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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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Bonvisi.
    »Thomas More ist ein alter
Freund von mir. Sie hätten nicht kommen und ihn ärgern sollen.«
    »Ach, habe ich Ihre Feier
verdorben? Sie haben Monmouth eingeladen; nicht, um ihn zu ärgern?«
    »Nein, Humphrey Monmouth ist
auch mein Freund.«
    »Und ich?«
    »Natürlich.«
    Sie sind ganz
selbstverständlich ins Italienische verfallen. »Ich bin neugierig«, sagt er.
»Erzählen Sie mir etwas über Thomas Wyatt.« Wyatt war recht plötzlich nach
Italien gegangen und hatte sich einer diplomatischen Mission angeschlossen:
Das war vor drei Jahren. Er hatte eine furchtbare Zeit dort, aber das kann an
einem anderen Abend erörtert werden; jetzt geht es um die Frage, warum er den
englischen Hof in solcher Hast verlassen hat.
    »Ah. Wyatt und Lady Anne«,
sagt Bonvisi. »Eine alte Geschichte, hätte ich gedacht?«
    Nun, vielleicht, sagt er,
erzählt ihm dann aber von dem Jungen Mark, dem Musiker, der sicher ist, dass
Wyatt sie gehabt hat; wenn die Geschichte unter Europas Dienstboten und
einfachen Leuten die Runde macht, wie wahrscheinlich ist es dann, dass der
König sie nicht gehört hat?
    »Ich vermute, es gehört zur
Kunst des Herrschens, dass man weiß, wann man die Ohren verschließen muss. Und
Wyatt sieht gut aus«, sagt Bonvisi, »auf diese spezielle englische Art. Er ist
groß, er ist blond, meine Landsleute bewundern ihn; wie bringt ihr solche
Menschen hervor? Und er ist auch noch so selbstsicher. Und ein Dichter!«
    Er lacht über seinen Freund,
weil er wie alle Italiener nicht »Wyatt« sagen kann; es kommt als »Guiett« oder so ähnlich heraus. In den
Tagen der Ritterschaft gab es einmal einen Mann namens Hawkwood, einen Ritter
aus Essex, der damals in Italien vergewaltigte, Brände legte und mordete; die
Italiener nannten ihn Acuto, die Nadel.
    »Ja, aber Anne ...« Er kennt
sie nur flüchtig, aber er spürt, dass etwas so Unbeständiges wie die Schönheit
sie nicht reizen kann. »In den letzten Jahren hat sie mehr als alles andere
einen Ehemann gebraucht: einen Namen, einen festen Platz, eine Position, von
der aus sie mit dem König verhandeln kann. Jetzt ist Wyatt verheiratet. Was hat
er ihr zu bieten?«
    »Verse?«, sagt der Kaufmann. »
Er hat England nicht aus diplomatischen Gründen verlassen. Der Grund war, dass
sie ihn quälte. Er wagte nicht mehr, sich im selben Raum aufzuhalten wie sie.
Im selben Schloss. Im selben Land.« Er schüttelt den Kopf. »Sind die Engländer
nicht merkwürdig?«
    »Mein Gott, das sind sie.«
    »Aber Sie sollten sich in Acht
nehmen, Tommaso. Die Familie der Dame versucht die Grenzen des Möglichen zu
verschieben. Jetzt sagen sie: Warum auf den Papst warten? Können wir nicht
einfach ohne ihn einen Ehevertrag schließen?«
    »Das scheint der Weg nach vorn
zu sein.«
    »Probieren Sie eine dieser
gezuckerten Mandeln.«
    Er lächelt. Bonvisi sagt:
»Tommaso, darf ich Ihnen einen Rat geben? Der Kardinal ist am Ende.«
    »Seien Sie sich dessen nicht
so sicher.«
    »Ja, und wenn Sie ihn nicht
lieben würden, wüssten Sie, dass es stimmt.«
    »Der Kardinal ist immer gut zu mir gewesen.«
    »Aber er muss nach Norden gehen.«
    »Die Welt wird ihm nachkommen.
Fragen Sie die Botschafter. Fragen Sie Chapuys. Fragen Sie alle, wem sie
Bericht erstatten. Sie sind in Esher, in Richmond. Toujours les depeches. Dabei geht es um uns.«
    »Aber das ist genau das, was
man dem Kardinal vorwirft! Dass er ein Land innerhalb des Landes regiert!«
    Er seufzt. »Ich weiß.«
    »Und was wollen Sie dagegen unternehmen?«
    »Ihn bitten, bescheidener zu sein?«
    Bonvisi lacht. »Ach, Thomas.
Bitte, Sie wissen, dass Sie keinen Herrn mehr haben, wenn er nach Norden geht.
Das ist der springende Punkt. Sie werden vom König empfangen, aber das ist nur
vorübergehend, solange er herauszufinden versucht, wie er dem Kardinal eine
Abfindung geben kann, die ihn ruhigstellt. Aber was dann?«
    Er zögert. »Der König mag
mich.«
    »Der König ist ein treuloser
Liebhaber.«
    »Nicht bei Anne.«
    »Und in diesem Punkt muss ich
Sie warnen. Oh nein, nicht wegen Guiett... nicht wegen irgendwelcher
Klatschgeschichten, leicht dahergesagter Dinge ... sondern weil alles bald
enden muss ... sie wird nachgeben, sie ist nur eine Frau ... Bedenken Sie, wie
töricht es gewesen wäre, seine Geschicke von denen der Schwester der Dame
abhängig zu machen, von der Frau, die vor ihr kam.«
    »Ja, nicht auszudenken.«
    Er sieht sich im Raum um. Da
hat der Lordkanzler gesessen. Zu seiner Linken die hungrigen Kaufleute. Zu

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