lordkanzler nicht anwesend, ginge es nur um Einfuhrzölle und Zollgutlager;
wir würden nicht an den dräuenden scharlachroten Kardinal denken, und unser vom
Fasten ausgehungerter Geist würde sich nicht mit dem Bild beschäftigen, wie die
Finger des Königs über einen widerstrebenden, heftig atmenden jungfräulichen
Busen wandern. Er lehnt sich zurück und heftet den Blick auf Thomas More. Nach
einer Weile entsteht eine natürliche Gesprächspause, ein kurzes Schweigen, und
nachdem er eine Viertelstunde lang geschwiegen hat, stößt der Lordkanzler in
sie hinein, mit leiser und ärgerlicher Stimme, die Augen auf die Essensreste
gerichtet. »Der Kardinal von York«, sagt er, »hat eine unstillbare Gier danach,
über andere Menschen zu herrschen.«
»Lordkanzler«, sagt Bonvisi,
»Sie starren Ihren Hering an, als würden Sie ihn hassen.«
Sagt der liebenswürdige Gast:
»Mit dem Hering ist alles in Ordnung.«
Er beugt sich vor, bereit für
diesen Kampf; er hat nicht die Absicht, Mores Bemerkung einfach zu übergehen.
»Der Kardinal ist ein Mann der Öffentlichkeit. Genau wie Sie. Soll er etwa vor
einer öffentlichen Rolle zurückschrecken?«
»Ja.« More sieht auf. »Ja, ich
denke schon, das sollte er. Seinen Appetit vielleicht etwas weniger deutlich
zeigen.«
»Es ist etwas spät«, sagt
Monmouth, »dem Kardinal eine Lektion in Bescheidenheit zu erteilen.«
»Seine wahren Freunde haben
das vor langer Zeit getan und er hat nicht auf sie gehört.«
»Und Sie zählen sich zu seinen
Freunden?« Er lehnt sich zurück und verschränkt die Arme. »Das werde ich ihm
erzählen, Lordkanzler, und beim Blut des Herrn, er wird es als Trost empfinden,
wenn er in seinem Exil sitzt und sich fragt, warum Sie ihn beim König
verleumdet haben.«
»Meine Herren ...« Bonvisi
erhebt sich nervös vom Stuhl.
»Nein«, sagt er, »setzen Sie
sich. Lassen Sie uns das klarstellen. Thomas More hier sagt von sich: Ich wäre
ein einfacher Mönch geworden, aber mein Vater wollte, dass ich Jurist werde.
Ich würde mein Leben der Kirche widmen, wenn ich die Wahl hätte. Mir ist, wie
Sie wissen, der Reichtum gleichgültig. Es zieht mich zu den geistigen Dingen.
Weltliche Ehrungen bedeuten mir nichts.« Er lässt seinen Blick über die Tischrunde
gleiten. »Und wie ist er dann Lordkanzler geworden? War das Zufall?«
Die Tür öffnet sich; Bonvisi
springt auf die Füße,
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