MargeritenEngel (German Edition)
irgendwie, und ich bin wirklich empfindlich, was kaltes Wasser betrifft.« Ich kann deutlich hören, wie er sich bemüht, ernst zu bleiben.
»Hm, also, ich finde es noch ganz okay. Nur meine Finger sind schon ein wenig schrumpelig.« Ich nehme die freie Hand aus dem Wasser und mustere sie.
»Schrumpelige Finger sind eklig«, brummt Rik.
»Findest du? Da kann man sich vorstellen, wie man aussieht, wenn man alt ist«, sage ich und drehe meine Hand hin und her.
»Das dauert hoffentlich noch eine Weile.«
»Ja, hoffentlich«, murmle ich vor mich hin. Ich muss an Kevin denken, an seine Panik vor dem Älterwerden. Dass er in zwei Jahren dreißig wird, darf ich nicht mal im Spaß erwähnen. Da flippt er aus. Ich finde das nicht schlimm, wir werden schließlich alle älter. Das ist eben der Lauf der Dinge.
»Mir ist kalt«, brummt Rik plötzlich. Ich runzle die Stirn und weiß im ersten Moment nicht, was ich darauf erwidern soll.
»Aber das Wasser ist noch warm«, versuche ich es und halte einen Moment den Atem an, weil ich nicht sicher bin, wie er darauf reagiert.
»Nein, ist mir zu kalt«, knurrt er.
Ich fange an zu grinsen. »Hm, was machen wir denn da?« Hoffentlich will Rik das Gespräch nicht beenden. Es macht mir so viel Spaß, wie schon lange nichts mehr.
»Du könntest aus der Wanne steigen…«
»Und dann?« Ich halte gespannt die Luft an.
»Egal, Hauptsache, ich muss nicht mehr frieren.«
»Okay, aber du musst die Augen zumachen. Ich bin schamhaft«, sage ich streng.
»Klar, was denn sonst? Ich mache die Augen ganz fest zu.«
»Vorsichtshalber verstecke ich das Telefon noch unter einem Berg Handtücher.«
»Okay, aber bitte keine benutzten«, brummt Rik.
»Natürlich nicht, nur die duftig aprilfrischen. Ich will dich doch nicht umbringen.«
»Dafür werde ich dir ewig dankbar sein. Vergiss bitte nicht, mich da wieder rauszuholen. Das Kontingent an Frischluft scheint mir unter den Handtüchern doch sehr beschränkt zu sein.«
»Keine Sorge, ich beeile mich«, raune ich in den Hörer. »Ich lege dich dann jetzt weg.«
Tatsächlich schiebe ich das Telefon unter einen Stapel Handtücher, der neben mir im Regal liegt. Erst dann drehe ich den Verschluss der Wanne herum und lasse das Wasser ab.
Einen Moment starre ich vor mich hin und kann nicht begreifen, was ich da mache. Es ist nur ein albernes Telefongespräch und trotzdem kommt es mir seltsam vertraut vor. Ich fühle mich befangen, als ich aus der Wanne steige.
Natürlich kann er mich nicht sehen. Könnte er selbst dann nicht, wenn ich das Telefon in der Hand gehalten hätte. Das weiß ich, aber trotzdem kommt mir die Situation extrem intim vor. Was würde wohl Kevin dazu sagen? Wäre er sauer auf mich?
Ich schlinge mir das Handtuch um die Hüften, kämme meine Haare und hole das Telefon wieder hervor. Als ich es ans Ohr halte, ist es am anderen Ende ganz still.
»Bist du noch da?«, frage ich vorsichtig. Mein Herz schlägt ein wenig schneller, als es stumm bleibt. Enttäuschung macht sich in mir breit, aber dann höre ich ein merkwürdiges Röcheln.
»Rik?«, rufe ich unsicher.
»Luft«, keucht er. »Endlich frische Luft. Ich hätte es keine Sekunde länger ausgehalten.« Ich höre ihn laut ein- und ausatmen.
»Spinner«, murmle ich erleichtert.
»Ziehst du dir eigentlich noch was an oder willst du mich mit deinem Anblick foltern?«, fragt er dreist. Ich werde knallrot und starre den Hörer in meiner Hand an.
»Was? Wie…«, stottere ich hilflos.
»Erwischt«, lacht Rik.
***
»Welchen Film wollen wir gucken?«, fragt Rik. Wir sind im Wohnzimmer.
Ich habe mir meine alte Jogginghose und ein Shirt übergezogen. Unschlüssig stehe ich vor dem Regal mit den DVDs.
»Weiß nicht, was magst du denn für Filme?«
»Hm, keine Ahnung. Ich bin da nicht so festgelegt. Die Handlung muss irgendwie stimmig sein. Außerdem bin ich ein Happy-End-Fan.«
»Ich auch«, rufe ich freudig, während ich meine Finger über die Hüllen gleiten lasse.
»Ich habe gehofft, dass ich damit nicht allein bin. Also, was steht zur Auswahl? Was ist dein Lieblingsfilm?«
» e-m@il für Dich «, murmle ich.
»Echt, den Film mag ich auch. Meg Ryan ist eine tolle Schauspielerin. Du wirst es nicht glauben, ich habe den Film sogar hier. Also nichts wie aufs Sofa mit uns.«
»Du willst das wirklich durchziehen?«, frage ich unsicher. Es kommt mir albern vor. Wir können uns doch nicht mit dem Telefon am Ohr hinsetzen und einen Film gucken.
»Klar, oder hast du
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