MargeritenEngel (German Edition)
ihn noch vertreiben. Was mache ich dann? Dann bin ich allein und selbst Schuld daran. Angst kriecht in mir hoch und schnürt mir die Kehle zu. Ich will nicht allein sein. Ich sollte endlich mit dem zufrieden sein, was wir haben. Er ist gut zu mir. Wir lieben uns, das ist das Allerwichtigste.
»Einmal abgesehen von deinem Gemecker heute Morgen, wie fandest du Rik?«
Die Seifenblase, die ich mir gerade so schön aufgebaut habe, zerplatzt mit einem lauten Knall. Dabei habe ich gerade begonnen, mich darin wohlzufühlen, als würde wenigstens der Sonntag werden, wie ich mir das gesamte Wochenende erhofft habe. Ich brauche einen Moment, um aus meinen schönen Gedanken wieder in der Realität anzukommen.
»Rik?«, frage ich abwesend. Unheimlich blaue Augen tauchen vor meinem inneren Auge auf, dazu dieses Lächeln, die angenehme Stimme.
»Ähm… er war ganz nett«, sage ich und hoffe, neutral zu klingen.
»Nett? Nett ist die kleine Schwester von Scheiße«, brummt Kevin. Seine Hände auf meinem Rücken werden fahriger, was die Massage weniger angenehm macht.
»Nein, so meinte ich das nicht. Er ist sympathisch. Außerdem kenne ich ihn doch überhaupt nicht«, versuche ich, ihm auszuweichen.
»Aber du wirst dir doch eine Meinung gebildet haben. Wir waren schließlich den ganzen Abend zusammen.«
»Wieso ist das wichtig?«, frage ich leise. Ich weiß nicht, was Kevin hören möchte, aber ich weiß, dass die gute Stimmung zwischen uns viel zu schnell kippen kann, wenn ich das Falsche sage.
»Er ist ein guter Freund und vielleicht können wir uns in Zukunft öfter treffen. Das macht allerdings nur Sinn, wenn –«
»Du würdest dich doch trotzdem mit ihm treffen, egal, wie ich ihn finde«, falle ich ihm unbehaglich ins Wort.
Kevin sagt nichts dazu, aber das muss er auch nicht. Er weiß genauso gut wie ich, dass es die Wahrheit ist. Vielleicht kann er sich einreden, dass es besser wäre, wenn ich mit Rik klarkomme, aber es würde nichts ändern.
Kevin hat seine Pläne schon längst geschmiedet. Wie immer ohne mich. Ich kann entweder dagegenhalten und damit Streit provozieren oder mich fügen. Wobei mir letzteres in diesem Fall leichtfällt.
»Rik ist witzig«, sage ich deshalb. »Es hat Spaß gemacht, mit ihm zu kochen. Man kann sich gut mit ihm unterhalten. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir uns öfter treffen.«
»So? Hättest du nicht?« Sein Tonfall lässt mich aufhorchen. Ist er etwa eifersüchtig? Das ist anscheinend nicht die richtige Antwort gewesen.
»Kein Grund, eifersüchtig zu sein«, füge ich deshalb hinzu. Sein unwilliges Schnaufen bringt mich zum Grinsen. »Er ist nicht mein Typ. Schon gar nicht, weil ich so einen tollen Freund wie dich habe«, gestehe ich und fühle, wie mein Gesicht heiß wird.
Ich versuche, Kevin anzusehen, und drehe meinen Kopf so weit es geht nach hinten. Als sich unsere Blicke treffen, ist da für einen Moment ein dunkler Schatten in seinen Augen, aber dann lächelt er.
»Ich bin doch nicht eifersüchtig! Ganz im Gegenteil. Es würde mir ziemlich gut gefallen, wenn ihr beide euch versteht. Er war früher mein bester Freund, vielleicht kriegen wir das ja wieder hin. Wir hatten tolle Zeiten, Rik und ich…«, sinniert er.
»Erzählst du mir davon?«, frage ich und versuche, das merkwürdige Ziehen in meiner Brust zu ignorieren.
»Später vielleicht, jetzt muss ich zur Arbeit.« Er schlägt noch einmal mit seinen öligen Fingern auf meinen Hintern. Das gibt bestimmt Flecken auf der Hose.
»Was?«, rufe ich fassungslos und setze mich mit Schwung auf. »Du gehst jetzt arbeiten?«
»Ja, Paul hat vorhin angerufen. Er braucht heute Nachmittag noch Hilfe. Da konnte ich doch nicht nein sagen.«
»Konntest du nicht? Wieso nicht?«, frage ich gereizt. Die schöne Stimmung ist weg. Fortgeweht mit einem einzigen Satz.
»Er ist mein Boss und ein Freund. Wenn er Hilfe braucht…«
»Ach ja, und ich? Was soll ich machen?«
»Engelchen, du machst es dir auf dem Sofa bequem, guckst deine Filme und wirst gar nicht merken, dass ich weg war, so schnell bin ich wieder da.«
»Großartig«, murmle ich, ziehe meine Beine an und lege meinen Kopf auf die Knie. »Es ist mein freies Wochenende und du gehst arbeiten.«
»So ist das nun mal. Das Leben ist kein Ponyhof. Außerdem werden wir bestimmt noch viele gemeinsame Wochenenden haben. Also sei nicht beleidigt.« Er streichelt mir über den Kopf, aber ich drehe mich weg. Ich bin nicht beleidigt, ich bin traurig. Nun gibt es nicht einmal
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