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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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zerschneide es, langsam, aber unerbittlich, und versuche sich vorzustellen, wie das der Haut weh tut; und dann versuche man sich vorzustellen, daß es die Haut zwischen den Beinen ist, von der Artischocke bis zum After. Während mir das widerfuhr und mich schreien machte, zwängte der Kopf des Geschöpfes in mir sich durch die es umschließenden Knochen dort unten, und das ließ mich zwischen den Schreien aufbrüllen. Die Knochen dort unten sitzen dicht beieinander; sie müssen unter Mahlen und Knirschen auseinandergezwängt und beiseite geschoben werden wie von einem Felsen, der unerbittlich einen schmalen Felsgrat herunterkommt. So empfand ich es, und zwar die ganze Zeit über: die krank machende Bewegung und der Schmerz in mir, das Knirschen und Knacken sämtlicher Knochen zwischen meinen Beinen, das Auseinandergerissen-Werden und Brennen des Fleisches außen. Und Gott erlaubt selbst in dieser tiefsten Not nur Schreie und Gebrüll: er gewährt keine Ohnmacht, um sich vor unerträglichem Schmerz zu schützen.
    Bewußtlos wurde ich erst, als das Geschöpf mit einem letzten brutalen Pressen und Anschwellen und einem Schmerzaufwallen wie einem hörbaren Schrei herauskam - der tiefbraune Kopf sich blutverschmiert und voller Schleim zwischen meinen Beinen erhob und boshaft mit Chivs Stimme sagte: »Etwas, wovon du nicht so ohne weiteres sagen kannst, es sei nicht deins...« Da war mir, als stürbe ich.
    Als ich wieder zu mir kam, war ich wieder ich selbst. Zwar lag ich immer noch rücklings auf der hindora, aber ich war wieder ein Mann, und der Körper, den ich hatte, schien wieder mein eigener zu sein. Getrockneter Schweiß lag mir leicht flockig auf der Haut, und meine Kehle war schrecklich ausgedörrt, ich hatte Durst und Kopfschmerzen, daß ich meinte, der Schädel müsse mir zerspringen. Sonst jedoch tat mir nirgend etwas weh. Ich lag auch nicht in meinem eigenen Kot; das Lager sah reinlich aus wie immer. Der Rauch aus dem Raum war fast abgezogen, und ich sah meine Kleider dort auf dem Boden liegen, wo ich sie achtlos hatte fallen lassen. Auch Chiv war da
    - vollständig bekleidet. Sie hatte sich hingekauert und wickelte etwas Hellblaues und Violettes in das Stück Papier, in dem ich den Haschisch mitgebracht hatte.
    »Habe ich das alles nur geträumt, Chiv?« fragte ich. Sie gab
    mir keine Antwort und blickte auch nicht auf, fuhr jedoch fort mit
    dem, was sie tat. »Was ist mit dir denn inzwischen geschehen,
    Chiv?« Wieder keine Antwort. »Ich dachte, ich bekäme ein
    Baby«, sagte ich und tat das leichthin lachend ab. Keine
    Reaktion. Daraufhin setzte ich noch hinzu: »Du warst da. Du
    warst es.«
     
    Woraufhin nun endlich sie den Kopf hob und ihr Gesicht
    ziemlich den gleichen Ausdruck hatte wie im Traum oder was
    immer es gewesen war. Sie fragte:
     
    »War ich dunkelbraun?«
    »Wieso, ja.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Kinder der Romm werden aber
     
    erst später braun. Bei der Geburt sind sie von der gleichen
     
    Farbe wie die Kinder weißer Frauen.«
    Damit stand sie auf und trug ihr kleines Päckchen hinaus. Als
    die Tür aufging, war ich verwundert über das helle Tageslicht.
    War ich denn die ganze Nacht und bis in den nächsten Tag
    hinein hier drin gewesen? Meine Gefährten waren bestimmt
    ungehalten, daß ich ihnen alle Arbeit überlassen hatte. Eilends
    fing ich an, mich anzuziehen. Als Chiv ohne das Bündel
    zurückkehrte, sagte ich wie im Plauderton:
     
    »Ich kann mir um alles in der Welt nicht vorstellen, daß eine
    Frau den Wunsch haben sollte, diese Schrecken
    durchzumachen. Du etwa, Chiv?«
     
    »Nein.«
    »Dann habe ich recht gehabt? Du hast vorhin nur so getan, als
     
    ob? Du bist gar nicht schwanger?«
    »Ich bin es nicht.« Für jemand, der für gewöhnlich eher redselig
    war, gab sie sich sehr wortkarg.
     
    »Nur keine Angst. Ich bin ja nicht böse auf dich. Ich bin froh,
    schon um deinetwegen. Und jetzt muß ich zurück in die
    karwansarai. Ich gehe.«
     
    »Ja, gehe!«
    Das wiederum sagte sie in einem Tonfall, der durchblicken ließ:
    »Komm nur nicht zurück!« Ich sah keinen Grund dafür, daß sie
    sich so kratzbürstig zeigte. Ich war es schließlich gewesen, der
    all dies durchlitten hatte, und ich hatte den starken Verdacht,
    daß sie auf irgendwelche vertrackte Weise dazu beigetragen
     
    hatte, daß der Liebestrank so ganz anders als erwartet gewirkt
    hatte.
    »Sie ist in schlechter Stimmung, wie Ihr gesagt habt, Shimon«,
     
    erklärte ich dem Juden beim Fortgehen.

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