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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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der Prophet (Der Friede und der Segen seien mit Ihm!) uns Muslime ursprünglich angehalten hat, uns beim Verrichten unserer Andacht in Richtung Jerusalem zu verneigen und nicht nach Mekka. Die ursprünglich von den Juden wie von dem Propheten (Aller Segen und Friede ruhe auf Ihm!) gesprochene Sprachen unterschieden sich kaum voneinander, und...«
    »... und Muslime wie Juden«, fiel mein Vater ihm trocken in die Rede, »haben Zungen, die in der Mitte an Scharnieren hängen, um nach beiden Seiten hin zungenfertig zu sein. -Kommt, Mafio und Marco. Gehen wir und machen wir unserer Gastgeberin selbst die Aufwartung. Nasenloch, du lädst weiter ab und schaffst dann Futter für die Kamele herbei.«
    Die Witwe Esther war eine weißhaarige kleine Frau mit einem liebenswerten Gesicht und begrüßte uns mit einer Freundlichkeit, als wären wir keine Christen. Sie ließ es sich nicht nehmen, uns zum Platznehmen zu nötigen und das zu trinken, was sie ihren »Aufmunterer für Reisende« nannte und was sich als heiße, mit Kardamom gewürzte Milch erwies. Die Dame bereitete dies Getränk höchst eigenhändig, denn noch war die Sonne nicht untergegangen, und noch wäre es keinem ihrer muslimischen Diener eingefallen, die Milch zu erhitzen oder das Gewürz im Mörser zu zerstoßen.
    Es machte in der Tat ganz den Eindruck, als ob diese jüdische Dame eine, wie mein Vater sich auszudrücken beliebt hatte, in der Mitte an Scharnieren aufgehängte Zunge hätte, denn sie plauderte unausgesetzt und hielt uns damit eine ganze Weile fest. Oder vielmehr war es so, daß mein Vater und mein Onkel mit ihr plauderten; ich für mein Teil sah mich um. Das Haus war früher offensichtlich einmal ein sehr vornehmes und üppig eingerichtetes Haus gewesen, das jedoch -nach des Hausherrn Mordecai Tod, wie ich vermutete -ziemlich heruntergekommen war, denn jetzt machte die Einrichtung einen eher schäbigen Eindruck. Es gab offensichtlich immer noch die gleiche Dienerschaft doch konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Dienstboten nicht des Lohnes wegen blieben, sondern aus Treue ihrer Herrin Esther gegenüber und - was diese freilich nicht ahnte -weil sie hier Gelegenheit hatten, an der Hintertür Wäsche zum Waschen entgegenzunehmen oder durch irgendeinen anderen frommen Betrug dieser Art ihren eigenen Lebensunterhalt als auch den ihrer Herrin zu verdienen.
    Zwei oder drei von den Dienstboten waren so alt und so wenig bemerkenswert wie ihre Herrin, doch drei oder vier andere gehörten zu den übernatürlich hübschen Khasaner Knaben und jungen Männern. Bei einem Dienstboten handelte es sich, wie ich freudig bemerkte, um eine junge Frau, genauso hübsch wie die jungen Männer, ein Wesen mit kastanienrotem Haar und üppigem Leib. Um mir die Zeit zu vertreiben, während die Witwe daherredete, spielte ich dieser Dienerin gegenüber den cascamorto, warf ihr schmachtende Blicke zu und bedachte sie mit einem vielsagenden Augenzwinkern. Wenn ihre Herrin nicht gerade hinsah, ging sie darauf ein und erwiderte mein Lächeln.
    Während das Kamel sich am nächsten Tag ausruhte und auch die vier anderen sich von den Anstrengungen erholten, gingen wir Reisende jeder für sich hinaus in die Stadt. Mein Vater wollte sich eine kashi-Werkstatt ansehen, um etwas über die Herstellung dieser kleinen Fliesenplättchen zu erfahren; er hielt dies für ein nützliches Gewerbe, das den Handwerkern in Kithai beizubringen sich später vielleicht einmal lohnte. Unser Kameltreiber Nasenloch ging, um irgendeine Salbe für den geschundenen Huf des Kamels zu kaufen, und Onkel-Mafio ging, seinen Vorrat an dem Enthaarungsmittel mumum zu ergänzen. Wie es sich herausstellte, bekam keiner das, was er suchte, weil während des ramazan kein Mensch in Kashan arbeitete. Da ich selber nichts Bestimmtes vorhatte, ging ich einfach spazieren und machte meine Beobachtungen.
    Wie ich das fortan in jeder noch weiter im Osten gelegenen Stadt erleben sollte, schwebten am Himmel über Kashan unablässig zahllose der großen, dunklen, schwalbenschwänzigen Aasgeier, drehten ihre Kreise und fuhren im Sturzflug herab. Und genauso wie in jeder anderen von hier an ostwärts gelegenen Stadt schien der zweithäufigste Vogel dortselbst ständig auf der Erde damit beschäftigt, Aas zu vertilgen. Bei letzterem handelt es sich um den Hirtenstar, der angriffslustig einherstolzierte und dabei den unteren Schnabel vorschob wie ein kleines Männchen, das streitsüchtig das Kinn reckt. Und was sonst an

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