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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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einen zum anderen Mal zu Atem zu kommen und darauf vorbereitet zu sein, wenn die nächsten einsetzten. Da dachte ich bei mir: Vielleicht liegt es daran, daß du dich gegen jeden Schmerz wehrst und versuchst, ihm auszuweichen -vielleicht ist es das, warum es so entsetzlich weh tut. Wer weiß, wenn du dich mutig jedem stelltest und dich auf ihn einließest... Folglich versuchte ich das, aber das »sich darauf einstellen« in dieser Situation war gleichbedeutend damit, denselben Muskeldruck auszuüben, wie er beim Notdurft-Verrichten gefordert wird, und hatte den gleichen Erfolg. Als dieser ganz besonders mahlende Schmerz einmal für einen kurzen Augenblick nachließ, entdeckte ich, daß ich zwischen meinen Beinen eine ganze Menge stinkender merda herausgedrückt hatte. Doch inzwischen machte mir das schon nichts mehr aus. Ich dachte nur bei mir: Daß das menschliche Leben in merda endet, hast du immer gewußt; jetzt weißt du, daß es auch in merda beginnt.
    »Denn ihrer ist das Himmelreich.« Plötzlich fiel mir ein, dies vor noch gar nicht langer Zeit unserem Sklaven Nasenloch gepredigt zu haben. »Lasset die Kindlein zu mir kommen!« sprach ich und stieß ein klägliches Lachen aus.
    Das Lachen währte nicht lange. Obwohl es kaum zu glauben ist, wurde plötzlich alles womöglich noch schlimmer. Die Wehen kamen jetzt nicht mehr in Wellen oder Schüben, sondern in rascher Folge, und eine jede dauerte länger als die vorhergehende, bis es zu einem ständigen Todesschmerz in meinem Bauch wurde, der unerbittlich weiterwütete und sich dermaßen steigerte, daß ich ohne jede Scham schluchzte und wimmerte und stöhnte und fürchtete, es nicht mehr aushalten zu können, mich danach sehnte, daß mir gnädig die Sinne schwänden. Hätte jemand sich in diesem Zustand über mich gebeugt und zu mir gesagt: »Das ist nichts. Es kann noch schlimmer weh tun und wird es auch tun« -ich hätte selbst in dieser unerträglichen Qual zwischen meinen Schluchzern noch aufgelacht. Und doch hätte dieser Jemand nur recht gehabt.
    Ich spürte, wie meine mihrab sich öffnete und sich weitete wie ein gähnender Mund, und wie die Lippen sich immer weiter öffneten, bis sie die Öffnung zu einem Kreis ausgebildet hatten, der aussah wie ein schreiender Mund. Und als ob das noch nicht qualvoll genug gewesen wäre, schien das ganze Kreisrund plötzlich wie von flüssigem Feuer bestrichen. Ich langte mit der Hand hinunter, um verzweifelt das Feuer auszuschlagen, spürte jedoch nichts Brennendes, sondern nur etwas Bröckeliges. Wieder hielt ich die Hand vor die tränenüberströmten Augen und sah wie durch einen Schleier hindurch, daß meine Finger mit einer käsigen, hellgrünen Masse bestrichen waren. Wie konnte die nur dermaßen brennen?
    Und selbst dann noch konnte ich neben dem rasenden Schmerz in meinem Bauch und dem sengenden Feuer unten andere schreckliche Dinge spüren. Ich schmeckte den Schweiß, der mir das Gesicht herunter in den Mund lief, schmeckte das Blut, das dort hervortrat, wo ich mir die Lippen zerbissen hatte. Ich konnte mich grunzen hören, stöhnen und verzweifelt nach Luft schnappen. Ich roch den Gestank des schändlich herausgedrückten Kots und Urins. Wieder spürte ich das Wesen in mir sich regen, ja, sich offensichtlich hin-und herwerfen, mit Armen und Beinen strampeln, während es sich nachdrücklich durch die Schmerzen im Leib bis zum Brennen unten vorschob. Während es sich bewegte, drückte es noch unerträglicher auf meine Blase und die Därme dort unten, und irgendwie fand sich noch etwas darin, das sich austreiben ließ. Und dann kam zusammen mit diesen letzten Kot-und Urinresten das Wesen heraus. Und ach, mein Gott, als der Herrgott gebot: »Unter Schmerzen sollst du deine Kinder gebären!« sorgte Gott auch dafür, daß dem tatsächlich so werde. Zuvor hatte ich belanglose Schmerzen kennengelernt, und jetzt, in diesen Stunden, hatte ich echte Schmerzen erlitten und seither andere Schmerzen kennengelernt, doch bin ich der Meinung, daß es in der ganzen Welt keinen Schmerz gab, wie ich ihn in diesem Augenblick durchmachte. Ich habe gesehen, wie Männer, die sich auf ihr grausiges Handwerk verstanden, andere Männer folterten, aber ich glaube, kein Mensch ist so grausam und erfinderisch und fähig auf dem Gebiet des Schmerzes wie Gott.
    Jetzt setzte der Schmerz sich aus zwei Arten von Schmerz zusammen. Der eine rührte daher, daß das Fleisch meiner mihrab vorn und hinten riß. Man nehme ein Stück Haut und

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