MargeritenEngel (German Edition)
dass der Ehemann der Mörder ist. Er war doch schon wegen des Pizzaboten so eifersüchtig. Dabei hat der arme Junge nichts weiter gemacht, als die Pizza auszuliefern«, meckert sie vor sich hin.
»Ja, er holt mich ab«, antworte ich mit deutlicher Verspätung.
Eine Weile sieht sie mich an, als ob sie darüber nachdenken müsste, was ich gerade gesagt habe, aber dann hellt sich ihr Gesicht auf.
»Das ist gut. Mein Erwin hat mich auch oft von der Arbeit abgeholt. Manchmal sind wir dann Hand in Hand durch die Stadt gelaufen, haben uns die Schaufenster angeguckt oder ein Eis gegessen.«
»Ich glaube, ich möchte heute einfach nur auf mein Sofa, vielleicht noch ein Glas Wein trinken und…« Ich schweige und spüre, wie mir die Hitze ins Gesicht schießt.
»Ich weiß schon.« Sie schmunzelt. »Ich war auch mal jung. Man muss die Zeit genießen, wenn die Liebe noch so jung ist. Wie lange seid ihr zusammen?«
»Fast ein Jahr.«
»Ein Jahr… ja, da ist noch alles frisch. Erwin und ich waren 53 Jahre verheiratet. Zwei Jahre sind wir miteinander gegangen . So nennt ihr jungen Leute das doch?«
Ich nicke grinsend.
»Dann hat er bei meinem Vater um meine Hand angehalten. Das war eine Aufregung!«
»Apropos Aufregung. Ich muss jetzt leider los. Kevin wartet vor der Tür und er…« Ich breche ab und beiße mir auf die Lippe.
»Ich weiß«, sagt sie und Bedauern klingt in ihrer Stimme mit. »Er ist furchtbar ungeduldig. Und diese Eifersucht... Du musst aufpassen, Bengt. So etwas kann auf Dauer nicht gut gehen. Eifersucht ist ein ganz schlechter Begleiter. Vertrauen ist die Basis für eine gute Beziehung.«
»Hm, ja«, sage ich schnell. Diesen Vortrag hat sie schon einige Male gehalten. Vertrauen und Geduld, aber das ist nicht so einfach. Nicht in unserer Beziehung.
Im Grunde stehe ich ihm da auch in nichts nach. Ich bin genauso eifersüchtig. Vertrauen ist nichts, das ich ihm problemlos schenken kann. Dafür ist schon zu viel passiert, dafür habe ich viel zu große Angst, dass er mich eines Tages verlassen könnte. Einfach so… für jemanden, den er interessanter, geiler, hübscher findet.
Ich bin nichts von dem. Neben Kevin bin ich eine unscheinbare, graue Maus. Ich kann weder mit einer tollen Figur noch mit einem besonders großen Schwanz punkten. Mit 1,72m bin ich eher klein, meine Muskeln sind unscheinbar. An mir ist einfach nichts dran. Manchmal kann ich gar nicht begreifen, wieso Kevin überhaupt mit mir zusammen ist. Wahrscheinlich bin ich deshalb so eifersüchtig.
»Du bist so ein hübscher Junge. Mach dir keine Sorgen. Für dich kommt auch noch der Richtige und dann wirst du eine lange und glückliche Liebe erleben.«
»Aber Frau Schumann, ich will gar keinen anderen. Ich liebe Kevin. Mehr als alles andere auf der Welt. Und er liebt mich.«
»Na, dann ist doch alles in bester Ordnung.« Sie lächelt mich an, aber ich weiß, dass sie mir nicht glaubt. Vielleicht, weil ich es auch immer noch nicht glauben kann. Also, dass er mich liebt.
»Nun aber husch! Das lange Wochenende ruft. Hör nicht auf die Worte einer alten Frau. Es ist nur wichtig, dass du auf dein Herz hörst«
Als ich aus dem Zimmer eile, steht Kevin schon im Flur.
»Du hattest vor fünf Minuten Feierabend!«, fährt er mich an.
»Ich war noch bei Frau Schumann«, entschuldige ich mich und fühle mich sofort wieder in die Enge getrieben.
»Dann beeil dich, mein Engelchen, damit wir hier rauskommen«, sagt er versöhnlicher und drückt mir einen kleinen Kuss auf die Wange.
Sofort fängt mein Herz an, wie wild zu schlagen. Am liebsten würde ich meine Arme um ihn schlingen und einen richtigen Kuss einfordern. Aber Kevin mag das nicht in der Öffentlichkeit. Also nicke ich nur, hole aus dem Personalraum meine Klamotten und verabschiede mich von meiner Kollegin Anja.
***
Kaum sitze ich im Auto, fährt Kevin auch schon los.
»Hast du es eilig?«, frage ich verwundert. Er antwortet nicht, sondern macht die Musik lauter.
»Geiles Lied, oder?« Eine nervig klingende Bassline dröhnt mir entgegen. Ich kann mit dieser Musik echt nichts anfangen. Trotzdem nicke ich brav. Kevin dreht gleich noch ein wenig lauter. Ich werde davon mit Sicherheit Kopfschmerzen bekommen.
»Ich freue mich auf ein Glas Wein und einen Kuschelabend«, schreie ich gegen die Musik.
»Hm«, antwortet er und seine Tonlage bringt mich dazu, hellhörig zu werden. »Ich wollte dich eigentlich nur zu Hause absetzen. Ich habe echt Lust, mal wieder in die Sauna zu
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