Marcos Verlangen
möchtest du denn gerne essen?“, fragte er sie dann laut.
Vom Moment ihrer Bestellung bis zum Dessert machten sie nur noch Small Talk. Während des Essens beobachtete er sie. Er konnte sehen, wie sie sich entspannte und wie sie vollkommen freimütig und offen auf seine teilweise recht bemühten Scherze einging. Sie war – im Gegensatz zu ihm - gut gelaunt und heiter und er wusste im Grunde nicht, warum. War es etwa die Aussicht auf ein freies Wochenende ohne ihn, die sie so froh machte?
„Und wie bist du mit deiner neuen Kamera zufrieden?“, fragte er, nur um irgendetwas Unverfängliches zu sagen.
„Sie ist fantastisch, aber an mich absolut verschwendet! Du hättest nicht schon wieder so viel Geld ausgeben sollen, dieses Ding ist viel zu schade für mich!“
Er seufzte. Egal was er ihr schenkte, sie neigte immer dazu, erst einmal abzulehnen. Genau diese echte Bescheidenheit nervte ihn manchmal aber auch an ihr. Er hatte sie einmal darauf angesprochen und eine sehr ernüchternde Antwort erhalten.
„Ach, Marco“, sie hatte sonderbar gelächelt dabei, „du wirst dich entweder irgendwann doch noch daran gewöhnen oder mich gegen eine Neue austauschen, der es weniger schwerfällt als mir, dein Geld auszugeben!“
Sie hatte das so gesagt, also ob es ihr rein gar nichts ausmachen würde, wenn er sie tatsächlich austauschte und diese Tatsache irritierte ihn maßlos. Wäre sie nicht auf sein Projekt eingegangen, für das sie sich sogar mit ihren Eltern überworfen hatte, dann hätte er in der Zwischenzeit tatsächlich an ihren ernsten Absichten ihm gegenüber gezweifelt.
Ella hatte aus ihrer schlichten Herkunft nie einen Hehl gemacht und das gefiel ihm. Immer noch. Gut erzogen und gebildet war sie trotzdem und sie nutzte außerdem jede sich ihr bietende Gelegenheit, ihren Horizont zu erweitern. Nur das mit dem Geld ausgeben und sich von ihm beschenken lassen klappte noch nicht so nach seinem Geschmack. Je weniger sie von ihm wollte, je mehr sie ablehnte und sich sträubte, desto größer wurde das Bedürfnis in ihm, sie mit allem nur erdenklich Schönen zu überhäufen.
Wäre das ihre Taktik gewesen, ihn auszunehmen, dann hätte sie perfekt funktioniert. Am Anfang hatte er sie sogar kurzzeitig im Verdacht gehabt, diese Strategie bewusst einzusetzen und sie aufmerksam beobachtet, doch ohne Ergebnis. Sie war tatsächlich echt. Und ihre Behauptung, gerne mit ihm zusammen zu sein und einfache Dinge zu genießen, bewies sie ihm immer wieder auf die eine oder andere Weise.
Irgendwann zwischen Hauptgang und Dessert wurde es Ella bewusst, dass Marco längst aufgehört hatte zu essen und ihr stattdessen dabei zusah. Sie fragte nicht nach dem Warum, sondern sah ihn nur mit einem klaren, offenen Blick an, der ihm durch und durch zu gehen schien und ihn sofort von seinen ursprünglichen Gedanken ablenkte.
„Nicht, Ella, tu das nicht!“ Er nahm einen Schluck Wasser.
„Was meinst du?“, sie machte eine unschuldige Miene.
„Diesen Blick, du weißt schon – den da gerade, ja, genau den! Hör auf damit!“
„Was ist damit?“
„Lass es! Er erinnert mich zu sehr an gewisse Momente mit dir alleine, wenn ich mit dir Sachen mache, die auf keinem meiner Gemälde zu sehen sind!“
Seine Stimme klang leise und sehr verführerisch. Wenn sie es mit Leichtigkeit schaffte, ihn an die Grenzen seiner Selbstbeherrschung zu führen, dann stand er ihr zumindest in nichts nach. Auch er hatte längst herausgefunden, wie er mit ihr spielen und sie reizen konnte, bis sie ihn mit erstickter Stimme darum bat, aufzuhören, weil sie nicht alleine waren und die Situation es ihnen nicht erlaubte, die heraufbeschworenen Fantasien in die Tat umzusetzen. So wie jetzt.
Ella schluckte und schloss die Augen. Wenn seine Stimme diesen Klang annahm, wenn sich seine beinahe schwarzen Augen auf diese Art in die ihren bohrten, dann brauchte er nur noch beispielsweise ihr Knie mit dem seinen zu streifen oder sie auf ähnlich belanglose Weise zu berühren und sie stand lichterloh in Flammen. Ihr Dessert schmolz auf dem Teller dahin, so wie sie jetzt unter seinem Blick.
„Marco! Hör auf damit! Gib nicht mir die Schuld daran, sondern hör selber auf, mich anzumachen, ja?“
Er lachte heiser und schloss für einen Moment die Augen, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. „Das fällt mir zugegebenermaßen mal wieder sehr schwer.“
„Aber ich bin’s doch bloß! Die gute alte Ella! Kein Grund, so aus dem Häuschen zu geraten, nicht wahr?“
Er
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