Marcos Verlangen
nicht meckern, dass es mir zu gut geht. Übrigens, da fällt mir etwas ein, das ich dich die ganze Zeit schon fragen wollte.“ Sie lehnte sich zurück und sah ihn erwartungsvoll an. „Was hältst du eigentlich davon, wenn ich mal mit Angelo rede und ihn frage, ob er mir ein wenig beim Sichten wenigstens der Zeichnungen helfen könnte? Ich könnte viel dabei lernen und zugleich ginge mehr voran, als wenn ich alles alleine machen würde.“
Marco schwieg. Eine Welle der Aggression stieg in ihm auf und er musste sich zusammenreißen, diese niederzukämpfen.
„Nicht, wenn ich nicht da bin!“, presste er schließlich heraus. Die Ader an seiner Schläfe pochte verräterisch.
Ella zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Was? Was hast du für ein Problem damit? Du hast ihn doch kennengelernt letzten Sonntag. Hältst du ihn für einen von der Sorte, die dein Anwesen ausspäht, um später dort einzubrechen?“
„Blödsinn!“, gab er unwirsch zurück. „Aber das ist immer noch mein Haus und hier entscheide ich, wer es in meiner Abwesenheit betritt und wer nicht.“
Sie warf ihm einen ungläubigen Blick zu. „Ich kann auch ein paar von den Zeichnungen mitnehmen, die ich nicht einordnen kann, dann braucht er dein Haus nicht zu betreten, wenn du das nicht willst.“
„Lass es Ella, ich will nicht, dass du ihn da hineinziehst, verstanden? Das geht ihn nichts an, das ist dein Job, nicht seiner!“
„Aber wir hatte doch darüber gesprochen, dass ich die Meinung von Fachleuten einholen soll, wenn ich nicht mehr weiter weiß.“
„Von Fachleuten, ja! Wenn du einen Rat brauchst, dann wende dich an Barone, der ist ein Fachmann. Aber lass deinen Kritzellehrer aus dem Spiel!“
„Marco!“ Nun war Ella ehrlich entrüstet. „Was soll das denn? Ich kann doch nicht mit jeder Skizze, über die ich mit jemandem reden will, zu Barone laufen, wie stellst du dir das denn vor? Und was hast du überhaupt gegen Dorsini? Er ist meiner Meinung nach Fachmann genug für so etwas.“
„Ist mir nicht entgangen, dass du eine sehr hohe Meinung über ihn zu pflegen scheinst, aber lass dir sagen, dass ich diese Meinung keineswegs teile.“
Ella blieb der Mund offen stehen. Marco sprach mit einer großen Bestimmtheit. Und mit einer großen Kälte. Beides missfiel ihr und forderte sie zum Widerspruch heraus.
„Ach ja, ich vergaß – du bist ja selber ein Experte in Sachen Kunst, du kannst also beurteilen, was einer davon versteht, wenn du ihm nur mal kurz die Hand geschüttelt hast!“ Ihre Stimme war voller Spott.
Marco warf ihr einen eisigen Blick zu. „Das ist meine Sache!“, beschied er ihr. „Ich will es nicht und damit basta.“
Kopfschüttelnd sah sie ihn an. „Was ist nur in dich gefahren? Ich wollte es ja nicht erwähnen, aber da du dich nun auch heute so dermaßen dämlich benimmst, lass dir sagen, dass du dich schon am letzten Sonntagabend absolut unmöglich aufgeführt hast! Ich habe mir wirklich gewünscht, du wärst gar nicht erst mit hineingekommen zu Antonella.“
„Ach ja?“
„Ach ja! Du warst ruppig und unhöflich sogar zu ihr und deine Bemerkungen Angelo gegenüber waren mehr als deplatziert.“
Marco gab keine Antwort, sondern starrte finster in sein Glas, ehe er es mit einem Zug leerte.
„Was?“, provozierte Ella ihn nun. „Willst du nichts dazu sagen?“
„Wozu? Du hast ja schließlich einen Narren an dem Typen gefressen!“
„Wie bitte?“ Ella riss fassungslos die Augen auf. „Einen Narren gefressen? Was fällt dir ein? Als nächstes wirst du noch behaupten, ich sei in ihn verliebt!“
„Und? Bist du's?“ kam es wie aus der Pistole geschossen zurück
Ella fixierte ihn einen Moment lang, als versuche sie zu ergründen, ob er das ernst meinte oder sie nur auf den Arm nahm.
„Marco – was ist hier los? Du willst doch nicht etwa behaupten, ich – nein, das ist zu dumm!“ Sie brach ab.
„Ich will gar nichts behaupten“, lenkte er fast widerwillig ein, „aber eins ist mal sonnenklar: er ist auf jeden Fall in dich verliebt, daran besteht absolut kein Zweifel.“
Ella schwieg betroffen, hielt aber Marcos Blick unbefangen stand.
„Meinst du wirklich? Das glaube ich nicht!“, widersprach sie energisch. Und hielt dann zweifelnd inne. „Denkst du das tatsächlich?“
„Und ob ich das denke!“, schnaubte er ungehalten. „Ich habe doch gesehen, wie er dich anschaut. Und komm mir jetzt nicht damit, dass das nur der scharfe Blick eines Künstlers sei, der sein Modell mit den Augen
Weitere Kostenlose Bücher